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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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Herren, Fünfziger, mit großen melierten Ba-
    ckenbärten, Lebemänner aus der Schicht der aller-
    neusten Torf- und Ziegelaristokratie, sprangen mit

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    berechneter Leichtfüßigkeit vom Wagen und gaben
    dadurch Gelegenheit, das im Wagen verbliebene Re-
    siduum der Gesellschaft besser überfliegen zu kön-
    nen. Das meiste war Staffage, bloße Najaden und
    Tritonen, die als Beiwerk, auch wohl als Folie not-
    wendig dasein müssen, wenn Venus aus den Wellen
    steigt. Wem die Rolle der letztern oblag, darüber
    konnte kein Zweifel sein. Sie war dreißig, überthron-
    te das Ganze, trug das Haar kurz geschnitten à la
    Rosa Bonheur und hielt eine große italienische Laute
    auf ihren Knien. Übrigens war sie wirklich hübsch;
    alles im Brunhilden-Stil; dieselbe weiße Hand, die
    jetzt auf der Laute ruhte, hätte auch jeden beliebi-
    gen Stein fünfzig Ellen weit geschleudert.
    In diesem Moment, ehe ich noch den Kremser völlig
    durchmustert hatte, erschien Boßdorf mit einem gro-
    ßen Tablett. Es war ein Morgenimbiß, der für den
    Rest des Tages einige Perspektiven eröffnete: vier
    Kulmbacher, vier Werdersche, mehrere Cognacs und
    eine Pyramide von Butterbroten. Alle Macht ist ein
    Magnet – Boßdorf präsentierte der Lautenschlägerin
    zuerst . Diese, ohne weiteres, machte eine halbe Schwenkung, glitt, nicht ohne einen Anflug von Entsagung, über die kleinen Gläser hin, nahm eine
    Kulmbacher, prüfte das Verhältnis von Schaum und
    Saft und trank aus. Ohne abzusetzen. Als ihr Boßdorf
    die Butterbrotseite des Tabletts zudrehte, nickte sie
    abwehrend.
    In kürzester Frist war übrigens das Tablett leer, nicht alle waren wählerisch; die Entrepreneurs eilten zu
    ihren Plätzen, die Pferde zogen an. Ein Lindenzweig

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    streifte noch huldigend die Stirn der Primadonna; im
    nächsten Augenblicke verschwand der Kremser in
    einer Querstraße des Dorfes. Ich horchte ihnen nach.
    Es war mir, als trüge der Wind herüber: »Im Wald,
    im schönen, grünen Wald«, und dazwischen verlore-
    ne Lautenklänge.
    Ich war nun wieder allein und wollte bereits – was
    immer einen äußersten Grad von Verlegenheit aus-
    drückt – zu den »Territorien der Mark Brandenburg«,
    einer Art märkischem Baedeker, meine Zuflucht
    nehmen, als das Erscheinen unseres freundlichen
    Führers vom Tage vorher meiner Verlegenheit ein
    Ende machte und mich aus der toten Aufzeichnung in
    das frisch pulsierende Leben stellte. Wir schlenderten
    am See hin, das Dorf entlang, an Schloß und Park
    vorbei; es war eine anmutige Vormittagsstunde, an-
    regend, lebendig, lehrreich.
    Caputh ist eines der größten Dörfer der Mark, eines
    der längsten gewiß; es mißt wohl eine halbe Meile.
    Daß es wendisch war, besagt sein Name. Was dieser
    bedeutet, darüber existieren zu viele Hypothesen, als
    daß die eine oder andere viel für sich haben könnte.
    So zweifelhaft indes die Bedeutung seines Namens,
    so unzweifelhaft war in alten Zeiten die Armut seiner
    Bewohner. Caputh besaß keinen Acker, und die gro-
    ße Wasserfläche, Havel samt Schwielow, die ihm vor
    der Tür lag, wurde von den Potsdamer Kiezfischern,
    deren alte Gerechtsame sich über die ganze Mittel-
    havel bis Brandenburg hin erstreckten, eifersüchtig
    gehütet und ausgenutzt. So stand es schlimm um die
    Caputher; Ackerbau und Fischerei waren ihnen

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    gleichmäßig verschlossen. Aber die Not macht erfin-
    derisch, und so wußten sich denn schließlich auch die
    Bewohner dieses schmalen Uferstreifens zu helfen.
    Ein doppeltes Auskunftsmittel wurde gefunden; Mann
    und Frau teilten sich, um von zwei Seiten her anfas-
    sen zu können. Die Männer wurden Schiffer , die
    Frauen verlegten sich auf Gartenbau .
    Die Nachbarschaft Potsdams, vor allem das rapide
    Wachstum Berlins waren dieser Umwandlung, die
    aus dem Caputher Tagelöhner einen Schiffer oder
    Schiffsbauer machte, günstig, riefen sie vielleicht
    hervor. Überall an Havel und Schwielow hin entstan-
    den Ziegeleien, und die Millionen Steine, die jahraus,
    jahrein am Ufer dieser Seen und Buchten gebrannt
    wurden, erforderten alsbald Hunderte von Kähnen,
    um sie auf den Berliner Markt zu schaffen. Dazu bo-
    ten die Caputher die Hand. Es entstand eine völlige
    Kahnflotte, und mehr als sechzig Schiffe, alle auf den
    Werften des Dorfes gebaut, befahren in diesem Au-
    genblicke den Schwielow, die Havel, die Spree. Das
    gewöhnliche Ziel, wie schon angedeutet, ist die
    Hauptstadt. Aber ein Bruchteil geht auch havelab-
    wärts in die

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