Wanderungen durch die Mark Brandenburg
hoch. Den Pfarr-
garten hatte er ganz verwildert übernommen; er
pflanzte die besten Obstsorten an und hatte die
Freude, schon im zweiten Jahre einige Früchte davon
zu ernten. Sooft er ein so günstiges Ergebnis seines
Fleißes in seinen noch vorhandenen Rechnungen zu
vermerken hatte, versäumte er nicht, in einfachen
Worten einen kurzen Dank an Gott auszusprechen.
Über seine Kriegs- und Siegestat bei Chotusitz
sprach er nur selten und nur gezwungen, teils weil er
eine natürliche Scheu hatte, sich vorzudrängen, teils
weil er zu der Ansicht gekommen sein mochte, »er
habe bei Chotusitz für einen Geistlichen wirklich et-
was zuviel getan«. Aber ebendeshalb, weil der Tag
von Chotusitz auf der Etziner Pfarre nur so selten
genannt werden durfte, ebendeshalb ist auch jener
Familientradition, die sich bis in unsere Tage hinein
erhalten hat, ein ganz besondrer Wert beizulegen,
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jener Tradition nämlich, die übrigens auch in Andeu-
tungen des Jordanschen Briefes ihre Bestätigung
findet daß der König seinem Feldprediger in der Tat
eine Hauptmannsstelle habe anbieten lassen. Daß
dies Anerbieten abgelehnt wurde, versteht sich von
selbst. Seegebart wäre nicht er selbst gewesen,
wenn er den Roquelour mit dem bunten Rock des
Königs vertauscht hätte. Die angestrengte Tätigkeit
des Predigens vor zwei Gemeinden scheint seiner
wohl an sich nicht sehr festen Gesundheit geschadet
und seinen frühzeitigen Tod herbeigeführt zu haben.
Auch sein Bild zeigt jene klare, durchsichtige Haut-
farbe und jene mild leuchtenden Augen, denen man
bei Brustkranken so oft begegnet.
Er hinterließ eine Witwe, Christiane Elisabeth, gebo-
rene Sukro, und vier Kinder. Außer seinem Bilde, das
ihn unverkennbar als eine poetische, dem Idealen
zugewandte Natur darstellt, befindet sich an einer
Außenwand der Etziner Kirche noch der Grabstein
des früh Geschiedenen, der unter einem wenig ge-
schmackvollen Ornament folgende Inschrift trägt:
»Hier ruhen in Hoffnung die dem Tode getrost anver-
trauten Gebeine des weiland hochwürdigen und
hochgelehrten Herrn Joachim Friedrich Seegebart.
Das Prinz Leopoldsche Regiment und die etzinsche
und knoblauchsche Gemeinde rühmen noch seine
wahre Gottesfurcht und seltene Redlichkeit. Daher
war er freudig vor Gott, liebreich vor Menschen,
sorgfältig im Amt, demütig bei seiner Gelehrsamkeit.
Von seinem geistigen Amt zeugen viel lebendige
Briefe, von seinem Christentum die durch das Leben
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betätigte Lehre. Er betrat diesen mühseligen Schau-
platz 1712, den 14. April. Er bezog die stolzen Woh-
nungen der Ewigkeit 1752, den 26. Mai. Leser!
schaue sein Leben an und denke an seinen Tod. Be-
trachte seinen Glauben und ahme ihm nach. Sein
freudiger Hingang mache dir die Ewigkeit süß.«
Falkenrehde
Die Sage gebiert und schafft und treibt.
Was will unser Licht? Ein Dunkel bleibt.
Falkenrehde, halben Weges zwischen Potsdam und
Nauen, ist eines der reicheren Güter des Havellandes
und bildet mit dem nachbarlichen Uetz und Paretz
einen Güterkomplex, dessen Erträge in die königliche
Schatulle fließen. In früheren Jahrhunderten saßen
hier die Bardeleben und Dirickes, später die Gröben,
bis es, zur Zeit des Großen Kurfürsten, an den be-
rühmten Artillerieobersten Ernst von Weiler und des-
sen weibliche Deszendenz überging. Eine der Weiler-
schen Töchter war an den Minister von Kraut, einen
besonderen Günstling Friedrich Wilhelms I., ver-
mählt. Diese Weilersche Zeit war die wichtigste. Sie
gab dem Dorfe seine Geschichte, auch wohl die Er-
scheinung, die es bis diesen Augenblick noch zeigt.
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Falkenrehde ist eines jener lachenden Dörfer, deren
die Mark, ganz im Gegensatz zu ihrem Ruf, so viele
zählt. Prächtige alte Linden ziehen sich zu beiden
Seiten der Dorfstraße hin, saubere Häuser, von Kür-
bis- oder Pfeifenkraut umsponnen, blicken zwischen
den Stämmen durch, und in nur kurzen Pausen rol-
len Postwagen und Omnibusse auf und ab, die den
Verkehr zwischen Potsdam und den kleinen, aber
wohlhabenden Städten des Havellandes unterhalten.
In den dreißiger Jahren war auch vornehmeres Ge-
fährt auf dieser Straße heimisch: königliche Kut-
schen. Friedrich Wilhelm III. kam an schönen Som-
merabenden von dem nahen Paretz herüber, stieg in
der Pfarre ab, nahm in einem eigentümlich dekorier-
ten Zimmer, dessen Wände einen deutschen Götter-
hain und einen freiwilligen Jäger darstellten,
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