Wanderungen durch die Mark Brandenburg
durch diese Anklänge nur noch gesteigert wur-
de.
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Ich hatte, um an dem Bilde herumzuleuchten, die
Laterne genommen und fragte jetzt, wo die Gruft sei.
»Da müssen wir wieder zurück.«
Gut. Wir kehrten also um und gingen das Schiff hin-
unter, bis wir, inmitten der Kirche, vor einer in die
Fliesen eingelassenen Bretterlage standen. Es war
alles so primitiv wie möglich; keine Falltür, kein ei-
serner Ring zum Hochheben, nur eben drei eichene
Bohlen. Und sie waren nicht leicht zu fassen. Endlich
mit Hülfe des schweren Kirchenschlüssels, den wir
als Hebel benutzten, lüfteten wir das erste Brett;
dann die beiden andern. Die Stiege, die hinabführte,
war weniger eine Treppe als eine aus aufrecht ste-
henden Ziegeln gebaute Leiter; jede Stufe so hoch
und so schmal wie möglich. Alles voll Staub und
Spinnweb. Ohne Fähr indes kamen wir unten an; nur
das Licht in der Laterne begann in bedenklicher Wei-
se zu flackern, erholte sich aber wieder, und die
Musterung konnte beginnen. Wir zählten vier Särge,
zwei wohlerhalten und mit Metall beschlagen, die
beiden anderen schon etwas schadhaft. Einer davon,
von rechts her gerechnet der dritte, hatte eine Öff-
nung am Kopfende: das verschließende Brettchen
fehlte. Es sah aus wie die offenstehende Tür eines
kleinen Hauses.
»Das ist er«, sagte der Küster.
»Der Enthauptete?«
»Ja.«
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Dabei fuhr er mit Totengräbergleichmut in die Öff-
nung des Sarges hinein, suchte einen Augenblick wie
in einem Kasten, in dem man Bescheid weiß, und
kam dann mit einem Schädel wieder zum Vorschein.
Und nun hielt er ihn mir wie zur Begutachtung hin.
Ich nahm ihn in die Hand und sagte: »Das ist ein
Schädel, nicht mehr und nicht weniger. Wo aber
steckt der Beweis, daß es der Schädel eines Ent-
haupteten ist?«
Der Küster, statt aller Antwort, wies einfach auf ei-
nen fingerbreiten Halslappen hin, der sich unter dem
Kiefer hinzog. Dieser aufgetrocknete Streifen war an
seinem Rande so scharf, wie wenn man ein hartes
Stück Leder mit einem scharfen Messer durchschnei-
det.
Dies mochte in der Tat als Beweis gelten. Es war
ganz unverkennbar eine Schnittfläche. Irgend etwas
Scharfes hatte hier Kopf und Rumpf getrennt. »Sie
haben recht« – damit schoben wir den Schädel wie-
der in seine Behausung, kletterten hinauf und deck-
ten die Bohlen darüber.
Unser Rückzug war eiliger als unser Kommen. Mir
war, als lache die Frau von Pompadour hinter uns
her, und über den Grabstein des alten Amtmann
Kriele weg traten wir wieder in die Dorfstraße hinaus.
Alles stand noch in Gruppen. Wir mußten erzählen.
Aber es war nur, was jeder wußte.
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In der Falkenrehder Gruft ruht ein Enthaupteter. Das scheint festzustehen. Aber wer ist dieser Enthauptete? Die Sage, wie schon hervorgehoben, antwortet:
Oberst Ernst von Weiler; die Geschichte dagegen
verneint , was die Sage sagt. Oberst Ernst von Weiler, in seinen letzten Dienstjahren General, ist eine
historische Person wie nur irgendwer, und wir kön-
nen ihn bis an das Ende seines Lebens verfolgen. In
hohem Alter und hohem Ansehen ist er gestorben.
Wir erzählen, was man von ihm weiß.
Ernst von Weiler, aus einer angesehenen Patrizier-
familie, etwa um 1620 geboren, war der Sohn des
kurbrandenburgischen Amtskammerrats und Hof-
amtmeisters Christian Weiler, Erbherrn auf Vehlefanz
und Staffelde. Er trat früh in die Armee, nahm wahr-
scheinlich noch an den letzten Kämpfen des Dreißig-
jährigen Krieges teil und focht 1674 (über seine Be-
teiligung an der Schlacht von Warschau verlautet
nichts) am Oberrhein gegen Turenne. Er war damals
mutmaßlich Oberstwachtmeister in der Artillerie.
Zuerst wird er mit Bestimmtheit 1675 genannt, wo
er, in der Schlacht bei Fehrbellin, die »mit doppelter
Bespannung versehenen Geschütze« mit großer Aus-
zeichnung zum Siege führte.
Er hatte sich dabei das Zutrauen und Wohlwollen des
Kurfürsten in einem besonders hohen Grade zu er-
ringen gewußt, wurde 1677 Oberstlieutenant und
Chef der Artillerie und leitete das Jahr darauf (1678)
den artilleristischen Teil der Belagerung von Stral-
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sund. »Den 10. Oktober abends«, so heißt es in Pau-
lis »Leben großer Helden«, »machte Ernst Weiler auf
den Ort aus 80 Stücken, meist halben Kartaunen,
22 Mörsern und 50 Haubitzen ein entsetzliches Feu-
er. Mit anbrechendem Morgen stand die halbe Stadt
in Flammen. Den 11. Oktober nach sechs Uhr sah
man auf Mauern
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