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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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be-
    ruhigt sich eine Gruppe; ein dritter, ein vierter – der letzte ist aber noch nicht geschehen, und schon
    kommen die, welche zuerst gefressen, wieder her-
    beigerauscht und drängen die Fressenden zu einem
    dichten Knäuel zusammen. Wild treibende Eisschol-
    len, vom Föhn durcheinandergewälzte Schneemas-
    sen können kein seltsameres Bild geben als diese
    blendend weißen, belebten Körper auf dem dunklen
    Wasser der Havel, rings von Eis und Schnee umge-
    ben, so daß man kaum unterscheiden kann, wo das
    Eis des Ufers aufhört und der Schwanenknäuel an-
    fängt.

    1862
    Täglich werden auf diese Weise drei Scheffel Gerste
    verfüttert. Vergleicht man indessen das Volumen all
    dieser herzudrängenden Schwäne mit den anderthalb
    Scheffeln, die ihnen morgens und ebensoviel nach-
    mittags zugeworfen werden, so begreift man, daß
    die Tiere beim Weggehen ihres Pflegers noch ziem-
    lich ebenso lange Hälse machen wie bei seinem
    Kommen. Eine Zeitlang verweilen sie noch; erst
    wenn sie Gewißheit haben, daß alles Warten nicht
    mehr fruchtet, schwimmen sie langsam fort. Zurück
    bleiben nur noch die Kranken, die jetzt einen Ver-
    such machen, eine kümmerliche Nachlese zu halten
    und die letzten Körnchen zu entdecken.
    Zu der Havelschönheit tragen die Schwäne ein sehr
    Erhebliches bei. Sie geben dem Strom auf seiner
    breiten Fläche eine königliche Pracht, und eine schö-
    nere Einfassung aller dieser Schlösser und Residen-
    zen ist kaum denkbar. In neuerer Zeit hat man die-
    sen Zauber dadurch noch gesteigert, daß man, durch
    Unterlassung der Flügellähmung, den Wildschwan
    wiederhergestellt hat. Man wurde dazu durch ver-
    schiedene Rücksichten bestimmt. Das Nächstbe-
    stimmende war die größere Schönheit des wilden
    Schwans; er ziert die Fläche mehr, die er durch-
    schwimmt, und sein Flug durch die Luft, den er we-
    nigstens gelegentlich macht, gewährt einen imposan-
    ten Anblick. Was aber mehr als diese Schönheits-
    rücksicht den Ausschlag gab, war der Wunsch, einen
    neuen jagdbaren Vogel, einen neuen Sport zu schaf-
    fen. Es werden jetzt von Zeit zu Zeit Wildschwanen-
    jagden abgehalten.

    1863
    Anfangs, wo man diese Jagden in unmittelbarer Nähe
    Potsdams abhielt, scheiterten sie. Die Tiere, zu den
    zahmen Schwänen sich haltend, waren zahm und
    vertraulich wie diese und entzogen sich kaum der
    Büchse des Schützen, wenn auch einzelne von ihnen
    schon dem Blei des letzteren erlegen waren – das
    war keine Jagd, das war bloßes Totschießen, und
    man stand auf dem Punkt, die Sache wieder auf-
    zugeben. Da entdeckte man indessen plötzlich, daß
    der Wildschwan bei Potsdam und der Wildschwan
    flußabwärts auf den weiten, einsamen Flächen des
    Schwielow, der Schlänitz und der Wublitz ein ander
    Ding sei, und eine erste Jagd auf den großen Seen
    wurde abgehalten. Sie schlug ein. Hier war der
    Schwan noch scheu, und speziell auf der stillen, ab-
    gelegenen Wublitz, auf der bloß die gelben Mummeln
    und die weißen Schwäne zu Hause sind, bot er ein
    treffliches Jagdrevier. Sooft das Boot durch Schilf
    und Rohr heranschlich, horchte der Wildschwan auf,
    hier hatte er noch den Instinkt der Gefahr, und wenn
    der erste Schuß fiel, erhoben sich fünfzig der majes-
    tätischen Vögel und rauschten mit schwerem Flügel-
    schlage durch die Luft.
    Die Schönheit und Poesie dieses Tieres aber, vor
    allem die mächtige Schußfläche, die es bietet, wer-
    den sehr wahrscheinlich immer ein Hindernis bleiben,
    die Schwanenjagd in Jägeraugen zu etwas besonders
    Wünschenswertem zu machen. Es unterbricht nur
    mal den gewöhnlichen Lauf der Dinge. Ein Zwischen-
    gericht, das willkommen ist.

    1864
    Die Schwäne der Havel bilden auch einen Versandar-
    tikel. Viele, von näher gelegenen Punkten zu schwei-
    gen, gehen bis Petersburg und nach den großen
    Städten der Union. Mannigfach sind die Versuche,
    ihn auch an andern Stellen einzubürgern. Es mag
    indessen lange dauern, ehe der Havelschwan über-
    troffen wird.
    Der Limfjord, auf jenen weiten Wasserbassins, wo
    Tausende von Möwen wie weiße Nymphäen schwim-
    men, bietet ein ähnliches Bild. Aber doch nur ein
    ähnliches. Die Möwe ist eben kein Schwan.
    Noch ist die Havel mit ihren 2 000 Schwänen uner-
    reicht.

    Die Pfaueninsel
    1. Die Pfaueninsel bis 1685
    Pfaueninsel! Wie ein Märchen steigt ein Bild aus mei-
    nen Kindertagen vor mir auf: ein Schloß, Palmen und
    Känguruhs; Papageien kreischen; Pfauen sitzen auf
    hoher Stange oder schlagen ein Rad,

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