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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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Dinge nicht gleichgültig fort, und wenn
    auch selbstverständlich die großen Geschichtsbücher
    nicht Zeit und Platz haben, ein Aufhebens davon zu
    machen, so tuen es doch die Kirchen und Krypten
    überall da, wo solche Schwertmagen und Kriegsgur-

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    geln zu Hause waren. Und da gibt es denn immer
    allerlei Fahnenfetzen und zerbröckelte Feldmar-
    schallsstäbe, Kettenkugeln und Stulpstiefel, und un-
    ter Umständen auch wohl rostige Degen, mit denen
    ein Bruder den andern über den Haufen gestochen.
    Ist denn gar nicht so was hier? Es ist doch eigentlich
    gênable für eine berühmte alte Familie, wenn all
    dergleichen bei Toten und Lebendigen fehlt. Es darf nicht fehlen. Es muß dergleichen geben.«
    »Und es hat auch dergleichen gegeben. Hier in dieser Kirche. Wenn ich sage ›dergleichen‹, so mein ich
    nicht Degen mit Brudermord, denn ich will mir nichts
    an den Hals reden. Aber Grabsteine mit Inschriften
    und Engelsköpfen, und einen kupfernen Sarg mit
    einem Kuckfenster oben, all das und manch andres
    noch war da. Darüber ist kein Zweifel.«
    »Und Sie haben das alles selber noch gesehn?«
    »Oh, nein. Es war das alles lange vor meiner Zeit,
    und das wenige, was ich davon weiß, weiß ich von
    unserm alten Emeritus und von der Mutter Rent-
    schen, die noch die frühere Steinkirche gekannt hat
    und mal mit unten in der Gruft war, als sie die Särge
    schoben und zusammenrückten, um Platz für den
    letzten zu schaffen. Denn die Pieskowschen gingen
    eher ein als die Saarowschen. Und der mit dem
    Kuckfenster habe ganz bös ausgesehn und den Kopf
    geschüttelt, als ob er's nicht leiden wolle. Denn er sei schon bei Lebzeiten immer sehr stolz gewesen und
    habe sich nicht gerne beiseite schieben lassen. Es ist

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    natürlich alles Dummheit und ungebildet, aber die
    Leute machen sich nun mal solche Geschichten.«
    »Und tuen auch recht daran. Es liegt doch immer
    was drin. Und ist denn die Gruft nicht mehr da? Den
    mit dem Kuckfenster säh ich gerne.«
    »Nein, die Gruft ist nicht mehr da, sie haben sie zu-
    geschüttet. Aber hier rechts neben dem Altar, wenn
    Sie mit Ihrem Stock aufklopfen wollen, da können
    Sie's noch deutlich hören. Es klingt alles hohl.«
    Ich ließ auf diese Weisung hin meinen Stock auch
    wirklich fallen, und als ich mich überzeugt hatte, daß
    er recht habe, dankt ich ihm und verließ die Kirche
    mit dem Hoch- und Vollgefühle, die Löschebrandsche
    Gruftstelle nicht bloß hypothetisch ermutmaßt, son-
    dern sie mit Hülfe des »hohlen Klanges« über jeden
    Zweifel hinaus historisch festgestellt zu haben.
    Es war nun Zeit, mich nach unsrem Wagen umzu-
    sehn, und ich hatt auch nicht lange danach zu su-
    chen. Er hielt drüben an der andern Seite des Kirch-
    platzes, vor einem sehr niedrigen Hause, von dessen
    Dache sich das Moos mit der Hand wegfegen ließ. Es
    war ganz ersichtlich der Krug, auch ein Schild
    schimmerte herüber, aber die Pferde waren nicht
    ausgespannt und fraßen einfach aus einer Stehkrip-
    pe. Neben der Tür bemerkt ich Moll, und als er mich
    kommen sah, kam er mir entgegen und lüpfte me-
    lancholisch den Hut.
    »Ich dachte, Sie wollten ausspannen, Moll.«

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    »Ich wollt auch. Man bloß es ging nicht. Is das eine Gegend! In Saarow is nichts, das kenn ich, und hier
    in Pieskow is gar nichts.«
    »Aber die Leute werden hier doch einen Stall ha-
    ben?«
    »Is schon richtig. Aber keinen Pferdestall. Alles, was
    sie haben, is 'ne Ziege un, wenn's hoch kommt, 'ne
    Kuh. Und wer ein paar Pferde hat, na, der hat auch
    ein bißchen Acker und krügert nich und hat nich
    Lust, zu dienern und zu katzenbuckeln und einem
    groben Knecht einen doppelten Bittern einzuschen-
    ken.«
    »Ich versteh. Aber wissen Sie, mich friert hier trotz
    aller Sonne. Kommen Sie, Moll, wir wollen es drin
    versuchen. Es wird doch wohl warm sein.«
    Und so traten wir in die Krugstube.
    Drinnen war es auch wirklich warm. Aber außer der
    dicken Luft rührte sich nichts, trotzdem sich drei
    Menschen in der Stube befanden. Auf einer Ofen-
    bank, die Füße weit vorgestreckt, saß eine Frau von
    vierzig oder mehr und hatte beide Hände hoch unter
    ihre Schürze gelegt, als verberge sie was. Es war
    aber nur Angewohnheit. Ihr zur Seite rekelte sich
    ihre vierzehnjährige Tochter, ein hübsches, schlank
    aufgeschossenes Ding, und beschäftigte sich damit,
    einen blauen Wollfaden um ihren Zeigefinger herum-
    und dann wieder abzuwickeln. Am erfreulichsten war
    das jüngste Mitglied der Familie, das

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