Wanderungen durch die Mark Brandenburg
Baumeister
und hatte für den Großen Kurfürsten eine ähnliche
Bedeutung, wie sie Rochus von Lynar, hundert Jahre
früher, für Joachim II. gehabt hatte. Er beherrschte
den Schönbau wie den Festungsbau, führte das
Hauptgebäude des Potsdamer Stadtschlosses auf,
leitete den Berliner Schloßbau, beteiligte sich an der
Ausführung des Friedrich-Wilhelms-Kanals, besserte
und erweiterte die Festungen des Landes.
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Dies war der Mann, dem die Gnade des Kurfürsten
das nur in leisen Zügen noch an alte Kulturtage erin-
nernde Caputh übergab. Er konnte es in keine besse-
ren Hände geben. Das in Trümmern liegende Schloß
– mutmaßlich ein spätgotischer Bau – wurde in mo-
dernem Stile wieder aufgeführt und dem ganzen Ge-
bäude im wesentlichen das Gepräge gegeben, das es
noch aufweist. Namentlich der »große Saal« erhielt
bereits seine gegenwärtige Gestalt, wie wir aus einer
alten Notiz ersehen, in der es heißt. »Im Oberge-
schoß (Hochparterre) befand sich zu seiten des Flurs
ein großer Saal durchs ganze Schloß hin, mit zwei
Fenstern nach Süden und zweien nach Norden.« –
Der Kurfürst war hier oft zu Besuch, namentlich
wenn ihn die Jagden nach dem Kunersdorfer Forste
führten. Auch den jungen Prinzen wurde zuweilen
gestattet, der Einladung des alten de Chieze zu fol-
gen und einen halben Tag, frei von der strengen Auf-
sicht ihres Hofmeisters, in Caputh herumzuschwär-
men. Die Parkanlagen waren damals noch unbedeu-
tend, der Garten nur mit Obstbäumen besetzt.
Kurfürstin Dorothea, von 1671 bis
1689
Der alte de la Chieze starb 1671 oder 1673; Caputh
fiel an den Kurfürsten zurück, und er verschrieb es
nunmehr seiner Gemahlin Dorothea, die es – inson-
derheit nach dem Tode ihres Gemahls (1688) – zu
ihrem bevorzugten Wohnsitz machte.
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Das Schloß, um seinem neuen Zwecke zu dienen,
mußte eine erhebliche Umgestaltung erfahren. Was
für den in Kriegszeiten hart gewordenen de Chieze
gepaßt hatte, reichte nicht aus für eine Fürstin; au-
ßerdem wuchsen damals – unter dem unmittelbaren
Einflusse niederländischer Meister – rasch die Kunst-
ansprüche in märkischen Landen. Erst funfzig Jahre
später, unter Friedrich Wilhelm I. – obwohl er sich
rühmte, ein »treu-holländisch Herz« zu haben –,
hörten diese Einflüsse wieder auf, und wir verfielen,
auf geraume Zeit hin, in die alte Nacht.
Schloß Caputh rüstete sich also zum Empfang einer
neuen Herrin. Die Grundform blieb, aber Erweiterun-
gen fanden statt; zwei kleine Eckflügel entstanden,
vor allem wurde die innere Einrichtung eine andere.
Eine Halle im Souterrain, wo man den Jagdimbiß zu
nehmen pflegte, wurde an Wand und Decke mit
blaugrünen holländischen Fliesen ausgelegt, die
Zimmer des Obergeschosses mit Tapeten behängt
und mehrere mit Plafondschildereien geziert. Beson-
ders bemerkenswert war die Ausschmückung des
»großen Saales«, ein Deckengemälde, das, seinem
Gedankengange nach, an spätere Arbeiten Antoine
Pesnes erinnert. Minerva mit Helm, Schild und Speer
führt die Künste: Baukunst Skulptur und Malerei, in
die brandenburgischen Lande ein; ein gehörntes Un-
getüm, halb Luzifer, halb Caliban, entweder den
Krieg oder die Roheit oder beides zugleich darstellend, entweicht in Dunkel vor dem aufgehenden
Licht. Ähnlich wohlerhalten präsentiert sich ein zwei-
tes Bild, im sogenannten »Grünen Zimmer«. Zwei
geflügelte Genien halten die umkränzten Bilder von
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Kurfürst und Kurfürstin in Händen; die Fama bläst
mit einer Doppeltuba den Ruhm beider in die Welt
hinaus; eine andere geflügelte Gestalt zeigt auf die
Chronik ihrer Taten. In einem dritten Gemach, das
den Namen des Schlafzimmers der Kurfürstin führt,
begegnen wir einem Deckenschmuck aus wahr-
scheinlich ebendieser Zeit. Außer einem Mittelbilde
zeigt er zwei weibliche Figuren: die Nacht , ein Fa-ckellicht tragend, und den Morgen , Rosen streuend, in leicht angehauchtem Gewölk.
Sophie Charlotte und König Fried-
rich I.,
bis 1713
Kurfürstin Dorothea starb 1689; beinahe unmittelbar
nach ihrem Hinscheiden wurde Schloß Caputh von
Kurfürst Friedrich III. erworben, der es nunmehr
seiner Gemahlin, der gefeierten Sophie Charlotte, zum Geschenke machte. Es geschah nun Ähnliches
wie nach dem Tode von de la Chieze. Die Ansprüche
an Glanz und Luxus waren innerhalb der letzten
zwanzig Jahre abermals gewachsen, nirgends mehr
als am Hofe des prachtliebenden
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