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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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und Türmen drei weiße Fahnen aus-
    gesteckt. Dies machte, daß Ernst Weiler mit dem
    groben Geschütz zu spielen aufhörte.«
    So Pauli. 1683 wurde Ernst Weiler Oberst. 1689, bei
    der Belagerung von Bonn, Generalmajor. 1691 erhob
    ihn Kaiser Leopold in den Adelstand. Wann Falken-
    rehde in seinen Besitz kam, ist nicht genau festzu-
    stellen gewesen, jedenfalls schon vor 1684. In Berlin
    besaß er das Weilersche Haus, das gegenwärtige
    Kronprinzliche Palais. Er starb am
    28. November 1692. In der Gunst des Großen Kur-
    fürsten und seines Nachfolgers erhielt er sich bis
    zuletzt. Gleichzeitige Schriftsteller rühmen ihn als
    einen »Meister in der Geschützkunst«; die Erfindung
    der glühenden Kugeln aber, die ihm Feuquières zu-
    schreibt, ist viel älter. Frundsberg schon bediente
    sich derselben.
    Dieser Ernst von Weiler kann also der Enthauptete in der Falkenrehder Gruft unmöglich sein, und verbliebe
    somit nur noch eine vage Möglichkeit, daß sein Sohn , der ebenfalls Artillerieoberst war und ebenfalls den
    Namen Ernst (Ernst Christian) führte, irgendein Ver-
    gehen mit gewaltsamem Tode gebüßt habe. Aber
    auch dieser, wiewohl sein Leben allerhand Unkor-
    rektheiten aufweist, ist natürlichen Todes gestorben.

    2120
    Auch sein Leben läßt sich bis zu seiner letzten Stunde verfolgen. Er war unglücklich verheiratet, entfloh
    mit einer Baronesse Blumenthal, trat in österreichi-
    sche Dienste, verheiratete sich ein zweites Mal und
    starb zu Breslau, nachdem er vorher, auf ein salvum
    conductum gestützt, für kurze Zeit im Brandenburgi-
    schen eingetroffen war, um seine Angelegenheiten
    zu ordnen. Auch er also ist es nicht. Alle weiteren von mir angestellten Fragen und Untersuchungen
    sind erfolglos geblieben. Niemand weiß, wer der Ent-
    hauptete in der Falkenrehder Gruft ist. Nur das eine
    scheint festzustehen: kein von Weiler. Die Archive, die Akten des Feldzeugamts geben keine weitere
    Auskunft. Die Hoffnung ist schwach, dieses Dunkel je
    gelichtet zu sehen.
    Auf der Dorfstraße, unter den vielen Neugierigen, die
    uns daselbst empfingen, befand sich auch mein Rei-
    segefährte, der, wie jene, nur das Resultat unserer
    Expedition hatte abwarten wollen. Das lag nun vor,
    soweit es vorliegen konnte. Er bestieg also seinen
    Wagen, der uns glücklich bis Falkenrehde gebracht
    hatte, um seinerseits weiter ins Havelland hinein zu
    fahren. Ich meinesteils nahm herzlichen Abschied
    von ihm und meinem Kantor und schritt auf den
    Krug zu, um daselbst den Nauener Omnibus abzu-
    warten. In zehn Minuten mußte er dasein.
    Die Krugstube war nicht viel größer als die Gruft, aus
    der wir eben kamen, aber es sah bunter darin aus.
    In einer Ecke hatte sich ein Kartentisch etabliert;
    ihm gegenüber saßen zwei alte Frauen, von denen
    die eine, in allerhand schottisch karierte Lappen ge-

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    kleidet, an die Norne in Walter Scotts »Piraten« erin-
    nerte. Beide tranken Kaffee und pusteten über die
    vollen Untertassen hin. Was sonst noch da war,
    durchschritt den Stubenkäfig, am unruhigsten unter
    allen ein hübscher, blonder Mann, Mitte dreißig, des-
    sen Gesamthaltung, trotz einer gewissen weltmänni-
    schen Tournure, unverkennbar auf ein mühevoll ab-
    solviertes Obertertia hindeutete. Er hatte das Be-
    dürfnis zu sprechen.
    »Halb neune wird es wohl werden«, hob er an.
    »Halb neun! Ich bitte Sie, das wäre ja furchtbar.
    Fahren Sie auch bis Potsdam?«
    »Ja. Ich wohne in Potsdam. Ein teures Pflaster. Aber
    was will man machen? Die Erziehung, die Schulen...
    Ich bin Regierungsbeamter. Was nutzen einem
    100 Taler mehr in Schlochau oder Deutsch-Krone?
    Als Familienvater...«
    »Haben Sie mehrere Kinder?«
    »Drei. Lauter Jungen. Und sehen Sie, das ist es e-
    ben. Ein Mädchen kann in Deutsch-Krone besser ge-
    deihen als in Potsdam, aber ein Junge – was ist ein
    Junge ohne Gymnasium! Ich bin Regierungsbeamter.
    Ich kann meinen Kindern nichts mitgeben, außer
    Bildung, aber daran halt ich fest.«
    »Wissen Sie, man muß es nicht überschätzen. Der
    innere Mensch...«

    2122
    »Freilich, der innere Mensch bleibt immer die Haupt-
    sache. Es muß drinstecken. Aber eine Kinderseele ist
    eine zarte Pflanze. Vorbild, Beispiel, elterliches
    Haus...«
    In diesem Augenblicke (mir durchaus gelegen) er-
    schien der Kutscher des inzwischen eingetroffenen
    Omnibus in der Tür, um allen Anwesenden, in einer
    Sprache, die mehr Vertraulichkeit als Respekt aus-
    drückte, das Signal zum Aufbruch zu geben. Alles
    drängte

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