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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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aber

    1795
    natürlich, da man Gefallen aneinander fand, einige
    Monate später die Schritte wesentlich erleichtern,
    die, im November 1708, zu einer dritten Vermählung des Königs, und zwar mit Luisa Dorothee, der
    Schwester des regierenden Herzogs von Mecklen-
    burg, führten. – Am 24. November«, so fährt unsere
    Quelle fort, »traf die neue Königin in Oranienburg ein
    und wurde daselbst vom Könige und dem ganzen
    Hofe empfangen. Nachdem die Vorstellung aller Prin-
    zen und Prinzessinnen stattgefunden hatte, verließ
    man das Schloß und begab sich nach Berlin, wo
    am 27. desselben Monats die Königin ihren feierli-
    chen Einzug hielt.« Der König, trotz seiner Jahre, war
    anfänglich von der Königin bezaubert; keine Ahnung
    beschlich sein Herz, daß, vier Jahre später, dieselbe
    Prinzessin geistesgestört und wie eine Mahnung des
    Todes an ihn herantreten werde. Das war im Berliner
    Schloß, in den Januartagen 1713. Der König, krank
    schon, ruhte auf einem Armstuhl und war eben ein-
    geschlummert, als er sich plötzlich angefaßt und aus
    dem Schlaf gerüttelt fühlte. Die geisteskranke Köni-
    gin, die eine Glastür erbrochen hatte, stand weißge-
    kleidet und mit blutenden Händen vor ihm. Der Kö-
    nig versuchte sich aufzurichten, aber er sank in sei-
    nen Stuhl zurück. »Ich habe die Weiße Frau gese-
    hen.« Wenige Wochen später hatte sich die alte Pro-
    phezeiung seines Hauses an ihm erfüllt. Nicht zu sei-
    nem Glück hatte die mecklenburgische Prinzessin
    das Land und, als erste Stufe zum Thron, die Mar-
    mortreppe von Schloß Oranienburg betreten.

    1796
    1. Die Zahl der Baumeister, Bildhauer und Maler
    belief sich damals im Brandenburgischen
    auf 143.

    Die Zeit des
    Prinzen August Wilhelm,
    von 1744 bis 1758
    Der Tod König Friedrichs I. traf keinen Punkt des
    Landes härter als Oranienburg; bis dahin ein Lieb-
    lingssitz, wurde es jetzt von der Liste der Residenzen
    so gut wie gestrichen. Dem Soldatenkönige, dessen
    Sinn auf andere Dinge gerichtet war als auf Spring-
    brunnen und künstliche Grotten, genügte es nicht,
    die Schöpfung seines Vaters sich selbst zu überlas-
    sen, er griff auch festen und praktischen Sinnes ein,
    um die in seinen Augen halb nutzlose, halb kostspie-
    lige Hinterlassenschaft nach Möglichkeit zu verwer-
    ten. Bauten wurden abgebrochen und die Materialien
    verkauft; die Fasanerie, das einzige, woran er als
    Jäger ein Interesse hatte, kam nach Potsdam; die
    1 029 Stück eiserne Röhren aber, die der Wasser-
    kunst im Schlosse das Wasser zugeführt hatten,
    wurden auf neun Oderkähnen nach Stettin geschafft.
    Schloß und Park verwilderten. Wie das Schloß im
    Märchen, eingesponnen in undurchdringliches Grün,
    lag Oranienburg da, als einunddreißig Jahre nach

    1797
    dem Tode des ersten Königs sein Name wieder ge-
    nannt wurde. Im Jahre 1744 war es, wo Friedrich II.,
    in betreff seiner Brüder, allerhand Ernennungen und
    Entscheidungen traf. Prinz Heinrich erhielt Rheins-
    berg, Prinz Ferdinand das Palais und den Garten in
    Neuruppin, der älteste Bruder August Wilhelm aber,
    unter gleichzeitiger Erhebung zum Prinzen von Preu-
    ßen, wurde mit Schloß Oranienburg belehnt.
    Über die baulichen Veränderungen, die in diese Epo-
    che von 1744 bis 1758 fallen, wissen wir nichts,
    mutmaßlich waren sie allergeringfügigster Natur,
    aber einzelne Berichte von Bielefeld und namentlich
    von Pöllnitz sind auf uns gekommen, die uns zum
    erstenmal Gelegenheit geben, die bis hierher nur
    äußerlich beschriebenen Prachträume auch mit Ges-
    talten und Szenen zu beleben. Der Prinz bewohnte
    nur einen einzigen Flügel, also ungefähr den fünften
    Teil des Schlosses, aber die entsprechenden Zimmer
    genügten vollständig, zumal zur Sommerzeit, wo der
    Park mit seinen Laubgängen aushelfen konnte. Biele-
    feld entwirft von diesem Park folgende ansprechende
    Schilderung: »Den großen, nach Le Nôtres Plan an-
    gelegten Garten fand ich, durch die Verwilderung, zu
    der die lange Zeit von 1713 bis 1744 vollauf Gele-
    genheit gegeben hatte, wunderbarerweise verschönt.
    Die seit 1713 nicht mehr verschnittenen Buchenhe-
    cken haben sich verwachsen und verschlungen und
    bilden einen Gang, der so dicht jetzt ist, daß weder
    Sonne noch Wind hindurchdringen kann. In der größ-
    ten Mittagshitze gewährt er Kühlung und Schatten,
    und abends speist man darin, ohne daß die Luft die
    Kerzen auslöscht. Ein geschickter Gärtner, der die

    1798
    Verwilderung benutzte, hat viele

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