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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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er noch einmal auf den Schauplatz
    berufen, um der schwachen und haltlosen Politik
    George Wilhelms Halt und Richtung zu geben, aber
    wo keine Kraft der Ausführung war, da wogen der
    Rat des Weisen und das Wort des Toren gleich
    schwer, und nach kurzem Verweilen am kurfürstli-

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    chen Hofe zog er sich zum zweiten Mal in die Stille
    seines Landguts zurück. Nur als Beobachter folgte er
    noch den Begebenheiten, und die letzten Jahre sei-
    nes Lebens, im übrigen verbittert durch so manche
    Erfahrung, brachten ihm wenigstens das eine noch,
    daß es ihm vergönnt war, den Stern seines Schwie-
    gersohns, Konrads von Burgsdorf, glänzend aufge-
    hen zu sehn.
    Frau von Burgsdorf . Die Bildnisse des alten Kanzlers und seines Ehegemahls blicken, dem Anbau und der
    Kanzel abgewandt, in das alte Kirchenschiff hinein;
    an der Innenseite der beiden Pfeiler aber, so daß sie
    sich einander ins Auge blickten, hingen bis vor kur-
    zem zwei andre interessante Bildnisse: das der alten
    Frau von Burgsdorf, einer Tochter Johanns von Lö-
    ben, und das ihres Enkels, des Poeten Canitz. Dieses
    tête-à-tête zwischen Großmutter und Enkel ist neu-
    erdings gestört worden; die Kirchenvorstände haben
    das Bildnis des Poeten, ich weiß nicht aus welchem
    Grunde, für eine kaum nennenswerte Summe ver-
    kauft. Es ist dies um so beklagenswerter, als die Kir-
    che jedes andere Bild eher entbehrt haben könnte
    als dieses eine. Denn nicht nur die Glanzzeit Blum-
    bergs fällt in die Tage, wo Canitz hier heitre Gast-
    freundschaft übte, nein, das Dasein des Dorfs über-
    haupt würde kaum jemals über seine nächste Umge-
    bung hinaus bekannt geworden sein, wenn ihm nicht
    die Alexandriner des märkischen Poeten (Canitz) zu
    einem Plätzchen in der Literaturgeschichte und zu
    einem ähnlich guten Klange wie Wandsbek oder Goh-
    lis oder Altengleichen verholfen hätten.

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    Das Bildnis der alten Frau von Burgsdorf, dem wir
    uns jetzt zuwenden, ist wohlerhalten und trägt fol-
    gende Inschrift: »Die verwitwete Frau Oberkammer-
    herrin von Burgsdorf, geborne von Löben, bekommt
    nach Absterben ihrer Frau Mutter alle Güter, so ihr
    Herr Vater, der Herr Kanzler von Löben, in Besitz
    gehabt; stehet solchen mit besondrem Ruhm und
    Leutseligkeit vor; aus Liebe für die blumbergschen
    und eichischen Untertanen legiert sie in ihrem Tes-
    tament den Armen von beiden Gütern ein Kapital von
    500 Talern. Sie setzet annoch bei ihrem Leben den
    klugen Staatsminister Freiherrn von Canitz, als ihren
    einzigen Enkel, zum Erben ihrer Güter ein. Erlanget
    von dem Höchsten die Verheißung langen Lebens
    und bringet solches auf siebenundsiebzig Jahr.«
    Der lebensvolle Kopf, der aus dem schlichten Holz-
    rahmen heraus uns anblickt, ist aber nicht der Kopf
    einer siebenundsiebzigjährigen Greisin, sondern der
    Kopf einer Frau in den besten Jahren, deren Embon-
    point sie siegreich schützte gegen die verräterische
    Furchenschrift einer beginnenden Funfzigerin und
    deren lang herabhängende dunkle Locken noch den
    Vorsatz der Trägerin aussprechen, nicht alt sein zu
    wollen .
    Ihr Kostüm erinnert vielfach an unsre heutige Mode.
    Das Kleid ist weit ausgeschnitten, aber ein reiches
    Kantenhemd umschließt den Nacken bis hoch herauf,
    und allerhand Borten und Schnüre ziehen sich dezent
    über den gestickten Brustlatz hin. Die Ärmel sind
    kurz und weit und überdecken kaum zur Hälfte den
    reichen Unterärmel von Brüsseler Spitzen. Der Ge-

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    sichtsausdruck entspricht dem einer selbstbewußten,
    herrschgewohnten Frau, deren natürliche Gutmütig-
    keit sich gegen die Regungen des Stolzes ebensosehr
    wie gegen die harten Schläge des Schicksals behaup-
    tet hat. An diesen war kein Mangel gewesen. Wenn
    das Leben ihres Vaters Gegensätze geboten hatte, so
    bot das ihre deren mehr. Sie hatte Tage seltenen
    Glückes gesehen, aber auch Tage tiefen Falls. Ihr
    Ehgemahl, eine genialische Natur, halb Held, halb
    Libertin, hatte sich nicht begnügt, wie ihr Vater, der
    Kanzler, als erster Diener neben dem Thron seines Fürsten zu stehn, er war, eine Zeitlang wenigstens,
    seines Herren Herr gewesen, und daß er es unausgesetzt hatte bleiben wollen, das hatte ihn gestürzt.
    Was Kurfürst Friedrich Wilhelm ertragen konnte, als
    er, fast ein Knabe noch, ins Land kam, in ein Land,
    das ihm der schlaue Mut Konrad von Burgsdorfs erst
    schrittweis erschließen mußte, das mußte notwendig
    zur Verstimmung und endlich zum Bruche führen, als
    der jugendliche

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