Wanderungen durch die Mark Brandenburg
Rohrschen Herrenhauses zu schmücken.
Im ersten Stocke desselben befindet sich eine
Rüst- und Antiquitätenkammer von sehr un-
gleichem Wert; Gleichgültiges und Alltägliches
steht neben wirklichen Raritäten. Das Se-
henswerteste ist ein kleiner Holzaltar, viel-
leicht von vier Fuß Höhe, der zwischen seinen
beiden Säulchen ein ziemlich gut gemaltes
Heiligenbild trägt. Wahrscheinlich stellt es ei-
ne heiliggesprochene schlesische Fürstin (die
heilige Hedwig) dar, denn dies Frauenbild,
voll schöner Milde im Ausdruck, hält in der
Linken einen Krummstab, während ihre rechte
Hand auf einer Grafen- oder Fürstenkrone
ruht. Dieser Altar befand sich in einem schle-
sischen Kloster, wo bald nach der Schlacht
von Hohenfriedberg der damalige Generalma-
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jor von Zieten Quartier genommen hatte. Bei
Tische saß er im Refektorium des Klosters
diesem Bilde gegenüber und sah lange zu ihm
auf. Die Äbtissin, die von Zietenschen Husa-
ren nicht das Beste erwarten mochte, nahm
Anstoß daran, und es kam zu einem Gespräch
zwischen ihr und dem General. Er sagte ihr
unbefangen, daß er das Bild betrachte, weil
es ihn Zug um Zug an seine geliebte Frau,
fern daheim am Ruppiner See, erinnere, und
das Gespräch nahen nun eine freundliche
Wendung. Bald darauf erfolgte der Weiter-
marsch. Einige Tage später bemerkte Zieten
eine riesige Kiste auf einem seiner Gepäck-
wagen und begann zu schelten. Da hieß es
denn zur Entschuldigung: Die Nonnen hätten
die Kiste aufgeladen und Vorsicht eigens zur
Pflicht gemacht, denn sie gehöre dem General
Zieten, der sie mit heimnehmen wolle nach
Wustrau. Nun befahl Zieten, die Kiste zu öff-
nen, und man fand – Altar und Altarbild.
2. Außer diesem einfachen Husarensäbel existie-
ren noch zwei Zietensche Prachtsäbel , von
denen er den einen 1762 vom Kaiser Pe-
ter III. von Rußland, den anderen, einen
»türkischen«, schon vorher (1746) von König
Friedrich II. zum Geschenk erhielt. Von die-
sem erhielt er auch gegen Ende seines Lebens
einen Krückstock . Die Krücke desselben ist
von Elfenbein, und ein eigenhändiges Schrei-
ben des Königs läßt sich in gemütvoller Weise
darüber aus, warum sie von Elfenbein und
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nicht von Gold sei. Stock und Handschreiben
befinden sich beide in der Großherzoglichen
Bibliothek zu Weimar. Der von Peter III. her-
rührende Prachtsäbel ist im Besitze des Zie-
tenschen Husarenregiments. Zietens Tigerde-
cke sowie seine Zobelmütze mit dem Adler-
flügel befanden sich früher in der Berliner
Kunstkammer und sind jetzt, wenn ich nicht
irre, im Hohenzollern-Museum in Schloß Mon-
bijou.
Kaum minder interessant als dieser im ganzen Kriege
nur einmal gezogene Säbel sind die sechzehn le-
bensgroßen Bildnisse, die ringsum die Wände bede-
cken. Es sind die Portraits von sechzehn Offizieren
des Zietenschen Regiments, alle 1749, 1750 und
1751 gemalt. Die Namen der Offiziere sind folgende:
Rittmeister Langen, von Teiffel, von Somogy, Calau
von Hofen, von Horn, von Seel, von Wieck, von
Probst, von Jürgaß, von Bader; die Lieutenants von
Reitzenstein, von Heinecker, von Troschke und die
Cornets von Schanowski, Petri und von Mahlen. Mit
Ausnahme des letzteren starben sie all' im Felde ; von Seel fiel als Oberst bei Hochkirch, von Heinecker
bei Zorndorf, von Jürgaß bei Weiß-Kostulitz. Von
Wieck starb als Kommandant von Komorn in Ungarn;
wie er dort hinkam – unbekannt. Im ersten Augen-
blick, wenn man in den Saal tritt und diese sechzehn
Zietenschen Rotröcke mit ungeheuren Schnauzbär-
ten auf sich herabblicken sieht, wird einem etwas
unheimlich zumute. Sie sehen zum Teil aus, als seien
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sie mit Blut gemalt, und der Rittmeister Langen, der
vergebens trachtet, seinen Hasenschartenmund
durch einen zwei Finger breiten Schnurrbart zu ver-
bergen, zeigt einem zwei weiße Vorderzähne, als
wollt er einbeißen. Dazu die Tigerdecke – man möcht
am liebsten umkehren. Hat man aber erst fünf Minu-
ten ausgehalten, so wird einem in dieser Gesellschaft
ganz wohl, und man überzeugt sich, daß eine Ru-
benssche Bärenhatz oder ähnlich traditionelle Saal-
und Hallenbilder hier viel weniger am Platze sein würden. Die alten Schnurrwichse fangen an, einem
menschlich näherzutreten, und man erkennt schließ-
lich hinter all diesem Schreckensapparat die wohlbe-
kannten märkisch-pommerschen Gesichter, die nur
von Dienst wegen das Martialische bis fast zum Dia-bolischen
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