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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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Triumphe
    weg. Andere nahmen die Zähne des Enthaupteten
    als Erinnerungsstücke mit, so daß, als Anfang der
    fünfziger Jahre das traurige Administrations-
    Interregnum endlich sein Ende erreichte, der neue
    Besitzer ein wüstes Durcheinander vorfand. Die Pie-
    tät kam zu spät. Was noch geschehen konnte, ge-
    schah, ganz besonders auch an dieser Stelle. Eine Art Ordnung wurde wieder eingeführt, das eine oder
    andere gerettet und beispielsweise ein Rest Katte-
    schen Haares in einer Kapsel sorglich verwahrt. Aber
    die Zerstörung der voraufgegangenen dreißig Jahre
    konnte nicht wieder ausgeglichen, das, was fort war,
    nicht wiedergewonnen werden.
    Wir schlossen die Sargkiste, traten in das Licht des
    Tages zurück und schritten auf das Herrenhaus zu.
    Aber es duldete uns nicht in den geschlossenen

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    Räumen, und der stille Park und seine breiten Rüs-
    teralleen nahmen uns alsbald auf. Da lagen die um-
    gestürzten Statuen, zerbrochen, zerschlagen, halb
    überwachsen von grünem Gesträuch. Auch hier die
    Bilder der Vergänglichkeit.
    Unser Weg führte uns zuletzt bis an die Grenze des
    Parks. Eine Birkenbrücke, über einen Graben hinweg,
    ging ins Freie, breite Wiesen dehnten sich vor uns,
    jenseit stiegen Kirchentürme auf, und aus der Niede-
    rung zog ein Nebel langsam zu uns her.
    Es dämmerte.
    Und wie Dämmerung kam es über uns selbst, jener
    traumwache Zustand, dem Leid und Freud, dem
    Trauerspiel und Posse, dem der enthauptete und der
    Stiefel-Katte gleichmäßig zu Bild und Erscheinung
    werden – zu Gliedern in derselben Kette.

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    Der Schwielow und seine
    Umgebung
    Der Schwielow
    Mit der Wasser Steigen steigt auch das Gefühl ihm sei-
    ner Kraft,
    Und der Damm, er ist zertrümmert, und durchbrochen
    ist die Haft.
    »Der Wenersee«

    Sieh den Schwan,
    Umringt von seiner frohen Brut
    Sich in den roten Widerschein
    Des Himmels tauchen! Sieh, er schifft
    Zieht rote Furchen in die Flut
    Und spannt des Fittichs Segel auf. (»Irin«)
    Ewald von Kleist

    Der Schwielow ist eine Havelbucht im großen Stil wie
    der Tegler See, der Wannsee, der Plauesche See.
    Allesamt sind es Flußhaffe, denen man zu Ehre oder
    Unehre den Namen »See« gegeben hat. In etwaige
    Rangstreitigkeiten treten wir nicht ein; sie mögen
    unentschieden bleiben wie andere mehr.

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    Unter allen Havelbuchten, welchen Namen sie immer
    führen mögen, ist der Schwielow die größte und sehr
    wahrscheinlich auch die neueste. Vielleicht zählt dies
    weite Wasserbecken noch keine tausend Jahre, kei-
    nenfalls geht es weit in die Vorgeschichte zurück.
    Mannigfachen Anzeichen nach ging in den ersten
    Jahrhunderten unserer Zeitrechnung die südliche
    Ausbuchtung der Havel nur etwa eine Meile über
    Potsdam hinaus, und ein Erdwall, über dessen Aus-
    dehnung und Beschaffenheit es nutzlos wäre zu kon-
    jekturieren, schob sich etwa in Höhe des Dorfes Ca-
    puth trennend zwischen die höher gelegene Havel im Norden und ein tiefer gelegenes Moorland im Süden.
    Da, in einer Sturmnacht, stauete ein Südwest die
    ihm entgegenfließenden Havelwasser bis an die
    Potsdamer Enge zurück, und plötzlich umschlagend
    in einen eisigen Nordnordost, stieß er die aufgetürm-
    te Wassermasse mit solcher Gewalt gegen den Erd-
    wall, daß dieser zerbrach und die bis dahin abge-
    dämmten Havelwasser wie aus einem Schleusenwerk
    sich in das tiefer gelegene Moorbecken ergossen. In
    jener Nacht wurde der Schwielow geboren.
    Im Einklange hiermit ist es, daß die weite Wasserflä-
    che, die jetzt diesen Namen führt, mehr durch ihre
    Masse als durch ihre Tiefe imponiert: der Schwielow
    hat ganze Striche, wo man Grund fühlen, noch ande-
    re, wo man ihn durchwaten kann. Unter allen unsren
    Seen kommt er dem Müggelsee am nächsten. An
    Fläche und Ausdehnung diesem Könige der märki-
    schen Gewässer nah verwandt, weicht er im Charak-
    ter doch völlig von ihm ab. Die Müggel ist tief, fins-
    ter, tückisch – die alten Wendengötter brauen unten

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    in der Tiefe; der Schwielow ist breit, behaglich, son-
    nig und hat die Gutmütigkeit aller breit angelegten
    Naturen. Er hält es mit leben und leben lassen; er
    haßt weder die Menschen noch das Gebild aus Men-
    schenhand; er ist das Kind einer andern Zeit, und
    der Christengott pochte vielleicht schon an die Tore,
    als er ins Dasein trat.
    Der Schwielow ist gutmütig, so sagten wir; aber wie
    alle gutmütigen Naturen kann er heftig werden,
    plötzlich, beinahe unmotiviert, und dann ist er

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