Wanderungen durch die Mark Brandenburg
inmit-
ten der Provinz. Gleichviel indes, was es war, alljähr-
lich im Monat August oder September kamen hier die
»Beutner und Zeidler« zusammen, und alle Höfe,
besonders aber der Schulzenhof (der durch Jahrhun-
derte hin ein Hauptbienenhof war), öffneten dann
gastlich ihre Tore. Darüber, was auf diesem Konvent
verhandelt wurde, hört man an Ort und Stelle nur
wenig noch, und was man hört, widerspricht sich untereinander. »Ja, wenn die alte Kettlitzen noch
lebte«, heißt es im Tone halb des Bedauerns und
halb der Entschuldigung. Aber die »Kettlitzen« ist bei
solchen Anfragen allemal tot.
Stell ich nachstehend zusammen, was ich mündlich
erfahren oder aus Büchern ersehen konnte, so find
ich, daß der Charakter dieses Bienenkonvents im
Laufe der Jahrhunderte wechselte. Während es sich
in alten Zeiten, allem Anscheine nach, um aus-
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schließlich geschäftliche Regulierungen handelte, war dieser Konvent unter König Friedrich Wilhelm I. eine
halbwissenschaftliche Fachmännerversammlung ge-
worden, auf der man sich Produkte zeigte, Resultate
mitteilte und über Verbesserungen in der Bienen-
zucht nach inzwischen gemachten Erfahrungen be-
riet.
Dieser totale Wechsel hatte wohl darin seinen Grund,
daß zu Beginn des vorigen Jahrhunderts der Honig-
bau ein freies, nach Wunsch der Regierung von je-
dem Bauer und Kossäten zu betreibendes Gewerbe
geworden war, während er bis dahin als ein Spezial-
recht an einem bestimmten Grund und Boden gehaf-
tet und alle Honigbau treibenden Pächter in ein ei-
gentümliches und oft ziemlich kompliziertes Abhän-
gigkeitsverhältnis von dem betreffenden Grundherrn
gebracht hatte.
Besprechung und Regelung dieser Zins- und Pacht-
verhältnisse war es sehr wahrscheinlich, was, wie
schon angedeutet, in früheren Jahrhunderten, in denen man nur die Waldbienenzucht kannte, die märki-
schen Interessenten in diesem Grenzdorfe zwischen
Lebus und Barnim zusammenführte. Neben dem All-
gemeinen aber waren es auch wohl die besonderen
und allerlokalsten Verhältnisse Kienbaums, die zur
Sprache kamen, und mit diesen beschäftigen wir uns
hier ausschließlich.
Kienbaum gehörte in alten Zeiten zu Kloster Zinna,
später, nach der Säkularisation, zu Amt Rüdersdorf.
Amt Rüdersdorf war also Grundherr . Dieser Grund-2612
herr nun, der in andern Dörfern allerlei Viehweide
verpachtete, verpachtete dem Bienendorfe Kienbaum
allerlei Bienenweide , das heißt einen Wald, auf dem die Bienen der kienbaumschen kleinen Leute weiden
konnten. Selbstverständlich schloß sich daran auch
das Recht, das Resultat dieser Weide, den Honig , auf hergebrachte Weise zu »beuten«. Diese Beutner nun
stellten sich, allem Anscheine nach, an einem be-
stimmten Tage bei dem Lehnschulzen ein, der als ein
Beauftragter des »Amts« mit ihnen handelte. Sie
kündigten oder erneuten ihre Pacht, äußerten ihre
Beschwerden (oder nahmen solche entgegen) und
bezahlten ihrerseits ihren Zins in Geld und Honig,
wogegen das Amt seinerseits die Pflicht hatte, sie
mit einem Hammel, einer Tonne Bier und einem
Scheffel Brot zu verpflegen. Später wurde der Pacht-
zins ausschließlich in Geld geleistet, von welcher Zeit an wir von einer auf dem Schulzenhofe befindlichen
Kasse sprechen hören. Diese glich einer kleinen oder
Filial-Rentamtskasse , deren Erträge von Zeit zu Zeit an das Amt selber abgeführt wurden. Daneben aber
scheint sie zugleich auch und vielleicht kaum minder
eine Darlehns- und Prämienkasse gewesen zu sein.
Wer den besten Honig vorzeigen konnte, der wurde
prämiiert, und wer die nötigen Garantien bot, der
erhielt ein Darlehn, um irgend etwas Neues, von dem
man sich Resultate versprach, ins Werk zu setzen.
Das ist alles, was ich aus Mund und Schrift über den
Kienbaumer Bienenkonvent in Erfahrung bringen
konnte. Sowenig es ist, so spricht sich doch Leben,
Eifer und ein gewisses Organisationstalent darin aus.
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Die Bienenzucht in Kienbaum, darüber scheint kein
Zweifel, war von besonderer Vorzüglichkeit, und die-
se Vorzüglichkeit hinwiederum war das natürliche
Resultat einer vorzüglichen Bienen lokalität , das heißt einer andauernden, nie erschöpften Bienenweide.
Solche Lokalitäten, wenn man die höchsten Anforde-
rungen stellt, sind nicht eben allzu häufig, da sich's
darum handelt, den Bienen eine blühende Pflanzen-
welt zu bieten, aus der sie fast sechs Monate lang
unausgesetzt ihren Bedarf einsammeln können.
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