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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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Worte sogleich sehen, denn der Prinz trat augenblicklich
    aus dem Kreise und ritt, ohne den König zu spre-
    chen, nach Bautzen.«
    Im Spätherbst desselben Jahres finden wir den Prin-
    zen wieder in Oranienburg, an selbiger Stelle, wo er
    uns zuerst als liebenswürdiger und aufmerksamer
    Sohn und geübt in der Kunst sinniger Überraschun-
    gen entgegentrat. Aber wir finden ihn jetzt in Ein-
    samkeit und gebrochenen Herzens. Ob er sich in sei-
    ner Liebe zum König oder in seiner eignen Ehre
    schwerer getroffen fühlte, ist schwer zu sagen.
    Gleichviel, unheilbare Krankheit hatte sich seiner
    bemächtigt, und er litt an Leib und Seele. Über die
    letzten Momente seines Lebens ist nichts Bestimmtes
    aufgezeichnet, doch verdank ich den Mitteilungen

    1804
    einer Dame, die noch den Hof des Prinzen Heinrich
    und diesen selbst gekannt hat, allerlei Züge und An-
    deutungen, aus denen genugsam erhellt, daß der
    Ausgang so erschütternd wie möglich war. Die Ge-
    mütskrankheit hatte schließlich die Form eines ner-
    vösen Fiebers angenommen, und die Bilder von Per-
    sonen und Szenen, die seine Seele seit jenem Un-
    glückstage nicht losgeworden war, traten jetzt aus
    seiner Seele heraus, nahmen Gestalt an und stellten
    sich wie faßbar und leibhaftig an sein Lager. Den
    Schatten Winterfeldts rief er an, und als sich die
    Gestalt nicht bannen ließ, sprang er auf, um vor dem
    Gehaßten und Gefürchteten zu fliehen. Das waren
    die letzten Momente Prinz August Wilhelms; er starb
    im Fieber, am 12. Juni 1758, im Schlosse zu Ora-
    nienburg. Der König war bei der Nachricht von sei-
    nem Tode tiefgebeugt; im Volke hieß es, er sei vor
    Gram gestorben. 1790 errichtete ihm sein jüngerer
    Bruder Heinrich den oft beschriebenen Obelisken,
    gegenüber dem Rheinsberger Schloß, nachdem die
    sterblichen Überreste des Prinzen schon früher im
    Rheinsberger Parke beigesetzt worden waren. Dieser
    Punkt ist in Dunkel gehüllt, weshalb ich hier – damit
    Eingeweihtere es lichten mögen – die alte Version
    und meine eignen Aufzeichnungen aus dem Rheins-
    berger Park zusammenstelle. Prediger Ballhorn in
    seiner mehrzitierten »Geschichte« schreibt: »Seine
    Leiche wurde zuerst in einem Gewölbe der Oranien-
    burger Kirche aufbewahrt, dann aber am 10. Juli von
    seinem Regimente nach Berlin abgeführt. Prinz Hein-
    rich widmete ihm zu Rheinsberg ein prachtvolles Mo-
    nument, das zugleich die Urne umschließt, in welcher sein Herz aufbewahrt wird .« Zwei Dinge erscheinen 1805
    hierin unrichtig: erstlich stand das Regiment des
    Prinzen von Preußen damals im Felde (Friedrich der
    Große schreibt eigens: »Der Anblick des prinzlichen
    Regiments erneuert mir jedesmal den Schmerz um
    ihn«), und zweitens befindet sich die Urne nicht ein-
    geschlossen im Monument, sondern steht frei und
    offen an einer ganz andern Stelle des Parks. Diese
    Stelle, in unmittelbarer Nähe des »bekannten Thea-
    ters im Grünen« gelegen, zeigt unter einer Baum-
    gruppe zwei Marmorarbeiten: eine große Urne auf
    einem Piedestal und zweitens eine Art Herme, die die
    trefflich ausgeführte Büste des Prinzen August Wil-
    helm trägt. Beide Arbeiten stehen sich, in Entfernung
    von etwa sechs Schritt, einander gegenüber. Das
    Piedestal der Urne trägt die Inschrift: »Hic cineres
    marmor exhibit«, und darunter: »August Gullielm,
    Princeps Prussiae, Natus Erat IX Die Mens. Aug.
    Ann. 1722. Obiit Die XII Mens. Jun. Anno 1758.« Die
    Inschrift unter der Büste aber lautet: »Hic venustum
    os viri, veritatis, virtutis, patriae amantissimi.« (Hier das freundliche Antlitz des Lieblings der Wahrheit,
    der Tugend, des Vaterlands.)
    Die erste dieser Inschriften: »Hic cineres marmor exhibit«, also: »Diese Urne umschließt seine Asche«,
    schafft die eigentliche Streitfrage. Ruht der Prinz
    August Wilhelm im Dom zu Berlin oder ruht er (laut
    vorstehender Inschrift) im Rheinsberger Park? Viel-
    leicht müßte die Inschrift lauten: »Diese Urne um-
    schließt die Asche seines Herzens «. Dann hätte Pastor Ballhorn in der Hauptsache recht, nur nicht hin-
    sichtlich der Aufstellung der Urne.

    1806

    An jenem Tage, als der Prinz August Wilhelm aus
    dem Schloßportal getragen wurde und fünfzig Bürger
    dem Sarge folgten, um ihm bis Havelhausen das Ge-
    leit zu geben, an jenem Tage schloß das Leben in
    Schloß Oranienburg überhaupt. Auf ein Jahrhundert
    voll Glanz und lachender Farben folgte ein anderes
    voll Öde und Verwahrlosung. Andere Zeiten kamen;
    der Geschmack ging

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