Wanderungen durch die Mark Brandenburg
geschmackvolle
Gartenhäuser aus der Erde wachsen lassen.« Diese
Schilderung paßt noch heute; nur die Gartenhäuser
sind seitdem wieder verschwunden.
Prinz August Wilhelm lebte nur zeitweilig in Oranien-
burg; sein Regiment stand zu Spandau in Garnison,
und die Pflichten des Dienstes fesselten ihn an den
Standort desselben. Aber die Sommermonate führ-
ten ihn oft und so lange wie möglich nach dem be-
nachbarten, durch Stille und Schönheit einladenden
Oranienburg, und hier war es auch, wo er im Ap-
ril 1745 den Besuch seiner Mutter, der verwitweten
Königin Sophie Dorothee, empfing. Über diesen Be-
such liegt uns die Schilderung eines Augenzeugen
vor – unverkennbar Pöllnitz selber, wenn sein Name
auch nicht ausdrücklich genannt ist.
»Am 14. April«, so heißt es darin, »brach die Köni-
ginmutter von Berlin auf und traf am Nachmittag
desselben Tages in Oranienburg ein. Ihr Hofstaat
folgte ihr in einer langen Reihe von Karossen, wohl
dreißig an der Zahl. Die Prinzessin Amalie saß im
Wagen der Königin. Sobald dem Prinzen August Wil-
helm das Herannahen des Zuges gemeldet war, eilte
er die große Allee hinauf, dem Zuge entgegen,
sprang angesichts des Wagens der Königinmutter
vom Pferde und begrüßte sie, indem er entblößtem
Hauptes an den Schlag des Wagens trat. Dann
schwang er sich rasch wieder in den Sattel und eilte
dem Zuge in gestrecktem Galopp vorauf, um vor
dem Eingang des Schlosses die Honneurs wiederho-
len zu können. Ihm zur Seite standen seine Gemah-
1799
lin, die Prinzessin von Preußen (eine geborne Prin-
zessin von Braunschweig), die Prinzen Heinrich und
Ferdinand, außerdem die Hofdamen von Wollden,
von Henckel, von Wartensleben, von Kamecke, von
Hacke, von Pannewitz und von Kannenberg. Die Kö-
nigin umarmte ihre Söhne aufs zärtlichste, begrüßte
die Umstehenden und wurde dann die große Treppe
hinauf in das für sie bestimmte Schlafgemach ge-
führt, dasselbe, das König Friedrich I. bei seinen Be-
suchen in Schloß Oranienburg zu bewohnen pflegte.
Die Königin fand in diesem Zimmer ein Staatsbett
von rotem Damast vor, ebenso einen Fauteuil, einen
Ofenschirm und vier Tabourets von demselben Stoff
und derselben Farbe. Bald nachdem die hohe Frau
sich eingerichtet und an dem Anblick von Park und
Landschaft erfreut hatte, erschien der Prinz, um ihr
drei schöne Figuren von Dresdner Porzellan zu über-
reichen, an denen die Königinmutter, wie der Prinz
wußte, eine besondere Freude zu haben pflegte. A-
ber die Königinmutter war es nicht allein, an die sich
die Aufmerksamkeiten dieses liebenswürdigen Prin-
zen richteten, auch Baron von Pöllnitz wurde einer
ähnlichen Aufmerksamkeit gewürdigt. Seine Königli-
che Hoheit kannten sehr wohl die Vorliebe des alten
Barons (von Pöllnitz) für alle Antiquitäten und Kurio-
sitäten aus der Zeit König Friedrichs I. her, der ihm
immer ein guter und gnädiger Herr gewesen war,
und eingedenk dieser Vorliebe überreichten Seine
Königliche Hoheit dem alten Baron eine reich mit
Gold gestickte Morgenmütze und ein Paar Pantoffeln,
deren sich König Friedrich I. bei seinen Besuchen in
Oranienburg zu bedienen pflegte und die nun seit
über zweiunddreißig Jahren unbeachtet und unge-
1800
würdigt in einer halbvergessenen Truhe gesteckt
hatten. Nach Sonnenuntergang folgten Promenaden
in den Park; dann wurden Spieltische arrangiert, bis
gegen zehn die willkommene Nachricht, daß das
Souper angerichtet sei, das Spiel unterbrach. Welche
Feinheiten und Überraschungen aus dem Bereich der
Küche, welche hochqualifizierten Weine, welch Froh-
sinn, welche Heiterkeit der Gäste! Und doch zuletzt
vollzog sich das Unvermeidliche, was schon König
Dagobert seinerzeit so bitter beklagt hat, daß auch
die beste Gesellschaft ihr Ende habe und sich tren-
nen müsse.
Das war am 14. April. Früh am andern Morgen und
früher fast, als uns lieb war, weckten uns ungewohn-
te Klänge; der Hirt trieb seine Herde, am Schloß vor-
bei, auf die frischen Felder hinaus. Den Beschluß
machte ein Stier von so extraeleganter Schönheit,
daß er kein anderer als der wohlbekannte glückliche
Liebhaber der Jungfrau Europa sein konnte, ja die
Art, wie er sich trug, dazu die Kraft seiner Brusttöne
schienen andeuten zu wollen, daß er ein Erscheinen
unserer Damen an den verschiedenen Fenstern des
Schlosses erwartet habe. Aber er sah sich getäuscht,
unsere Damen, die die Geschichte gelesen
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