Wanderungen durch die Mark Brandenburg
bischöflichen
Burg hin frei. Freilich ohne daß man auf Minckwitzi-
scher Seite noch irgendeinen Vorteil davon gezogen
hätte, denn als die Rotte bald danach in die Burg
einstürmte, fand sie nur noch das leere Nest. Der
Bischof hatte Zeit gefunden, seine Flucht zu bewerk-
stelligen, und nur wenige Dienstleute wurden zu Ge-
fangenen gemacht, darunter Matthias von Blumen-
thal, des Bischofs Bruder.
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Das däuchte nun den Minckwitzischen zuwenig, und
wenn es ihnen anfänglich unzweifelhaft nur um die
Person des Bischofs zu tun gewesen war, so ließ sie jetzt der Ärger alle guten Vorsätze vergessen, und
Minckwitz selber erteilte Befehl oder gestattete doch
wenigstens, daß das bischöfliche Schloß, die Domkir-
che, das Rathaus und das Domherrnviertel geplün-
dert werde. Was sich denn auch unverzüglich ins
Werk setzte. Selbst die kirchlichen Gefäße, die Pate-
nen und Abendmahlskelche, wurden nicht verschont,
und das Zerstörungswerk geschah um so gründlicher
und rücksichtsloser, als sich unter den Plünderern
bereits sehr viele befanden, die Gegner und Veräch-
ter der katholischen Kirche waren. Im Kreise der
Anführer aber richtete sich das Hauptaugenmerk auf
ihre beim Domkapitel aufbewahrten Verschreibungen
und Schuldscheine, die nun, soweit sie zur Stelle
waren, entweder vernichtet oder mitgenommen wur-
den. Weniger glücklich war Minckwitz in Person, der
den im Dom aufbewahrten Domschatz in seine Ge-
walt zu bringen hoffte. Die Sakristei, darin er ihn
mutmaßte, wurde bis unter den Fußboden unter-
sucht, aber ein Fleckchen übersah er: den durch die geöffnete Sakristeitür gebildeten Winkel. Und gerade
hier stand der Kasten, der den Domschatz bewahrte.
Zuletzt richtete sich die Stimmung, wie man kaum
anders erwarten konnte, gegen die Stadt selbst, und
als einer aus der Rotte bemerkte, »daß die Bürger-
schaft an dem Scheitern ihres Anschlages eigentlich
schuld sei, weil ihr Widerstand dem Bischofe Zeit zur
Flucht gegeben habe«, fiel man ohne weitres über
die Bürger her. Einer, der sich widersetzen wollte,
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verlor sein Leben, und nur zwei Häuser entgingen
der allgemeinen Plünderung: eines dadurch, daß der
Brauer, der es bewohnte, die heiße Malzbrühe den
Anstürmenden auf die Köpfe goß, ein andres da-
durch, daß man von innen her ein langes weißes La-
ken aushängte, wie wenn ein Toter im Hause sei.
Nach ein paar Stunden endlich hatte sich das Unwe-
sen ausgetobt, und der ganze Zug zog wieder heim-
wärts und nahm des Bischofs Bruder gefangen nach
Sonnenwalde mit.
Der Bischof Georg von Blumen-
thal sucht Schutz beim Kurfürs-
ten, und Nickel von Minckwitz
wird flüchtig
Der geflüchtete Bischof eilte geradenweges nach der
Grimnitz, wo sich Kurfürst Joachim eben aufhielt.
Dieser, nach empfangenem Bericht, befahl einem
seiner Diener, dem Martin Böhme, mit acht Reitern
den Räubern nachzusetzen, um wenigstens in Erfah-
rung zu bringen, wo sie den Raub zu bergen gedäch-
ten. Dies märkische Détachement aber, das für seine
Aufgabe viel zu schwach war, wurde zu Dobrilug von
den Minckwitzischen überrascht, und Martin Böhme
selbst fiel, als er eben sein Pferd besteigen wollte,
durch einen Dolchstoß von Schliebens Hand. Seine
Reiter wurden gefangengenommen und erst nach
Jahresfrist von Sonnenwalde wieder entlassen.
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All dies machte den größten Lärm, und als Luther in
Wittenberg davon hörte, war er höchst unzufrieden
und schrieb an einen Freund: »Ich habe hier weiter
nichts erfahren, als daß Nikolaus von Minckwitz mit
einer zusammengebrachten Schar die Stadt Fürs-
tenwalde, den Sitz des lebusischen Bischofs, überfal-
len hat. Ich weiß nicht, aus welchem Grunde und zu
welchem Zweck. Es mißfällt mir aber außerordent-
lich, wenngleich es heißt, daß alles ohne Mord und
Brand geschehen und daß vielmehr nur geplündert
worden sei. Wenn ich von Mißfallen spreche, so heg
ich ein solches nicht bloß darum, weil sich das Un-
ternehmen gegen die staatliche Gewalt richtete,
sondern namentlich deshalb, weil es das Evangelium
mit einer neuen großen Gehässigkeit belastet. So
zwingt man uns, die Unschuldigen, für die Frevelta-
ten anderer zu büßen. Gäbe doch Christus, daß dem
ein Ende sei, vor allem aber, daß jener Minckwitz
nicht noch Schlimmeres begehe. Was übrigens den
Lebuser Bischof betrifft, so soll er in der ganzen Mark überall verhaßt sein.«
In dieser Annahme »von dem
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