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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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Elbe und unterhält einen Verkehr mit
    Hamburg.
    Caputh – das Chicago des Schwielow-Sees – ist aber
    nicht bloß die große Handelsempore dieser Gegen-
    den, nicht bloß End- und Ausgangspunkt der zauche-
    havelländischen Ziegeldistrikte, nein, es ist auch Stations punkt, an dem der ganze Havelverkehr vorüber muß. Der Umweg durch den Schwielow ist unvermeidlich; es gibt vorläufig nur diese eine fahrbare 2173
    Straße. Eine Abkürzung des Weges durch einen
    Nordkanal ist geplant, aber noch nicht ausgeführt.
    So wird denn das aus eigenen Mitteln eine Kahnflotte
    hinaussendende Caputh, das, wenn es sein müßte , sich selbst genügen würde, zugleich zu einem allgemeinen See- und Handelsplatz, zu einem Hafen für
    die Schiffe anderer Gegenden, und die Flottillen von
    Rathenow, Plaue, Brandenburg, wenn eine Havarie
    sie trifft oder ein Orkan im Anzuge ist, laufen hier an und werfen Anker. Am lebendigsten aber ist es auf
    der Caputher Reede, wenn irgendein großer Festtag
    einfällt und alte gute Sitte die Weiterfahrt verbietet.
    Das ist zumal um Pfingsten. Dann drängt alles hier
    zusammen; zu beiden Seiten des »Gemündes« lie-
    gen 100 Schiffe oder mehr, die Wimpel flattern, und
    hoch oben vom Mast, ein entzückender Anblick, grü-
    ßen hundert Maienbüsche weit in die Ferne.
    Das ist die große Seite des Caputher Lebens;
    daneben gibt es eine kleine. Die Männer haben den
    Seefahrerleichtsinn; das in Monaten Erworbene geht
    in Stunden wieder hin, und den Frauen fällt nun die
    Aufgabe zu, durch Bienenfleiß und Verdienst im kleinen die Rechnung wieder ins gleiche zu bringen.
    Wie wir schon sagten, es sind Gärtnerinnen; die
    Pflege, die der Boden findet ist die sorglichste, und
    einzelne Kulturen werden hier mit einer solchen
    Meisterschaft getrieben, daß die »Caputhschen« im-
    stande sind, ihren Nachbarn, den »Werderschen«,
    Konkurrenz zu machen. Unter diesen Kulturen steht
    die Erdbeerzucht obenan. Auch ihr kommt die Nähe
    der beiden Hauptstädte zustatten, und es gibt kleine

    2174
    Leute hier, mit einem halben Morgen Gartenland, die
    in drei bis vier Wochen 120 Taler für Ananaserdbee-
    ren einnehmen. Dennoch bleiben es kleine Leute,
    und man kann auch in Caputh wieder die Wahrneh-
    mung machen, daß die feineren Kulturen es nicht
    zwingen und daß fünfzig Morgen Weizacker nach wie
    vor das Einfachste und das Beste bleiben. –
    Unter Gesprächen, deren Inhalt ich in vorstehendem
    zusammenzufassen gesucht habe, hatten wir das
    Dorf nach Norden hin passiert und hielten jetzt an
    einer Havelstelle, von wo aus wir über einen parkar-
    tigen, grüngemusterten Garten hinweg auf das Her-
    renhaus sehen konnten, einen Hochparterrebau, mit
    Souterrain und zweiarmiger Freitreppe.
    Dies Herrenhaus führt den Namen »Schloß«, und
    trotz bescheidener Dimensionen immer noch mit
    einem gewissen Recht, wenigstens seiner inneren
    Einrichtung nach. Man geht in der Mark etwas ver-
    schwenderisch mit diesem Namen um und hilft sich
    nötigenfalls (wie beispielsweise in Tegel) durch das
    Diminutivum: Schlößchen.
    Schloß Caputh war in alten Zeiten Rochowisch. Im
    Dreißigjährigen Kriege zerfiel es oder wurde zerstört,
    und erst von 1662 an erstand hier ein neues Leben.
    In diesem Jahre ging Caputh, Dorf wie Schloß, in den
    Besitz des Großen Kurfürsten über und verblieb, ein
    kurzes Vorspiel abgerechnet, auf das wir des weiteren zurückkommen (wir meinen die Zeit de Chiezes),
    150 Jahre lang bei der Krone. Eine lange Zeit. Aber
    die Zeit seines Glanzes war um so kürzer und ging 2175
    wenig über ein Menschenalter hinaus. Mit dieser
    Glanzepoche, unter Weglassung alles dessen, was
    vorausging und was folgte, werden wir uns in nach-
    stehendem zu beschäftigen haben. Auch diese vorü-
    bergehende Glanzesära gliedert sich in verschiedene
    Zeitabschnitte, und zwar in die Zeit des Generals
    de Chieze, bis 1671, die Zeit der Kurfürstin Doro-
    thea, bis 1689, und die Zeit Sophie Charlottens und
    König Friedrichs I., bis 1713.

    General de Chieze, von 1662 bis
    1671
    Der Große Kurfürst, nachdem er 1662 Schloß und
    Gut Caputh erstanden, entäußerte sich, wie in der
    Kürze bereits angedeutet, desselben wieder und
    schenkte es »mit allen Weinbergen, Schäfereien und
    Karpfenteichen« seinem Kammerjunker und Gene-
    ralquartiermeister de la Chieze. Philipp de la Chieze,
    dessen Familie aus Piemont stammte, war 1660 aus
    schwedischem in brandenburgischen Dienst getreten.
    Er war Oberingenieur, ein bedeutender

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