Wanderungen durch die Mark Brandenburg
Bauertöchtern, für deren gute Führung sie ver-
antwortlich waren, als Mägde zu schicken hatten.
Diese Mägde wurden während eines zweijährigen
Dienstes in allem Nötigen unterwiesen. Dann mußten
sie ohne Hülfe der Holländerin eine Probe guter But-
ter bereiten, die der König selbst zu prüfen nicht ver-
schmähte. Fiel die Prüfung zugunsten der betreffen-
den Magd aus, so verlieh ihr der König einen Braut-
schatz im Betrage von 100 Talern. Diese Einrichtung
hat bis zum Tode des Königs bestanden und zu ihrer
Zeit reiche Früchte getragen, die noch heutzutage
nachwirkend sind. Auch Friedrich II. widmete dem
Amte Königshorst eine besondere persönliche Auf-
1736
merksamkeit. Anfänglich ließ er den größten Teil der
dortigen Ländereien zu Fettweiden benutzen, um die
Einfuhr von ausländischem Schlachtvieh für den Ber-
liner Markt entbehrlich zu machen; in späteren Re-
gierungsjahren aber kehrte er ganz zu dem Benut-
zungsplan des Gründers von Königshorst zurück und
stellte das von seinem Vater begründete Lehrinstitut
als »eine« – wie der König in einem Erlaß vom
13. Mai 1780 sich ausdrückte – »ordentliche Akade-
mie des Buttermachens« wieder her. Bis diesen Tag
gilt die Königshorster Butter (Horstbutter) in Berlin
als die beste. Eins fehlt ihr vielleicht – das Aroma .
Das Luchgras, was immer auch die Kultur zu seiner
Verbesserung getan haben mag, kann nicht wettei-
fern mit dem süßen, saftigen, kräuterreichen Gras
der Nordsee-Marschen. Noch weniger ist es geglückt,
das Sandland der alten Horsten (Sandstellen im
Sumpf) zu einem fruchtbaren Boden umzugestalten;
nur mühsam wird das Getreide gewonnen, das zum
Unterhalt des Viehstandes nötig ist. Von der Bedeu-
tung jener Entwässerungsarbeiten aber, die durch
König Friedrich Wilhelm I. eingeleitet wurden, wird
man sich am ehesten eine Vorstellung machen kön-
nen, wenn man erfährt, daß die Gesamtlänge der im
Luche befindlichen Gräben und Kanäle über einund-
siebzig Meilen beträgt.
1. Zu den vielen Eigentümlichkeiten der Havel ge-
hört auch die, daß sie, von Norden kommend,
auf dem letzten Drittel ihres Laufes wieder nach
1737
Norden fließt. Sie beschreibt also einen Halbbo-
gen und umfängt mit ihrem gekrümmten Arm
ein fünfzig Quadratmeilen großes Stück Land,
das »Havelland«.
Der Brieselang
Balsamisch wogten die Düfte
Über das feuchte Revier,
Die alten Störche bezogen
Freudig das alte Quartier.
In all den Luchen und Lanken
Waren die Wasser erwacht,
Die Kiefern lauschten und tauschten
Ihre Grüße sacht.
G. Hesekiel
Eine der ältesten Waldpartien des Havellandes ist der
Brieselang , anderthalb Meilen westlich von Spandau.
Die Hamburger Eisenbahn schneidet an seinem Süd-
rande hart vorbei und bildet, wenn man auf die Karte
blickt, den Fuß, auf dem er steht. Wer ihn besuchen
will und die Jahre des Turnerenthusiasmus hinter
sich hat, pflegt deshalb auch die genannte Bahn zu
benutzen, die ihn wochentags bis an die östlichen
Vorlande des Waldes (Station Segefeld) oder sonn-
1738
tags in Extrazügen direkt bis an seine Eingänge
führt.
Der Brieselang ist nicht mehr, was er war. In alten
Tagen ging er über Quadratmeilen hin und füllte das
ganze Territorium, das man damals als Alt-Bredow-
Land bezeichnen konnte. Das Nauensche Luch, die
Falkenhagenschen Wiesen, der Bredowsche Forst,
das Pausinsche Bruch, alles war Brieselang, ein
Elsbruch im großen Stil: im Frühjahr ein Sumpf oder
See, im Sommer eine Prairie, zu allen Jahreszeiten
aber von mächtigen Eichen, den »Brieselang-
Eichen«, überragt, die um einen Schuh höher waren
als alle anderen im Lande. Das ist nun anders ge-
worden. In allen Teilen des alten Gebiets, zumal
auch auf jener Strecke, die noch den alten Namen
führt, haben sich die Elemente geschieden, aus wei-
ten Sumpfstrecken, denen man die Elsen und Eichen
nahm , sind weite Wiesenstrecken geworden, und aus anderen, denen man Elsen und Eichen hinzutat , sind regelrechte Waldreviere geworden. Nur da, wo Wald
und Wiese miteinander grenzen und der Wald aus
seinem Heerlager einzelne Posten in die weite Wiese
hinausstellt, nur an diesen Stellen zeigt der Brieselang noch seinen alten Charakter, zumal im Frühjahr,
wenn das Sumpfwasser steigt und sich wieder in La-
chen und Lanken um die Elsenbüsche sammelt.
Der Brieselang ist eine schwindende Macht, an Ter-
rain verlierend wie an Charakter, aber auch
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