Wanderungen durch die Mark Brandenburg
Wirtschaftsgebäude wegragte, während ihm ge-
genüber, alles Pappelgestrüpps unerachtet, der klei-
ne Pieskower Kirchturm immer deutlicher hervortrat.
Beide Dörfer lockten mich, das eine wie das andere,
da das Fuhrwerk aber geschont werden mußte, so
beriet ich mit Moll und proponierte, daß er mit den
Pferden unmittelbar auf das an unsrer eigentlichen
Reiselinie gelegene Pieskow fahren solle, während
ich meinerseits erst nach Saarow marschieren und
von dort aus in einem kleinen »Seelenverkäufer«
über den See herüberkommen wolle. Das fand denn
auch seine Zustimmung, wie jede den Weg kürzende
Proposition, und während er sofort auf einem
Schlängelwege bergab und auf die linke Schermüt-
zel-Seite zufuhr, hielt ich mich rechts, um auf einem
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am See hinlaufenden Wiesenpfade bis an den Fahr-
damm und demnächst auf die große Saarower Dorf-
straße zu kommen.
Es war ein wundervoller Weg; über dem blauen Was-
ser wölbte sich der blauere Himmel, und zwischen
den spärlichen Binsen, die das Ufer hier einfaßten,
hing ein ebenso spärlicher Schaum, der in dem
scharfen Ostwinde beständig hin und her zitterte.
Holz und Borkestücke lagen über den Weg hin zer-
streut, andre dagegen tanzten noch auf dem flim-
mernden See, der im übrigen, all diesem Flimmern
und Schimmern zum Trotz, einen tiefen Ernst und
nur Einsamkeit und Stille zeigte. Nirgends ein Fi-
scherboot, das Netze zog oder Reusen steckte, ja
kaum ein Vogel, der über die Fläche hinflog. Oft hielt
ich an, um zu horchen, aber die Stille blieb, und ich
hörte nichts als den Windzug in den Binsen und das
leise Klatschen der Wellen.
Und endlich auch die Schläge, die vom Pieskower
Turm her zu mir herüberklangen. Ich zählte zwölf, es
war also Mittag, und ehe der letzte noch ausge-
summt hatte, war ich auch schon bis an die Stelle
heran, wo mein Fußweg in die vorerwähnte Saarower
Dorfgasse mündete.
Dicht am Eingange saß ein Mütterchen auf einem
Strauch- und Reisigbündel, das sie sich aus der Hei-
de geholt, und grüßte mich. Alte Weiber sollen kein
Glück bringen, aber wenn sie freundlich sind und
einem einen »Guten Tag« bieten, so hat es mit der
ganzen Jägerweisheit nicht viel auf sich. Und so blieb
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ich denn auch stehen und sagte: »Na, Mutterchen, is
wohl ein bißchen schwer? Und die Sonne sticht heut
so. Sie müssen die Kinder in den Wald schicken. O-
der haben Sie keine?«
»Woll, Kinner hebb ick un Enkelkinner ook. Awers se
wulln joa nich. Un se künn' ook nich. Se möten joa all in de School.«
»Ja, ja. Alles muß in die Schule. Haben Sie denn
auch 'ne Kirche in Saarow?«
»Nei. Wi möten nach Reichenwald.«
»Richtig. Ich erinnere mich. Das ist da, wo sie den
alten Rittmeister begraben haben. Haben Sie den
noch gekannt?«
»O wat wihr ick nich? He wihr joa so in mine Joahr.
Woll hebb ick em kennt.«
»Und wie war er denn?«
»Na, he wihr joa sowiet janz goot. Bloot man en bee-
ten schnaaksch un wunnerlich un ok woll en beeten
to sihr för de Fruenslüd. Awers nu is he joa dod.«
»Und hat wohl ein Denkmal? Ich meine so was von
Stein oder Eisen. Eine Figur oder einen Engel mit
'nem Spruch oder Gesangbuchvers.«
»Nei. För so wat wihr he nich.«
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»Und is sonst noch was in Saarow zu sehn?«
»Ick glöw nich. Veel is hier nich in Saarow. En nijen
Kohstall...«
»Aber drüben in Pieskow?«
»Joa, in Pieskow. O woll, versteiht sich. In Pieskow,
da möt wat sinn.«
»Na, dann werd ich mal sehn. Ich dank auch schön,
Mutterchen.« Und damit ging ich weiter in das Dorf
hinein.
Wirklich, in Saarow war nicht viel, und als ich mich
genugsam davon überzeugt hatte, hielt ich mich auf
den See zu, wo nach meiner Meinung eine Fähre sein
mußte. Nach einigem Suchen sah ich ein angekettel-
tes Boot liegen und dicht daneben ein Häuschen, an
das drei, vier Ruder angelehnt waren. Also hier war
es mutmaßlich. Ich trat denn auch ein und fand eine
Frau, die sich, auf eine Stuhllehne gestützt, von hin-
ten her über ihren etwa zwölfjährigen Jungen bog
und ein Exempel mit ihm rechnete, das diesem blut-
sauer zu werden schien. Als ich ihr mein Anliegen
vorgetragen hatte, sagte sie kurz, aber nicht un-
freundlich, »sie habe nur den Jungen zu Haus, ob ich
mit dem fahren wolle«.
»Gewiß.«
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Und so stieg ich denn ins Boot und setzte mich so,
daß ich dem Jungen, der rückwärts saß, grad in die
Augen sah. Als wir schon abstießen, kam auch
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