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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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den
    Freyja mit dem Schwert umgürtet, seinen Tee und
    plauderte mit dem pastor loci, während dessen
    Söhnlein, ein vierjähriger Blondkopf, mit Säbel und
    Ulanencasquet auf der Freitreppe Wache stand. In
    Paretz hatte der König unbedingte Stille; hier erquickte ihn jene heitere Geschäftigkeit, jener auf und
    ab wogende, doch nie zudringliche Verkehr, der wohl
    zerstreute, aber nicht störte.
    Und diese heitere Geschäftigkeit, dieser nie rastende
    Verkehr, sie sind dem Dorfe geblieben, ja mehr, sie
    sind gewachsen. Freilich, wer sich ihrer freuen will,
    darf nicht gerade Novembertage wählen, wie wir es
    heute tun. Für unsern Zweck indes vielleicht die beste Beleuchtung.

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    Tagüber war Regen. Nun hat sich mit Sonnenunter-
    gang der Himmel geklärt, eine eiskalte Luft geht ü-
    ber die Felder, das Wasser platscht in den breiten
    Lachen, die wir durchfahren, und die Weidenzweige,
    an denen noch einzelne Tropfen hängen, schlagen in
    den Wagen hinein. Selbst das Abendrot, das zwi-
    schen geballtem Gewölk steht, hat nichts Heiteres.
    Fröstelnd fahren wir in die Falkenrehder Dorfstraße
    ein.

    »Es wird heute nichts«, brummte mein Gefährte, ein
    havelländischer Herr, aus seiner Kapuze heraus.
    »Um diese Stunde steigt keiner in die Gruft, am we-
    nigsten zu dem Enthaupteten.«
    »Wir müssen's versuchen. Tot ist tot, enthauptet
    oder nicht.« Mit diesen Worten hielten wir vor der
    Küsterwohnung, schlugen das Wagenleder zurück, so
    rasch es unsre klammen Finger gestatteten, und
    sprangen mit Vermeidung des Tritts, dem man es
    ansah, daß er nur zum »Hängenbleiben« da war, auf
    den aufgeweichten Boden.
    Die warme Stube drinnen tat uns wohl. Wir trugen
    dem Küster unser Anliegen vor, der, unter Gräbern
    groß geworden und mit den Toten eingelebt, sofort
    seine Bereitwilligkeit ausdrückte, dem »Enthaupte-
    ten« einen nächtlichen Besuch zu machen. Zu glei-
    cher Zeit erfreute er das Ohr meines Reisegefährten
    durch die Erklärung: »daß es für drei zu eng sei«.
    Wir nahmen, während Laterne und Kirchenschlüssel

    2114
    herbeigeschafft wurden, einen Augenblick Platz und
    plauderten, was mir erwünschte Gelegenheit gab,
    einige Fragen zu stellen.
    »Nun sagen Sie, Herr Kantor, wie steht es damit, ist
    er wirklich enthauptet?«
    »Das ist er. Darüber kann kein Zweifel sein. Sie wer-
    den es sehen.«
    »Wer ist es?«
    »Ich weiß es nicht. Ich kann nur sagen, was sich die
    Leute hier erzählen. Sie sagen, es sei der Oberst von
    Weiler, der um 1680 Falkenrehde besaß. Sie sagen,
    daß er Unterschleife machte, daß er heimlich hinge-
    richtet wurde und daß die Frau des Obersten die Lei-
    che freibat, um sie hier beisetzen zu können.«
    »Das ist alles?«
    »Ja!«
    »Glauben Sie es?«
    »Ich darf wenigstens nicht sagen: ich glaub es nicht .
    Ein Enthaupteter ist da. Irgend etwas muß passiert
    sein.«
    So weit war unsere Unterhaltung gediehen, als die
    Frau die brennende Laterne brachte, was man so
    brennen heißt, vier angeblakte Scheiben mit einem

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    Lichtstumpfe drin. Der Küster nahm den Vortritt, und
    so schritten wir auf die Straße hinaus, wo inzwischen
    die Falkenrehder, bis zu dem benachbarten Kirchhofe
    hin, Spalier gebildet hatten. Das Gerücht von unserm
    Vorhaben war durchs Dorf gelaufen wie ein Feuer
    übers Strohdach. Alles sah uns nach, mit einem an-
    dächtigen Ernst, als ob wir auszögen, den Lindwurm
    zu töten.
    Alsbald hielten wir vor dem Kirchhofsportal, einem
    schmiedeeisernen Gittertor, das an höchster Stelle
    zwei in Erz getriebene Lorbeerzweige und inmitten
    derselben die vergoldeten Buchstaben E. v. W.
    (Ernst von Weiler) zeigte. Gerade hinter diesen
    Buchstaben und ihrer Einfassung stand der Mond.
    Über die Grabsteine von Pastoren und Amtleuten
    hinweg schritten wir nunmehr auf die Kirche zu und
    traten durch eine Seitentür in dieselbe ein.
    Sie machte einen spukhaften Eindruck, weil sie über-
    all da, wo das Mondlicht durch die Scheiben fiel, so
    hell war wie bei Tage. Daneben lagen breite Schat-
    tenstreifen. An den Wänden und Pfeilern hingen To-
    tenkränze und Brautkronen mit ihren langen bunten
    Bändern. Es war, als bewegten sie sich bei unserem
    Eintreten. Wir schritten nun zunächst auf den Altar
    zu, wo ich im Halbdunkel ein großes Bild zu bemer-
    ken glaubte. Wirklich, es war eine Kreuzigung, alles
    in Rokokomanier, und die Magdalene mit hohem
    Toupet und Adlernase sah aus wie die Frau von
    Pompadour. Ich darf sagen, daß das Unheimliche des
    Ortes

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