Wanderungen durch die Mark Brandenburg
Guineasche Compagnie zu verkaufen«.
Die Errichtung der Glashütte erfolgte bald darauf an
der nordöstlichen Seite der Insel dicht am Ufer. Er
erbaute besondere Öfen, um die beste Art der Kon-
densierung des Feuers zu ermitteln; kein Fremder
durfte die Insel betreten, nur der Kurfürst besuchte
ihn wiederholt, um die Anlage des Ganzen sowie den
Kunstbetrieb kennenzulernen. Dabei wurde, über die
Glasfabrikation hinaus, viel experimentiert.
Worauf diese Bemühungen gerichtet waren, ist nicht
mit Sicherheit festzustellen. Daß es sich um Goldma-
chekunst und um Entdeckung des Steins der Weisen
gehandelt habe, ist sehr unwahrscheinlich. Nach-
weisbar verhielt sich Kunckel gegen solche Versuche,
wenigstens wenn sie von andern ausgingen, sehr
ablehnend.
So entzog ihm denn auch der Große Kurfürst nie sei-
ne Gnade, wiewohl die Erfolglosigkeit, auch die wis-
senschaftliche, aller der damals unternommenen
Experimente so ziemlich feststeht. Friedrich Wilhelm
rechnete, wie Kunckel ihn selbst sagen läßt, die dar-
an gewendeten Summen zu solchen, die er verspielt
oder im Feuerwerk verpufft habe. Da er jetzt weniger
1869
spiele, so dürfe er das dadurch Gesparte an For-
schungen in der Wissenschaft setzen.
Mit dem Hinscheiden des Kurfürsten schied aber
auch Kunckels Ansehen, wenigstens innerhalb der
Mark Brandenburg. Man machte ihm den Prozeß auf
Veruntreuung und Unterschleif, und wenn auch
nichts bewiesen werden konnte, weil eben nichts zu
beweisen war 1), so mochte er dennoch von Glück sagen, durch eine Aufforderung König Karls XI. von
Schweden seiner alten Umgebung entrissen zu wer-
den. Dies war 1692. Er ging nach Stockholm, wurde
schwedischer Bergrat und unter dem Namen Kunckel
von Löwenstern in den Adelsstand erhoben. Er starb
wahrscheinlich 1702.
Sein Laboratorium auf dem Kaninchenwerder hatte
nur allerkürzesten Bestand gehabt. Noch vor seiner
Übersiedelung nach Schweden brannten die Baulich-
keiten nieder – am östlichen Ufer der Insel finden
sich bis heute einzelne verstreute Schlackenreste,
die ungefähr die Stelle angeben, wo die alchimisti-
sche »Hütte« stand. Mehr als ein Jahrhundert ver-
ging, bevor die Zaubererinsel zu einer Zauberinsel
wurde.
1. Der Prozeß lief im wesentlichen auf bloße
Schikanen hinaus und kann einem keine be-
sonders hohe Meinung von der Rechtspflege
jener Epoche beibringen. Der Beklagte sollte
eingeschüchtert, abgeschreckt werden. Als
1870
ihm Unterschleife nicht nachgewiesen werden
konnten, richtete man schließlich die Frage an
ihn: was denn bei all dem Laborieren und Ex-
perimentieren in einer Reihe von Jahren he-
rausgekommen sei. Das ist nun in der Tat ei-
ne Frage, die schließlich jeden Menschen in
Verlegenheit setzen kann, und Kunckel gab
die beste Antwort, die er unter so bewandten
Umständen geben konnte. Er sagte: »Der
hochselige Herr Kurfürst war ein Liebhaber
von seltenen und kuriosen Dingen und freute
sich, wenn etwas zustande gebracht wurde,
was schön und zierlich war . Was dies genutzt hat, diese Frage kann ich nicht beantworten.«
3. Die Pfaueninsel unter Friedrich
Wilhelm III.
1797-1840
Mein Herr ist König im Land,
Ich herrsch im Garten der Rosen.
Uhland
Die Anfänge dazu (zur Zauberinsel) fallen bereits in
die Regierungszeit Friedrich Wilhelms II. Der Schilf-
gürtel, der die Insel vor jedem Zutritt zu bergen
schien, wurde mittelbar die Ursach, daß sich ihre
Schönheit zu erschließen begann. In diesem Schilfe
1871
nisteten nämlich, wie schon angedeutet, Tausende
von Schnepfen und Enten, die den jagdlustigen Kö-
nig, als er davon vernommen, erst bis an den Rand
der Insel, dann auf diese selber führten. Einmal be-
kannt geworden mit dieser Waldesstille, die ihm bald
wohler tat als die Aufregungen der Jagd, lockte es
ihn öfter, vom nahen Marmorpalais, zu Kahn her-
über. Aus dem Heiligen See in die Havel, an Sacrow
vorüber, steuerte er an heiteren Nachmittagen, um-
geben von den Damen seines Hofes, der ihm lieb
gewordenen Insel zu, auf deren schönster Waldwiese
die reichen orientalischen Zelte, die ihm irgendein
Selim oder Mahmud geschenkt hatte, bereits vorher
ausgespannt worden waren. Die Musik schmetterte;
Tänze und ländliche Spiele wechselten ab; so vergin-
gen die Stunden. Erst mit der sinkenden Sonne kehr-
te man nach dem Marmorpalais zurück.
Solche Lust gewährten dem Könige diese Fahrten
nach der stillen, nahe gelegenen Waldinsel,
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