Wanderungen durch die Mark Brandenburg
Friedrichs III. Wie
das Schloß de Chiezes nicht reich genug gewesen
war für Kurfürstin Dorothea, so waren die Einrich-
tungen dieser wiederum nicht reich genug für die
jetzt einziehende Sophie Charlotte. Auch jetzt, wie
während der siebziger Jahre, berührten die Ummo-
delungen, die vorgenommen wurden, weniger die
Struktur als das Ornamentale, und wieder waren es
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in erster Reihe die Deckenbilder, diesmal in allen
Räumen, die den ohnehin reichgeschmückten Bau
auf eine höchste Stufe zu heben trachteten. Dies
Betonen des Koloristischen lag ja im Wesen der Re-
naissance, die, selbst malerisch in ihren Formen wie
kein anderer Baustil, es liebt die Farbe sich dienstbar zu machen.
Ob Kurfürstin Sophie Charlotte noch Zeuge dieser
letzten Neugestaltung wurde, die das Schloß in sei-
ner inneren Einrichtung erfuhr, ist mindestens frag-
lich. Bis 1694 – wo der Stern Charlottenburgs auf-
ging, der zugleich den Niedergang Capuths bedeute-
te – konnte die Fülle dieser Deckenbilder nicht voll-
endet sein; die kurze Zeitdauer verbot es. Aber auch
der Inhalt dessen, was gemalt wurde, wenigstens
jenes hervorragendsten Bildes, das sich in der »gro-
ßen Porzellankammer« befindet, scheint dagegenzu-
sprechen. Es stellt dar: wie Afrika der Borussia huldigt . Diese, auf Wolken thronend, trägt eine Königskrone und neigt sich einer Mohrenkönigin, zugleich einer Schar heranschwebender schwarzer Genien zu,
die mit Geflissentlichkeit die Schätze Indiens und
Chinas: Teebüchsen und Ingwerkrüge, sogar ein
Teeservice mit Tassen und Kanne, der auf Wolken
thronenden Borussia entgegentragen.
Die Königskrone der Borussia, falls es die Borussia ist, deutet unverkennbar auf einen Zeitpunkt
nach 1701. Andererseits ist es freilich nicht ganz leicht, in dieser mit einer gewissen souveränen Verachtung der Länder- und Völkerkunde auftretenden
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Symbolik, die nichts so sehr haßt als Logik und Kon-
sequenz, sich zurechtzufinden.
Kurfürstin Sophie Charlotte verließ schon 1694 Ca-
puth. Aber bis zu ihrem Tode (1705) und noch dar-
über hinaus, bis zum Tode ihres Gemahls, blieb Ca-
puth ein bevorzugtes Schloß, eine Sehenswürdigkeit
von Ruf. Man setzte Summen an seine Instandhal-
tung, sei es nun, um vorübergehend hier eine Villeg-
giatur zu nehmen, oder sei es – insonderheit nach-
dem seine Ausschmückung vollendet war –, um es
etwaigem bei Hofe eintreffendem Besuche als ein
kleines märkisches Juwel zeigen zu können.
Eine solche Gelegenheit bot sich 1709. Wir finden
darüber folgendes. Als in den ersten Julitagen oben-
genannten Jahres König Friedrich IV. von Dänemark
und Friedrich August von Polen auf Einladung Fried-
richs I. von Preußen in Potsdam eine persönliche
Zusammenkunft hielten (ein großes Staatsbild im
Charlottenburger Schlosse stellt diese Begegnung
der »drei Friedriche« dar), war der prachtliebende
Friedrich, an dessen Hofe diese Vereinigung statt-
fand, bemüht, seinen Gästen eine Reihe von Festen
zu geben. Unter andern ward am 8. Juli auf der
prächtigen Yacht, welche im Bassin des Lustgartens
lag und mit zweiundzwanzig Kanonen ausgerüstet
war, eine Lustfahrt nach Caputh unternommen. Die-
ses überaus prächtige Schiff, das mit allem nur er-
denklichen Luxus ausgestattet war und in der Tat an
die Prachtschiffe der alten Phönizier und Syrakuser
erinnerte, war in Holland nach Angaben des königli-
chen Baumeisters und Malers Madderstegh erbaut
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worden. Man schätzte allein die goldenen und silber-
nen Geräte, die sich in seinem Innern aufgestellt
befanden, auf 100 000 Taler. Auf diesem Schiffe, das
eigens dazu gebaut war, die Havel zu befahren, glit-
ten die drei Könige stromabwärts nach dem Lust-
schlosse von Caputh. Man erging sich in dem inzwi-
schen zu einer baumreichen und schattigen Anlage
gewordenen Parkgarten und kehrte gegen Abend zu
Tafel und Ball nach Schloß Potsdam zurück.
Wenn dieser Tag in dem historischen Leben Capuths
der glänzendste war, so war er auch der letzte. Der
König, früh alternd, schloß sich mehr und mehr in
seine Gemächer ein; der Sinn für Festlichkeiten er-
losch, er begann zu kränkeln; am 25. Februar 1713
starb er. Alle Schlösser standen leer; sie sollten bald noch leerer werden.
Dem prachtliebenden Könige folgte ein Sparsam-
keitskönig. Die holländische Yacht im Potsdamer
Bassin wurde gegen einige Riesen vertauscht und
ging nach Rußland zum Zaren Peter; die
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