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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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Beschäftigung auch neue Stiefel, Stiefel zum
    Fahren, zum Gehen, zum Reiten, Jagdstiefel und
    Tanzstiefel, alle von den verschiedensten Formen
    und Farben und von jeglicher Art von Leder. An diese
    Passion setzte er den Rest von Vermögen, den die
    Verschwendungssucht der Eltern und die Spielsucht
    des Bruders ihm übriggelassen hatte. Die Stiefel-
    sucht tat das Letzte. Er wurde unter Kuratel gestellt;
    aber es war zu spät. Die volle Verwüstung der einst
    so schönen Besitzung hatte bereits Platz gegriffen:
    die Statuen im Park wurden zerschlagen und bildeten
    auf Jahrzehnte hin den Steinbruch für alle Funda-
    mentbauten im Dorf, die Akten und Briefschaften,
    darunter mutmaßlich Dinge von unschätzbarem
    Wert, wurden zum Heizen und Gänsesengen benutzt,

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    und die kostbaren alten Familienbilder, aus ihren
    Barockrahmen herausgeschnitten und mit zwei an-
    genähten Hängseln versehen, mußten es sich gefal-
    len lassen, als Maurerschürzen vorgebunden zu wer-
    den. So gingen die Dinge, bis zuletzt die Zerstörung
    aufhörte, nur deshalb, weil von offen Daliegendem und jedem Zugänglichen nichts mehr zu zerstören
    war. Ein Verwalter, dem, bis zur Regelung aller Ver-
    hältnisse, die Verwaltung des Gutes übergeben wur-
    de, zog in einen Seitenflügel; das alte Herrenhaus
    selbst wurde geschlossen. Und dies war ein Glück.
    Was noch in Boden- und Giebelstuben versteckt, in
    Ecken und Winkeln vergraben lag, war nunmehr ge-
    rettet und konnte in einer andern Zeit, die herauf-
    dämmerte, wieder gefunden und geborgen werden.
    Diese Zeit kam mit dem Jahre 1850.

    Wust seit 1850
    Im Herbst 1850 trat der gegenwärtige Besitzer, ein
    Katte von der uckermärkischen Linie, in das Wuster Erbe ein. Ein besseres Los konnte diesem letzteren
    nicht fallen. Hier, wo seit ziemlich einem Jahrhundert
    immer nur Torheit in den verschiedensten Formen
    tätig gewesen war, erschien plötzlich die Kehrseite
    davon, und ein Geist gewissenhaftester Ordnung griff
    Platz. Die Äcker wurden wieder bestellt, und wo so
    lange bloß »Hof gehalten war«, erstand wieder ein Hof, wie er auf einem solchen Besitze sein soll: ein
    Wirtschaftshof . Scheunen, Ställe, Betriebsgebäude 2151
    wurden aufgeführt, und Wust wurde eine Musterwirt-
    schaft, was es mutmaßlich nie vorher gewesen war.
    Aber mehr als das. Nicht bloß über das Gut war eine
    rettende Hand gekommen, ebenso über den Erinne-
    rungsschatz , den das alte Herrenhaus umschloß.
    Vieles, das meiste war zerstört. Manches aber hatte
    der Zerstörung getrotzt, und noch anderes, wie be-
    reits hervorgehoben, hatte sich in Ecken und Winkeln
    der Hand des Vandalismus entzogen. Dies alles wur-
    de jetzt hervorgesucht, gesammelt, geordnet. Frau
    von Katte, mit sich gleichbleibender Pietät, dazu mit
    immer wachsender Liebe für die Aufgabe, die sie sich
    gesetzt, stellte aus Bruchstücken vieles wieder her,
    und ihrem unermüdlichen Eifer verdanken wir das meiste von dem, was wir hier mitteilen konnten.

    Ein heller Augusttag führte uns als Gast in das alte,
    nun wiederhergestellte Herrenhaus. Der große Emp-
    fangssaal nahm uns auf, in dem einst (im Okto-
    ber 1806, wenn ich nicht irre) Marschall Soult geses-
    sen und dekretiert hatte.
    Es ist dies das interessanteste Zimmer des Hauses.
    Das meiste von seinen alten Erinnerungsstücken fin-
    det sich hier zusammen, namentlich von Bildern.
    Drei derselben stammen aus der historischen Zeit
    von Wust, also aus der ersten Hälfte des vorigen
    Jahrhunderts. Es sind der Feldmarschall von K. in
    Koller und Küraß, seine Gemahlin zweiter Ehe und
    der Sohn erster Ehe, Haus Hermann. Das Bild des

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    letzteren, der hier etwa vierundzwanzig Jahre alt
    erscheint, nimmt selbstverständlich das Hauptinte-
    resse in Anspruch. Er trägt die Uniform des Re-
    giments Gensdarmes, dazu das gepuderte Haar
    rechts und links in drei Locken gelegt. Seine Züge,
    weder hübsch noch häßlich, verraten Klugheit, Ener-
    gie und einen gewissen Standesdünkel. Der Kunst-
    wert ist nur ein mittlerer. Auch scheint es durch Ü-
    bermalung gelitten zu haben. Vergleiche Band II,
    Seite 331.
    Wir musterten diese und andere Bilder. Dann, nach
    einem Umgange durch das Haus, schritten wir über
    die Dorfgasse hin, um zunächst der alten Kirche,
    dann dem Gruftanbau unseren Besuch zu machen. In
    der Kirche war seit 150 Jahren so ziemlich alles beim
    alten geblieben, die Grabsteine, die wir eingangs
    geschildert, standen noch an alter Stelle, und nur
    einige

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