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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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den
    Rhein hinunter und jetzt die Themse hinauf, hinauf
    bis an die Londonbrücke, wo die Barken den Strom
    sperren und die hundert Masten der Schiffe seinen
    Blick bezaubern und verwirren. Die Treppe steigt er
    hinan, die halb ausgewaschen zum Quai hinaufführt,
    und das Geräusch der City nimmt ihn auf. Immer
    wachsenderes Gedränge umwogt ihn hier, und end-
    lich Stand nehmend auf der Hügelkuppe von Ludgate
    Hill, wo eben die Quadersteine geschnitten werden,
    aus denen dereinst die neue Paulskirche sich aufrich-
    ten soll, sieht er jetzt, von einem der hohen Stein-
    blöcke aus, die Lord-Mayors-Prozession in altertümli-
    chem Pomp an sich vorüberziehen. Die Themseschif-
    fer in roten Röcken eröffnen den Zug, dann schmet-
    tern Pauken und Trompeten, bis endlich aller andre
    Lärm in dem Jubelgeschrei des Volkes erstickt, denn
    schwerfällig, aus Eichenholz geschnitzt, schwankt
    eben die vergoldete Kutsche heran, und der erwähn-
    te Cityherrscher grüßt mit gravitätischem Kopfnicken
    nach rechts und links.

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    Vereinzelte Kuckucksrufe klingen jetzt leis und wie
    aus weiter Ferne her herüber, und siehe da, der
    kranke Poet unterbricht sich in seinem Figurenzeich-
    nen und horcht auf. Aber wie die Seele gern wieder
    anknüpft an das, was ihr lieb geworden, so fällt er
    alsbald auch in altes Sinnen und Träumen zurück.
    Immer lachendere Bilder ziehen herauf. Es ist wieder
    ein Festzug, eine Prozession, aber diesmal auf heimi-
    schem Grund und Boden, und der Gefeierte ist er
    selbst. Ein Junitag ist's wie heute, nur um so viel
    heiterer und schöner, als die Augen damals heller in
    den Tag hineinsahen: denn neben ihm auf dem brei-
    ten Sitze des Wagens, auf dem er eben einfährt in
    die festgeschmückte, mit Laubgewinden überspannte
    Dorfgasse, sitzt seine heißgeliebte Braut, seit gestern sein Gemahl. Sie zählt nicht zu den leuchtenden
    Schönheiten, aber sie hat jenen blendenden Teint,
    der der Schönheit nahekommt. Ihre blühenden Wan-
    gen wurden rosiger von der Fahrt, und das rotblonde
    Scheitelhaar flattert halb aufgelöst im Winde. Bauern
    zu Pferd und mit bebändertem Hute folgen dem Zu-
    ge, Frauen im Sonntagsstaat stehn in den Türen o-
    der am Heck und heben die Kinder in die Höh, die
    Störche klappern auf allen Dächern, als hätten sie
    mitzureden bei solchem Einzug, und die Feldlerchen
    begleiten von draußen her den Zug und erzählen sich
    hoch oben von dem Glück, das sie drunten gesehn.
    Und ein volles Glück war es, das sie sahn, nicht spär-
    lich zugemessen wie sonst wohl. Denn nicht über
    kurze Tage hin dehnte sich die Zeit der Flitterwo-
    chen, und Blumberg, wie es der tägliche Zeuge voll-

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    kommener Eintracht und innigsten Zusammenlebens
    wurde, wurd auch ein gefeierter Sitz edler Gast-
    freundschaft, ein Mittelpunkt geistigen Lebens, dichterischen Schaffens , wie damals kein zweiter in Mark Brandenburg zu finden war. Johann von Besser, Eusebius von Brandt waren oft und gern gesehene Gäs-
    te, und von hier aus ergingen an den vielbewährten
    Jugendfreund und Studiengenossen unsres Poeten,
    an den Kirchenrat Zapfe in Zeitz, oft wiederholte
    Einladungen, »das Harfenspiel aufs neu von der
    Wand zu nehmen und das Hoflager in Blumberg zu
    beziehen«. Briefe wurden mit einer gewissen Regel-
    mäßigkeit gewechselt, und als die Schilderungen
    ehelichen Glücks, die Canitz regelmäßig mit einem
    »Nun gehe hin und tue desgleichen« zu schließen
    pflegte, endlich ihren Einfluß geübt und den ehrbaren
    Magister und Kirchenrat auch an den Altar geführt
    hatten, da ging von Blumberg ein Gratulationsbrief
    folgenden Inhalts nach Zeitz: »Deine Heirat und die
    Art derselben gefällt mir sehr wohl; weil Du mir aber
    Dein Sach ohne sonderliche Umstände schlechthin
    berichtet hast, so will auch ich Dir in Kürze nur, aber doch immer von Herzen, Glück und Vergnügen wünschen und daß Deine Liebste, wo nicht ein fruchtba-
    rer Weinstock, so doch ein immergrüner Tannen-
    baum sei, dem es an Zapfen niemals fehlen möge.«
    So gingen die Tage. Ein volles Glück war es, ein Glück über Jahre hin und doch zu kurz für das benei-dete Paar, das in seltnem Gleichklang zusammen-
    stimmte. Der alte Neider Tod trat zwischen sie, mit-
    leidslos und unerbittlich, und in Erinnerung an jene
    Tage schwindet ihm jetzt der heitre Traum, und trü-

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    be Bilder ziehen in seiner Seele herauf. An dem La-
    ger einer Sterbenden kniet er. »O daß du bleiben
    könntest!« klingt es bittend von

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