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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

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Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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»Insti-
    tut«, in betreff dessen ich in einem Nachschlagebu-
    che das folgende fand: »Das für weibliche Erziehung
    strebsam Fräulein Michelsen hat 1856 in Blossin eine
    Näh- und Strickschule errichtet.«
    Tempora mutantur.

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    Die Wendische Spree
    An Bord der »Sphinx«

    Daß ich des Großen Werdepunkt erseh,
    Hinauf zur Quelle denn der Wend'schen Spree,
    Die, rätselvoll, in Sumpf und Sandes Mitten,
    Im Dunkel ruht, bezweifelt und bestritten.

    Am 6. Juli vormittags empfing ich folgende vom Tage
    vorher datierten Zeilen: »Sehr geehrter Herr. Es
    würde mich außerordentlich freuen, Sie an einer
    Bootexpedition teilnehmen zu sehen, die seitens der
    ›Sphinx‹ am 7. früh von Köpenick aus unternommen
    und bis Teupitz ausgedehnt werden soll. Es handelt
    sich, nach vorgängiger Passierung befahrener Was-
    serstraßen, um ein Vordringen bis zu den See- und
    Quellgebieten der ›Wendischen Spree‹, Gebiete, die
    selbst Ihnen vielleicht auf Ihren märkischen Wande-
    rungen unerschlossen geblieben sind. Einer briefli-
    chen Rückäußerung bedarf es nicht; ich und einige
    Freunde sehen Ihrem Eintreffen am 6. abends mit
    Bestimmtheit entgegen. Sie finden uns an Bord. Ihr
    Backhusen.« – In einer Nachschrift war hinzugefügt,
    daß die »Sphinx« bereits im Laufe des Tages an der
    Südspitze der Köpenicker Schloßinsel vor Anker ge-
    hen werde.
    Diese Zeilen versetzten mich in eine Aufregung, als
    ob es sich um ein Vordringen bis zu den See- und

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    Quellgebieten des Nils gehandelt hätte. Und so wird
    es immer sein. Die Erfüllung eines Lieblingswun-
    sches, sei der Wunsch selber, wie er wolle, berührt
    uns wie Weihnachtsfreude. Das Herz bleibt ein Kind.
    Ich war sofort entschlossen, an der Expedition teil-
    zunehmen, breitete den »Kreis Teltow« vor mir aus
    und schwelgte vorweg in den blauen Seeflächen, die,
    auf der bunten Rappardschen Karte, den ganzen
    Weg zwischen Köpenick und Teupitz ausfüllen. Hand
    in Hand mit dem Kartenstudium ging ein Studium
    des Bergbaus, Abschnitt »Hydrographische Beschaf-
    fenheit des Spreeflusses«. Was ich dadurch an Ori-
    entierung gewann, sei auch dem Leser nicht vorent-
    halten.
    An der Brücke von Köpenick treffen zwei Flüsse bei-
    nahe rechtwinklig zusammen: die eigentliche Spree und die Wendische Spree, letztere auch »die Dahme« geheißen. Die Wendische Spree, mehr noch als
    die eigentliche, bildet eine große Anzahl prächtiger
    Seeflächen, die durch einen dünnen Wasserfaden
    verbunden sind. Ein Befahren dieses Flusses bewegt
    sich also in Gegensätzen, und während eben noch
    haffartige Breiten passiert wurden, auf denen eine
    Seeschlacht geschlagen werden könnte, drängt sich
    das Boot eine Viertelstunde später durch so schmale
    Défilés, daß die Ruderstangen nach rechts und links
    hin die Ufer berühren. Und wie die Breite, so wech-
    selt auch die Tiefe. An einer Stelle Erdtrichter und
    Krater, wo die Leine des Senkbleis den Dienst ver-
    sagt, und gleich daneben Pfuhle und Tümpel, wo
    auch das flachgehendste Boot durch den Sumpf-
    grund fährt. So diese Wasserstraße. An ihren Ufern

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    hin, ähnlich wie im Spreewald, hielten sich, bis in
    unsere Tage hinein, die wendischen Elemente. Wer
    die Gegend kennt, nennt sie deshalb die »Wendei«.
    Sie hat wenig Dörfer, keine Städte; selbst der Eisen-
    bahnzug geht nur wie eine Erscheinung durch sie
    hin.
    So ungefähr waren die Resultate, die mir Buch und
    Karte bei flüchtigem Studium an die Hand gaben.

    Vor Anker in Köpenick
    (Reisevorabend)
    Am 6. abends war ich in Köpenick. Ich hatte die
    Wahl, ob ich von der Land- oder Wasserseite her an
    Bord gehen wollte, entschied mich aber für letzteres.
    Alle Dinge haben ihr Gesetz. Wer zu einer Parforce-
    jagd geladen ist, muß in einem roten Frack kommen
    oder wegbleiben. Also zu Wasser. Ein Boot führte
    mich um die Schloßinsel herum bis an die Anker-
    bucht, in der die »Sphinx« still und friedlich unter
    einem Dach weit vorgestreckter Ulmenzweige lag.
    Ein leiser Rauch stieg anheimelnd aus ihrem Küchen-
    schornstein auf. Nach kurzem Anruf faßte ich eines
    der zwischen Mast und Schiffswandung straff ausge-
    spannten Taue und kletterte die Stufen, bloße ange-
    nagelte Brettstücke, hinauf. Ich fand die Reisegesell-
    schaft bereits versammelt. Es waren: Kapitän Back-
    husen, Lieutenant Apitz, Supercargo Nettermann. Zu
    diesen drei Herren, die sich als Mitglieder des Seg-

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    lerklubs bereits bei mancher Regatta bewährt

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