Wanderungen durch die Mark Brandenburg
Parkenthine, »den Geächteten
nicht länger bei sich hausen zu lassen«, auszuwir-
ken. Aber aller angewandten Mühen ungeachtet ge-
lang es der Gesandtschaft nicht , die Herzöge nach Wunsch umzustimmen, die sich vielmehr einer um
den andern aus der Residenz entfernten. Als sich die
Kurfürstlichen Räte schließlich überzeugen mußten,
daß sie den Zweck ihrer Sendung nicht erreichen
würden, entschlossen sie sich ebenfalls zur Abreise.
Joachim benachrichtigte nunmehr den Georg von
Blumenthal von diesem entschiedenen Mißerfolg,
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empfing aber nur ein in herben und doch zugleich
klug berechneten Ausdrücken abgefaßtes Antwort-
schreiben, worin er seitens des Bischofs zu ferneren
und kräftigeren Maßregeln in dieser Angelegenheit
aufgefordert wurde. »So nun Herzog Heinrich«,
schrieb der Bischof, »nicht begnügig Antwort gibt, so
achten Wir dafür, daß statt seiner wenigstens Herzog
Albrecht etwas tu, auf daß Eure Kurfürstliche Durch-
laucht nicht in Schimpf besitzen bleib und bei die
Leut verachtet werd, dieweil der eine Parkenthin zu
Unserm Hauptmann gesagt hat: ›er acht Eure Kur-
fürstliche Durchlaucht nicht besser als seine Bau-
ern‹.«
Nickel Minckwitz demütigt sich
vor dem Kurfürsten, und der
Streit wird geschlichtet
Es war dies Schreiben, wie schon angedeutet, auf die
Schwächen und Empfindlichkeiten des Kurfürsten
sehr geschickt berechnet, und wohl möglich, daß es
in dem gewünschten Sinne gewirkt und energischere
Schritte veranlaßt hätte, wenn nicht eben jetzt von
andrer Seite her ein Ausgleich gekommen wäre. Die
Zeit war nämlich nun da, wo der seit Jahren beim
Reichskammergericht schwebende Prozeß, über die
bereits stattgehabte Reichsachtserklärung hinaus,
einer endgültigen Entscheidung entgegensah, einer
Entscheidung, von der nicht bloß Nickel Minckwitz,
sondern, was wichtiger war, auch die verschiedenen
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Freunde, die sich für ihn verbürgt, allerlei zu be-
fürchten hatten. Und dies wurde schließlich Grund,
daß man Minckwitz bestimmte, sich vor dem Kurfürs-
ten zu demütigen. Es geschah dies zeremoniös, im
Stil einer Staatsaktion, und am 22. Oktober 1534
erschien Beklagter auf dem Schlosse zu Cölln an der
Spree vor großer und feierlicher Versammlung, um
zunächst vor dem Kurfürsten einen Fußfall und gleich
danach vor dem Bischof und der Gesamtheit der
Stände »demütiglich Abbitte zu tun«. Und nachdem
dies vorüber, erklärten Minckwitzens in Person an-
wesende Freunde: Graf Mansfeld, Graf Eberstein-
Naugard, vier Grafen Schlick, Johann Burggraf zu
Dohna auf Königsbrück, ein Herr von Biberstein, Jan
von Schönburg zu Hoyerswerda, acht Ritter und
fünfundzwanzig andre angesehene Edelleute, »daß
sie sich verpflichteten, dem Kurfürsten mit
200 wohlgerüsteten Pferden auf ihre Kosten und Ge-
fahr vier Monate lang getreue Kriegsdienste leisten
zu wollen, eine Verpflichtung, die durch Minckwitzens
Tod nicht aufgehoben werden solle«. Zugleich ver-bürgten sie sich für diesen letzteren dahin, daß er
(Minckwitz) sich an niemanden rächen, auch alle
Orte, wo der Kurfürst verweile, desgleichen auch die
Stadt Fürstenwalde, für immer meiden solle.
Die Handlung schloß damit, daß der Kurfürst und der
Bischof ihm Verzeihung angedeihen ließen und ihn
wieder in Gnaden annahmen. Ja, Joachim, so we-
nigstens wird erzählt, soll, entzückt von der klugen
Art, die der Beklagte während all dieser Vorgänge
gezeigt, ihn schließlich zur Tafel gezogen haben. Und
als sie nun becherten und der Kurfürst ihn fragte:
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»was er denn wohl getan haben würde, wenn ihm
die geplante Gefangennehmung des Bischofs ge-
glückt wäre«, soll er im Übermute geantwortet ha-
ben: »Si pervenisset in meam potestatem testiculos
episcopales ipse amputassem« – eine Antwort, die,
nach Sitte der Zeit, unter allgemeinem Ergötzen, und
nicht zum wenigsten des Kurfürsten selbst, entge-
gengenommen wurde.
So verlief die Fehde.
Der alte Queiß war längst vorher hingestorben, und
längst hingestorben seitdem ist der Queißen altes
Geschlecht. Auch von dem Herrenhause, darin der
Streit entstand, ist nichts mehr da; was jetzt diesen
Namen führt, ist ein verhältnismäßig moderner Bau,
wahrscheinlich aus der Zeit Friedrich Wilhelms I.
Alles, was auch nur entfernt an Mittelalter und Ritter-
tum und Auflehnung erinnern könnte, hat die Zeit
getilgt, und nichts ist mehr vorhanden als ein
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