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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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Ihr Gemahl kam jetzt,
    um an ihrem Grabe zu beten und das einzige Kind,
    das sie ihm zurückgelassen, auf seinen Knien zu
    schaukeln.
    »Wo habt Ihr den Junker?«
    »Er spielt im Garten; des Pastors Kinder sind mit
    ihm.«
    »Da laßt uns sehen, ob er den Papa wiedererkennt.«
    Der Kürassieroberst schritt durch die ganze Reihe
    der Zimmer hin, bog dann links in den Gartensalon

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    ein und trat ins Freie. Auf einem Rasenplatze spielte
    ein halbes Dutzend Kinder. In der Mitte war das Gras
    ausgerodet und aus dem gelben Sande des Unter-
    grundes eine Burg aufgeführt, mit Kastell und Gra-
    ben. Inmitten alt der Herrlichkeit stand ein kleiner
    stubsnasiger Blondkopf, nicht hübsch, aber mit klu-
    gen Augen.
    »Hans Hermann, Junge, kennst du mich noch?«
    Der Junge sah verwundert auf. Endlich schien es in
    ihm zu dämmern, und er ging ruhig auf den Vater
    zu.
    Dieser hob ihn in die Höh, küßte und streichelte ihn
    und sagte dann: »Hans Hermann, wir müssen gute
    Freunde sein, du mußt mir allerhand erzählen.
    Komm, ich habe dir auch eine Kanone mitgebracht.«
    Damit gingen sie in die Halle des Hauses zurück, wo
    der Diener inzwischen ein Kaminfeuer angezündet
    hatte. Eine Magd trug ein Frühstück auf, während
    der Vater seinen Blondkopf auf den Knien schaukelte
    und mit Heiterkeit die Fragen beantwortete, die das
    Kind unbefangen stellte.
    Der Oberst nahm einen Imbiß, ließ den Jungen an
    dem Sherry nippen, den er in seiner Satteltasche
    mitgebracht hatte, und sagte dann: »Hans Hermann,
    nun wollen wir in die Kirche gehen.«
    »Ich mag nicht.«

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    »Wir wollen uns den Stein ansehen, unter dem die
    liebe Mama schläft.«
    »Ich mag nicht.«
    Der Papa nahm aber den Jungen bei der Hand, der
    sich nun willig führen ließ, und so schritten sie auf
    die Kirche zu, an deren altem Seitenportal der Küster
    bereits mit seinem Schlüsselbunde stand und warte-
    te. Er war ein Mann von fünfzig.
    »Guten Tag, Jerse, wie geht's?«
    »Et jeiht jo, gnädige Herr, man en beten to oll .«
    » Man kann nicht immer jung bleiben. Wenn man nur mit Ehren alt geworden ist. Was machen die Kinder?«
    »Et jeiht jo, gnädige Herr, man en beten to veel .«
    » Ja, Jerse, das ist Eure Schuld.«
    Jerse schmunzelte. Der Oberst streichelte dem Jun-
    gen das lockige Haar und fuhr dann fort:
    »Ich hoffe, daß alles in Ordnung ist. Wann kam der
    Steinsarg?«
    »Gistern wiern't fief Wochen, un de Steinhauer wier
    glieks mit dabi un hett allens sülvst moakt. Un denn

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    hebben wi de gnäd'ge Fru mitsamst den höltern'n
    Sarg insett.«
    »Das ist recht, Jerse. Und nun schließt auf. Ich will
    erst sehen, wie es in der Kirche aussieht.«
    Sie traten in das Mittelschiff. Nicht weit von der Kan-
    zel war ein Reliefbild in die Wand eingelassen, ein
    Reiter in der Tracht des Dreißigjährigen Krieges. Der
    Oberst blieb stehen. Es war das Bildnis seines Va-
    ters. Daneben war ein zweiter Stein, eine seltsame
    Rokokoarbeit. Minerva, mit drei Marabouts auf dem
    Haupte, sah einen vierzehnjährigen Knaben auf sich
    zuschreiten, der ihr, huldigend, einen Apfel über-
    reichte. Alles bunt bemalt. Die bunte Farbe reizte die
    Neugier des Kindes.
    »Was ist das?«
    »Das ist eine Göttin. Weißt du, was eine Göttin ist?«
    »Nein. Ich will nur wissen, wer der Junge mit dem
    Apfel ist.«
    »Das ist dein Oheim. Er war sehr fleißig und ist ganz jung gestorben.«
    »Ich will nicht fleißig sein.«
    »Nun hört, Jerse, wie der Junge aus aller Art ist.«

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    »Dat wahrd en richtigen Junker, gnäd'ge Herr. Wat
    brukt so 'n lütt' Junker veel to liernen! Et givt all so veel davun.«
    »Nun, Jerse, wollen wir in die neue Gruft.«
    Damit traten alle drei durch die kleine Seitentür wie-
    der auf den Kirchhof hinaus und schritten auf einen
    Neubau zu, der augenscheinlich erst vor Jahresfrist
    an die Ostseite der Kirche angebaut worden war,
    eine sehr einfache Architektur mit zwei Gitterpforten
    und einer Klapptür in Front. Das Äußere war öde, das
    Innere noch mehr. In dem frisch geweißten Raume
    stand ein einziger Steinsarg, ein Marmorsarkophag,
    kunstvoll und reich gearbeitet, dessen prächtige
    Schönheit in diesem schmucklosen Raume einen
    seltsamen Eindruck machte.
    Der Oberst nahm seinen Knaben an die Hand und
    trat an den Sarg heran. Er blickte lange auf densel-
    ben. Dann beugte er sich zu dem Kinde nieder und
    küßte es auf die Stirn.
    Das Kind sah sich ängstlich um, drängte sich an den
    Vater und sagte: »Komm, ich mag hier nicht

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