Wanderungen durch die Mark Brandenburg
ein monumentales Bau-
werk schließen läßt, so gestattet der Formen-
charakter der vornehm gebildeten Fußglieder
an den innern Strebepfeilern keinen Zweifel
darüber, daß wir es mit einem Gebäude aus
dem zwölften Jahrhundert zu tun haben, das
entweder eine Kirche war oder einem Kloster
zugehörte. Für die erstere Annahme spricht
die Form der Ruine, die wohl am richtigsten
als Überbleibsel der östlichen Giebelseite ei-
ner dreischiffigen Kirche angesehen wird. Es
wäre interessant, diese Ansicht durch eine
Aufgrabung des Terrains in der Richtung der
nach innen vorspringenden Strebepfeiler viel-
leicht bestätigt zu finden.«
Kloster Chorin von 1272 bis 1542
Bis 1272 bestand Kloster Mariensee auf der Ziegen-
insel im Parsteiner See. In diesem Jahre, so scheint
es, kam man überein, »wegen mehrerer Unbequem-
lichkeit, die sich aus der Lage des Klosters ergäbe«,
dasselbe weiter westwärts, und zwar an den Chori-
1712
ner See, zu verlegen, richtiger wohl, es mit einer
neuen klösterlichen Pflanzung, die sich bereits am
Choriner See befinden mochte, zu vereinigen . Eine solche neue Pflanzung muß nämlich, wenn auch nur
in kleinen Anfängen, um 1272 schon existiert haben,
wie nicht nur aus einzelnen, allerdings so oder so zu
deutenden urkundlichen Angaben, ganz besonders
aber aus einer Steintafelinschrift hervorgeht, die
noch bis zum Jahre 1769 im Kloster vorhanden war.1)
Die ersten Zeilen derselben lauteten:
»Anno 1254 ist der Markgraf Johannes (I.), Kurfürst
zu Brandenburg, der dieses Kloster Chorin Zister-
zienserordens gestiftet, allhier begraben.«
Wenn nun bereits um 1254 Markgraf Johann I. hier
beigesetzt werden konnte, so mußte wenigstens ein
Klosteranfang und in ihm eine Grabkapelle vorhan-
den sein. Wir werden nicht irregehen, wenn wir die
Anfänge von Kloster Chorin gerade um die Mitte des
dreizehnten Jahrhunderts setzen.
Wie immer aber dem sein möge, jedenfalls haben wir
von 1272 an ein Kloster Chorin und dürfen anneh-
men, daß sich die bauliche Vollendung desselben,
trotz einer unverkennbaren Großartigkeit der Anlage,
in verhältnismäßig kurzer Zeit vollzogen haben muß.
Es sprechen dafür die zum Teil vortrefflich erhalte-
nen Überbleibsel des Klosters, die ihrem Baustil nach
in die Wendezeit des dreizehnten und vierzehnten
Jahrhunderts gehören. Die Zeit war einem solchen
raschen Aufblühen besonders günstig; das Ansehen
des Ordens stand auf seiner Höhe, und die Askanier,
1713
wie bereits hervorgehoben, waren unermüdlich, dem
Kloster ihre besondere Gnade zu bestätigen. Keiner
mehr als Markgraf Waldemar, der letzte des Ge-
schlechts. Fast alles Land zwischen Neustadt und
Oderberg im Süden und ebenso zwischen Neustadt
und Angermünde im Norden gehörte dem Kloster.
Der Parsteiner See war so ziemlich der Mittelpunkt
der reichen Stiftung, die bei der Säkularfeier des
Klosters zweiundsechzig Dörfer zählte.
Diese Dörfer deuten auf einen Totalbesitz, der dem
Reichtum Lehnins (zwei Flecken und vierundsechzig
Güter) nahekam, vielleicht auch diesen Reichtum
übertraf, da die Dörfer der Odergegenden im allge-
meinen für reicher und ergiebiger gelten als die Dör-
fer der Zauche und selbst des Havellandes; doch
mochte das damals, wo der Reichtum, der in den
Sümpfen und Brüchen des Oderlandes steckte, noch
nicht erschlossen war, anders sein als jetzt. Ist es
doch noch nicht lange her, daß jedes Sanddorf vor dem Sumpfdorfe den Vorrang behauptete; der Sand
gab wenig, aber der Sumpf gab nichts.
Lassen wir aber die Frage nach dem größeren oder
geringeren Besitz beiseite, so müssen wir bei Be-
trachtung beider Klöster sofort durch die Tatsache
überrascht werden, daß wir von der Geschichte des
einen, trotz aller Lücken und Mängel, verhältnismä-
ßig viel, von der Geschichte des andern verhältnis-
mäßig wenig wissen. Ohne die urkundlichen Überlie-
ferungen, die Sagen und Traditionen, die sich an
Lehnin knüpfen, überschätzen zu wollen, so muß
doch schließlich zugestanden werden, daß etwas da
1714
ist und daß wir Gestalten und Ereignisse von größe-
rem oder geringerem Interesse an uns vorüberzie-
hen sehen. Nichts Derartiges aber, oder doch fast
nichts, bietet Chorin.
Ob diese Armut der Überlieferung einfach darin liegt,
daß das Kloster Chorin in der Tat nichts anderes war
als ein klösterlicher Amtshof, mit vielen Gütern und
Vorwerken, oder ob uns die Glanzseiten der
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