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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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Einfangens kommen wir
    weiterhin zurück.
    Die 2 000 Schwäne zerfallen in Schwäne der Ober-
    und Unterhavel; das Gebiet der einen reicht von Te-
    gel bis Potsdam, das der andern von Potsdam bis
    Brandenburg. Die Glienicker Brücke zieht die Grenze.
    Die Schwäne der oberen Havel stehen unter der
    Herrschaft der Spandauer, die Schwäne der unteren
    Havel unter der der Potsdamer Fischer. Man könnte
    dies die Einteilung der »Provinz Havelschwan« in
    zwei Regierungsbezirke nennen. Diese großen Bezir-
    ke aber zerfallen wieder in ebenso viele Kreise, als
    es Haveldörfer gibt besonders auf der Strecke von
    Potsdam bis Brandenburg. Die Uetzer Fischer beherr-
    schen die Wublitz, die Marquardter Fischer den
    Schlänitz-See, die Fischer von Caputh den Schwielow
    usw. Auf der Unterhavel allein befinden sich gewiß
    zwanzig solcher Arrondissements, alle mit gewissen
    Rechten und Pflichten ausgerüstet, aber alle den bei-
    den Hauptstädten dienstbar, alle in Abhängigkeit von
    Potsdam und Spandau.
    Wir wenden uns nun dem Sommerfang der Schwäne
    zu. Er erfolgt zweimal und hat den doppelten Zweck:
    den Jungschwan zu lähmen und den Altschwan zu
    rupfen. Über die Lähmung ist nicht viel zu sagen; ein
    Flügelglied wird weggeschnitten, damit ist es getan.
    – Desto komplizierter ist der Prozeß des Rupfens. Er
    geschieht an zwei verschiedenen Stellen. Die Schwä-
    ne der Oberhavel werden auf dem Pichelswerder, die
    Schwäne der Unterhavel auf dem »Depothof« bei

    1857
    Potsdam gerupft. Das Verfahren ist an beiden Orten
    dasselbe. Wir geben es, wie wir es auf dem Depothof
    sahen.
    Der »Schwanenmeister«, Gesamtbeherrscher des
    ganzen Volkes cygnus zwischen Tegel und Branden-
    burg, gibt die Ordre: »Am 20. Mai (der Tag wechselt)
    wird gerupft.« Nun beginnt das Einfangen. Die Fi-
    scher der verschiedenen Haveldörfer machen sich
    auf, treiben die auf ihrem Revier schwimmenden
    Schwäne in eine Bucht oder Ecke zusammen, fahren
    dann mit einem zehn Fuß langen Hakenstock in die
    Schwanenmassen hinein, legen den Haken, der wie
    bei dem Schäferstock eine halboffene Öse bildet,
    geschickt um den Hals des Schwanes, ziehen ihn
    heran und in ihr Fahrzeug hinein. Dies geschieht mit
    großer Schnelligkeit, so daß binnen ganz kurzer Zeit
    das Boot mit dicht nebeneinander hackenden
    Schwänen besetzt ist, und zwar derart, daß die lan-
    gen Hälse der Schwäne, über die Bootkante fort,
    nach außen blicken. Ein sehr eigentümlicher, grotes-
    ker Anblick.
    In dieser Ausrüstung treffen nun die Boote aus we-
    nigstens zwanzig Dörfern auf dem Depothof ein und
    liefern ihre Schwanenfracht in die dort befindlichen
    Hürden ab, von wo sie nach und nach zur Rupfbank
    geschleppt werden.
    Diese Rupfbank ist ein langer Tisch, der in einem
    mächtigen Schuppen steht. An der einen Seite des
    Tisches entlang, mit scharfem Auge und flinker
    Hand, sitzen die Rupfweiber, meist Kiezfischer-

    1858
    Frauen. Ein Schwanenknecht trägt nun Stück auf
    Stück die Schwäne herein, reicht sie über den Tisch,
    die Frauen packen zu und klemmen den Hals zwi-
    schen die Beine ein, während der Knecht den auf
    dem Tische liegenden Schwan festhält. Nun beginnt
    das Rupfen mit ebensoviel Vorsicht als Virtuosität.
    Erst die Federn, dann die Daunen; kein Fleck von
    Fleisch darf sichtbar werden. Nach Beendigung der
    Prozedur aber nimmt der Schwanenknecht den
    Schwan wieder in seinen Arm, trägt ihn zurück und
    wirft ihn mit Macht in die Havel. Der Schwan taucht
    nieder und segelt nun mit aller Gewalt quer über den
    Fluß, um seinen Quälern zu entfliehen. Bald aber
    friert ihn, und zunächst sonnige Ufer- und Inselstel-
    len aufsuchend, eilt er erst den zweiten oder dritten
    Tag wieder seinen Heimatplätzen im Schwielow oder
    Schlänitz zu.
    Einen ganz anderen Zweck, wie schon angedeutet,
    verfolgt das Einfangen im Winter, wenn die Havel
    zugeht. Die schönen Tiere würden im Eise umkom-
    men. Sie werden also abermals zusammengetrieben
    und eingesammelt, um an solche Havelstellen ge-
    bracht zu werden, die nie zufrieren oder doch fast
    nie zufrieren. Der Prozeß des Einfangens ist derselbe
    wie im Sommer, aber nicht der Transport an die eis-
    freien Stellen, welche letzteren sich glücklicherweise
    bei Potsdam selbst, fast mitten in der Stadt, befin-
    den. Die Überführung in Booten ist jetzt unmöglich,
    da schon ganze Partien des Flusses durch Eis ge-
    schlossen sind; so treffen sie denn in allerhand Ge-
    fährt, in Bauer- und Möbelwagen, selbst in

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