Wanderungen durch die Mark Brandenburg
allgemeinen Verhaßt-
sein des Bischofs« mochte Luther im großen und
ganzen recht haben; andrerseits aber war es nicht
minder gewiß, daß er, der Bischof, beim Kurfürsten
Joachim in hohen Gnaden stand. Ungesäumt ließ
dieser letztre denn auch einen Befehl ergehen, in
welchem er das ganze märkische Land aufforderte,
seine Kraft einzusetzen, um vor Sonnenwalde zu
ziehn und das alte Minckwitzen-Schloß zu zerstören.
Es fehlte nicht an Geneigtheit, diesem Befehle nach-
zukommen, und bloß aus der Stadt Wittstock er-
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schienen 140 wohlbewaffnete Bürger, die der Havel-
berger Bischof in Person dem Kurfürsten und seinem
Heere zuführte, welches letztre sich bei Berlin zu-
sammenzog und, nach der Angabe mehrerer in dem
spätern Prozeß als Zeugen auftretenden Edelleute,
aus 6000 Reitern und 40 000 Mann Fußvolk bestand.
Aber auch Minckwitz war nicht müßig. Er suchte
nicht bloß sein Schloß, das ohnehin für fast unein-
nehmbar galt, in noch besseren Verteidigungszu-
stand zu setzen, sondern ging auch außer Landes,
um Truppen anzuwerben, mit denen er, wenn Joa-
chim vor Sonnenwalde zöge, seinerseits in die Mark
einfallen wollte.
Keinenfalls war Minckwitz gefährdeter als der Kur-
fürst, eine Meinung, die Luther teilte. »Dem Anschei-
ne nach«, so schrieb er, »befindet sich der Markgraf
in größerer Gefahr als Minckwitz, denn dieser hat
seine Burg befestigt und ist bereit, den Angriff des
Markgrafen auszuhalten. Er selbst soll jedoch außer
Landes gereist sein und will vielleicht, während der
Markgraf belagert, allerlei anderes ins Werk setzen.
Und wer weiß, ob nicht Gott damit anfängt, den
Markgrafen heimzusuchen wegen seiner schamlosen
Pläne, deren er so viele hegt und so ohne Ende. Ich
bitte Gott um Frieden und hätte dem Markgrafen
alles andre als den Krieg geraten. Alle Leute sagen,
die Burg des Minckwitz sei nicht einzunehmen, wenn
die Soldaten sie treu verteidigen wollen.«
Dieser Ansicht schien sich schließlich der Kurfürst
selber zuzuneigen, denn anstatt das erwähnte statt-
liche Heer, dessen Zusammenziehung ihm
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50 000 Gulden gekostet hatte, gegen Sonnenwalde
marschieren zu lassen, ließ er es nach vierzehntägi-
gem Zusammensein wieder auseinandergehn und
entschloß sich, zu Minckwitzens Bestrafung, einen
andern, ungefährlicheren Weg einzuschlagen. Er
reichte nämlich Klage gegen ihn als Landfriedensbre-
cher beim Reichskammergericht zu Wetzlar ein und
hatte denn auch die Genugtuung, die Reichsacht ü-
ber denselben ausgesprochen zu sehn.
Der Verklagte war nun vogelfrei, dem Anschein und
dem Wortlaute nach ein toter Mann. Aber über bloße
Worte kam es nicht recht hinaus.
Der Bischof Georg von Blumen-
thal dringt in den Kurfürsten Joa-
chim auf energisches Einschreiten
gegen Nickel Minckwitz
Nickel Minckwitz, während die Reichsacht über ihn
verhängt war, trieb sich in deutschen Landen umher
und suchte bald hier, bald dort Sicherheit vor den
Nachstellungen des Kurfürsten und des Bischofs von
Lebus. Im Jahre 1532 durchzog er Niedersachsen
und Holstein. Eine Zeitlang hielt er sich bei dieser
Gelegenheit in Lübeck auf, dessen Magistrat ihn aber
auf ein von Cölln an der Spree her erhaltenes War-
nungsschreiben, »einem bekannten Ächter keinen
Aufenthalt gestatten zu wollen«, zu schleuniger Ab-
reise veranlaßte. Minckwitz begab sich nun ins Meck-
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lenburgische, woselbst ihn Eggert von Quitzow auf
Voigtshagen und die Parkenthine zu Dassow in
Schutz nahmen. Einst sah er sich hier durch den bi-
schöflich ratzeburgischen Hauptmann – der als sol-
cher in direkten Diensten des Bischofs Georg stand –
in der Gegend von Voigtshagen überrascht, war aber
glücklich genug, uneingeholt das Schloß erreichen zu
können, dessen Brücke nun hinter ihm aufgezogen
wurde.
Soviel Glück dies einerseits war, so war doch andrer-
seits des Minckwitzen Aufenthalt durch ebendiesen
Vorfall verraten worden, und Bischof Georg forderte,
sobald er davon gehört hatte, des Kurfürsten ernste
Verwendung bei den Herzögen Albrecht und Heinrich
von Mecklenburg. Joachim zeigte sich auch willig,
und alsbald wurde der Hauptmann zu Ruppin, Mat-
thias von Oppen, ferner der Hauptmann zu Zehde-
nick, Hans von Hake, und der Kurfürstliche Rat Franz
Neumann an den mecklenburgischen Hof abgesandt,
nicht um Minckwitzens direkte Verhaftung und Auslieferung, sondern nur um einen Befehl an den Eg-
gert Quitzow und die
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