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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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gestorben zu Potsdam
    den 14. Oktober 1745, früh acht Uhr, im siebenund-
    fünfzigsten Jahre; den 16. ist er im Erbbegräbnis zu
    Wiepersdorf beigesetzt worden. Den 30. Januar 1746
    ist ein feierliches Leichenbegängnis gehalten, der
    Paradesarg von der Reinsdorfer Grenze eingeholt
    und die Leichenrede vom Herrn Hofprediger Osfeld
    aus Potsdam gehalten worden.«
    Für die absolut Ungläubigen reichte freilich auch dieses Dokument nicht aus. Dieselben entnahmen aus dieser Pressoschen Kirchenbuchnotiz weiter nichts
    als die Beisetzung in Wiepersdorf (statt der Ver-
    scharrung im Keller), wohingegen der Beweis, daß
    dieser beigesetzte von Einsiedel kein zuvor Enthaup-
    teter gewesen sei, immer noch erübrigte.
    Auch diese letzte Burg der Romantik mußte zerstört
    werden.
    Es gab nur einen Weg. Man stieg in die Gruft hinun-
    ter, der Sarg wurde geöffnet, in welchem der Gene-
    ral von Einsiedel wohlerhalten lag. Eine Art Mumifi-
    zierung, wie in so vielen Grüften der Mark, war ein-
    getreten. Der Körper erwies sich völlig unversehrt,
    derart, daß er sich am Kopf in die Höhe heben ließ .
    Eine Trennung von Haupt und Leib hatte also nicht
    stattgefunden.
    Auch dieser »heimlich Enthauptete« der Volkssage war uns also genommen.

    2133
    1. Ebendies Einsiedelsche Haus hatte, vielleicht
    aus derselben oder vielleicht auch erst aus
    späterer Zeit stammend, ein Holzbildwerk an
    seiner schrägen Eckfront, den Diogenes in der
    Tonne darstellend. In den dreißiger Jahren
    dieses Jahrhunderts verschwand es, wurde
    später unter altem Gerümpel entdeckt, wie-
    derhergestellt und aufs neue an seinem alten
    Platz befestigt, wo es sich bis diese Stunde
    befindet.

    Wust
    Das Geburtsdorf
    des Hans Hermann von Katte

    Und so schreiten
    Die Zeiten
    In Kriegestanz
    Und Ruhmesglanz,
    Bis all ihr Stolz und all ihr Mut
    In Demut bei den Toten ruht.

    Die märkischen Sagen von »heimlich Enthaupteten«:
    vom General von Weiler in Falkenrehde, vom Grafen
    Adam von Schwarzenberg in Spandau, vom General

    2134
    von Einsiedel in Potsdam, sind, wie wir es in den bei-
    den voraufgehenden Kapiteln gezeigt haben, von der
    Geschichte widerlegt worden. Aber Blut, wie überall,
    floß auch bei uns. Es wurde von Zeit zu Zeit (und
    nicht eben allzuselten) auch wirklich enthauptet, und das Dorf, dessen Namen dieses Kapitel trägt, erinnert, wie kein anderes, an solche Wirklichkeiten.
    Wust ist ein alter Sitz der Familie von Katte. Wir füh-
    ren das Dorf in wechselnden Zeiten und verschiede-
    nen Bildern am Auge unserer Leser vorüber.

    Wust 1707
    Ein klarer Septembertag. Von Jerichow her, auf brei-
    ter Straße, deren junge Ebereschenbäume in roter
    Pracht stehen, kommen zwei Reiter, beide gut berit-
    ten, beide in Küraß und Klapphut, aber doch unver-
    kennbar Herr und Diener. Der Weg führt auf Wust
    zu, dessen neuaufgesetzter Kirchturm eben sichtbar
    wird. Tausend Schritt vor dem Dorf hält der rechte
    Reiter, hebt sich in den Bügeln auf und blickt freudig
    auf das stille märkische Dorf. Er mag es wohl, er ist
    hier zu Haus, und da, wo das Doppeldach zwischen
    den Pappeln sichtbar wird, hat er gespielt. Er ist hier zu Haus; mehr noch, er ist der Herr dieses Dorfes.
    Seit Knabenjahren war er wenig hier, aber sooft er
    kam, ging es ihm ans Herz. Nun gibt er seinem Pfer-
    de die Sporen, der Diener folgt, und in starkem Tra-
    be geht es bis auf den Vorplatz, die Rampe hinauf.
    Sie sind erwartet: ein Hausverwalter, in verschosse-
    ner Livrée, steht im Portal des Herrenhauses, ein

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    Knecht nimmt das Pferd, und ein alter Hühnerhund
    mit langem Behang, dessen Braun überall schon ins
    Grau schimmert, richtet sich auf von der sonnigen
    Stelle, auf der er lag. Er erkennt seinen alten Spiel-
    kameraden und wedelt langsam hin und her. Aber er
    ist zu alt um sich noch lebhaft zu freuen. Er reckt
    sich, schnappt nach einer Fliege und legt sich wieder.
    Der Angekommene ist Hans Heinrich von Katte, Kü-
    rassieroberst, ein Liebling des Königs. Er kommt aus
    den Niederlanden, wo er an den Kämpfen gegen den
    Marschall Villeroi teilgenommen und in der Schlacht
    bei Ramillies mit seinem Regimente fünfzehn feindli-
    che Geschütze genommen hat. Er hatte seit jenem
    Tag auch den Neid entwaffnet. Aber dasselbe Jahr,
    das ihm so viel der Ehren brachte, hatte ihm sein
    bestes Glück geraubt. Seine Gemahlin, eine geborne
    von Wartensleben, war ihm in den Krieg gefolgt und
    in Brüssel gestorben. Von dort aus war sie nach
    Wust zurückgeführt worden.

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