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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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Verdienst der
    gewählten Sprache, der Reinheit und Eleganz hätten,
    so genügt diese Anerkennung keineswegs; denn es
    ist das ein Zugeständnis, das so ziemlich allen mo-
    dernen Dichtern gemacht werden kann, während
    unter diesen doch nur wenige sind, die für ihre Zeit das Maß von Bedeutung beanspruchen dürfen, das
    Canitz für die seinige besitzt. Er war einer von de-
    nen, denen die Aufgabe zufiel, uns erst eine Sprache

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    und innerhalb derselben ein Gesetz zu geben. Dies
    Geschenk, diese Hinterlassenschaft ist nicht hoch
    genug zu schätzen. Wir stehen auf den Schultern
    derer, die damals tätig waren, und wenn Canitz auch
    nicht in die Reihe der epochemachenden literarischen
    Reformatoren jener Zeit gehört, die sich, wie na-
    mentlich Opitz, für die Gesamt entwicklung deutscher Sprache und Dichtung von nachhaltiger Bedeutung
    erwiesen haben, so war er doch wenigstens für unsre
    Mark das, was andre für weiter gezogene Kreise waren. Er zeigte zuerst, daß die Mark und die Musen
    nicht völlige Gegensätze seien.
    Aber die Verdienste Canitz' sind keineswegs nur
    sprachlicher Natur; seine Gedichte haben auch ihren dichterischen Wert. Es ist wahr, daß er das Dichten zum Teil wie andre angenehme Unterhaltung trieb,
    und er selber nannt es in seinen Briefen »die Kurz-
    weil des Reimens«, aber wir würden ihm doch sehr
    unrecht tun, wenn wir nach jenen zahlreichen Rei-
    mereien, wie sie bei Festspielen, den sogenannten
    »Wirtschaften«, damals Mode waren, den Wert sei-
    ner Dichtung überhaupt abschätzen wollten. Gewiß,
    er trieb das Dichten wie Tagewerk, aber er trieb es
    auch, und zwar im besten Sinne, wie man ein poeti-
    sches Tagebuch führt, darin er allem zu einem dich-
    terischen Ausdruck verhalf, was der Lauf des Tages
    brachte. Der Tag brachte vieles, Großes und Kleines,
    Absonderliches und Alltägliches, und diesen Wechsel
    zeigen auch seine Dichtungen, aber sie sind einig in
    dem einen, daß sie, ob groß, ob klein, ein Erlebtes
    widerspiegeln; sie sind nicht Fiktion, sie sind wirk-
    lich, sie haben einen realen Inhalt; dieser Inhalt ist

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    nicht immer poetisch, weder in sich noch in der Art,
    wie er sich gibt, aber es fehlt auch überall die Ge-
    fahr, sich ins Nichts zu verflüchtigen. Der alte Bod-
    mer sagte von diesen Gedichten: »Canitz legete
    nichts Fremdes in dieselben, was nicht zuvor in seinem Sinn und Herzen gewesen wäre.« Das ist sehr
    richtig, und der Stempel des Echten, Wahrhaftigen,
    an sich selbst Erfahrenen, auch da noch, wo es sich
    um bloße Reflexionen handelt, hält schadlos für den
    fehlenden Hochflug, auch für einen gewissen Mangel
    an Kraft, Originalität und Tiefe, den wir nicht in Ab-
    rede stellen wollen.
    Ein einziges Gedicht rührt von ihm her, das an Spra-
    che, Form und namentlich auch an Innerlichkeit alles weit zurückläßt, was er außerdem geschrieben hat,
    und nicht nur einen relativen, sondern einen vollen
    und unbedingten poetischen Wert beanspruchen
    darf. Es ist dies das Gedicht »An Doris« oder »Über
    den Tod seiner ersten Gemahlin«, wie es in einer
    älteren Ausgabe genannt wird. Es gilt von diesem
    Gedicht etwas Ähnliches, wie Schlegel von Bürgers
    »Leonore« gesagt hat: »daß es allein schon ausrei-
    chen würde, den Namen des Dichters der Nachwelt
    zu überliefern«. Die Zeiten ändern sich freilich, und
    es wird manchem jetzt pedantisch erscheinen, sie-
    benundzwanzig Trauerstrophen, noch dazu die Arbeit
    von Jahren, auf den Tod einer hingeschiedenen, ge-
    liebten Frau gedichtet zu sehn. Aber das Lächeln
    über die altfränkische Mode ist unberechtigt. Es ist
    mit einem solchen Gedicht wie mit einem Bildhauer,
    der seine Frau verliert und ihr ein Monument errich-
    ten will. Er hat sie selbst am besten gekannt, trägt

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    ihr Bild am treusten im Herzen und geht freudig und
    gutes Mutes an die Arbeit . Die Arbeit ist mühevoll und kostet ihm Zeit, aber endlich hat er's erreicht,
    und niemand tritt jetzt heran und wundert sich, daß
    er Jahre gebraucht hat zu einer Schöpfung der Pietät
    und Liebe. So muß man auch eine solche »Trauer-
    ode« auffassen, die damals gemeißelt wurde wie in
    Stein. Wir gestatten jetzt nur noch eine hingeworfe-
    ne Skizze, einen lyrischen Ausruf als Ausdruck des
    Gefühls. Aber beides kann nebeneinander bestehen,
    jedes ist eine berechtigte Art, und es ist einfach
    falsch, zu sagen, die alten Poeten von damals, weil
    sie weder in Desperation noch in Melancholie dichte-
    ten, hätten

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