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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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Gesträuch
    In ihren goldnen Panzerröckchen,
    Die Bienen hängen Zweig um Zweig
    Sich an der Edelheide Glöckchen;
    Die Kräuter blühn, der Heideduft
    Steigt in die blaue Sommerluft.
    Th. Storm

    Am Ausgange der Liebenberger Heide, zur Linken
    des Flüßchens Löcknitz, das hier die Grenze zwischen
    dem Lande Lebus und dem Niederbarnim zieht, liegt
    das Dorf Kienbaum.
    Seinen Namen hat es, allgemeiner Annahme nach,
    von einem Kienbaum , der ehedem inmitten des Dorfes stand und bis in die früheste Zeit deutscher Kolo-
    nisierung zurückreichte. Man ließ ihn damals bei der

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    Ausrodung der Waldstelle stehn, und während der
    Baum selber immer neue Jahresringe anlegte, legten
    sich neue Häuser und Hütten um den ursprünglichen
    Ansiedlungskern herum. Jahrhundertelang hielt man
    ihn als Paten, der dem Dorfe den Namen gegeben, in
    besonderen Ehren, und kaum vierzig Jahre mögen
    vergangen sein, daß er umgehauen wurde. Das gan-
    ze Dorf sträubte sich dagegen, aber die selbstsüchti-
    ge Beharrlichkeit des Hofbesitzers, auf dessen
    Grundstück die »Kiehne« stand, blieb doch Sieger,
    und so fiel denn schließlich das Wahrzeichen des
    Dorfes. Einige von den Alten haben mir den Baum
    noch beschrieben und empfinden es als eine Schuld,
    daß er nicht mehr existiert. Es war eine alte knorrige
    Kiefer, eben noch aus der Zeit her, wo man die
    Bäume nicht schwächlichschlank heranzog , sondern es lieber hatte, sie sich knorrig-original entwickeln zu lassen. Der Stamm war nur wenig über mannshoch,
    aber von mehr als drei Ellen Umfang; dabei lag er
    schräg, und sein flaches, ineinandergeflochtenes Ge-
    zweige schuf einen korbartigen grünen Schirm. Im
    Innern war er hohl, nur die Kienstellen hatten sich
    gehalten, und als man ihn endlich der Länge nach
    durchsägte, bildete jede Hälfte eine Art Trog oder
    Mulde.
    Dorf Kienbaum hat sein Wahrzeichen verloren, aber
    es ist doch immer noch ein interessantes Dorf. Es
    bewahrt jenes anheimelnde Stück Romantik, das in
    Abgeschiedenheit und Öde, vor allem aber in einem
    gewissen Hospizcharakter begründet liegt. All diese
    Heidedörfer sind wie Bergungsplätze, wie Stationen
    in der Wildnis, und jeder, den sein Weg irgend ein-

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    mal an einem naßkalten Spätherbstnachmittag über
    Wald und Heide geführt hat, wird diesen Zauber an
    sich selbst empfunden haben.
    Es ist im November, der Nebel sprüht, und die Heide,
    so dünkt dir's, nimmt kein Ende. Kusseln und Kiefern
    und dann wieder Kusseln. Ein jedes Streifen an
    Baum oder Busch schüttet ein Schauerbad über dich
    aus, und das nasse, vergilbte Heidekraut, durch das
    du hindurch mußt, spottet der festesten Sohlen und
    macht dich frieren bis aufs Mark. Nichts begegnet dir
    außer einem schief stehenden Wegweiser, der seine
    müden Arme schlaff zu Boden hängen läßt, oder eine
    Krähe, die den Kopf in das nasse Gefieder einzieht
    und sich trübselig matt besinnt, ob sie auffliegen soll oder nicht. So geht es stundenlang. Endlich lichtet
    sich's, und du trittst auf eine offne Stelle hinaus, die freilich wenig mehr als hundert Schritt mißt und hinter der du die dunkle Kiefernwand aufs neue anstei-
    gen siehst. Aber auf dem freien Stückchen Feld, un-
    ter Ebreschenbäumen, an denen noch die letzten
    roten Büschel hängen, steht doch ein Dutzend Lehm-
    und Fachwerkhäuser, um die herum sich ein Sand-
    weg mit tief ausgefahrenem Geleise zieht. Und das
    erste Haus ist eine Schmiede. Dein fröstelnd Herz
    sieht wie mit hundert Augen in die sprühende Glut
    hinein, und das durch die nebelfeuchte Luft ge-
    dämpfte Picken und Hämmern klingt märchenhaft-
    leise zu dir herüber. Ein Gefühl beschleicht dich, als
    wär alles ein Wunderland oder als läge die Insel der
    Glücklichen vor dir.
    Das ist der Zauber eines »Dorfes in der Heide«.

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    Und solch ein Dorf ist auch Kienbaum. Grund genug,
    ihm einen kurzen Besuch zu machen. Was uns aber
    heut und noch um die Sommerzeit diesem Heidedor-
    fe zuführt, das ist nicht die Poesie seiner stillen Häuschen, das ist einfach die Tatsache, daß Dorf Kien-
    baum vor hundert Jahren und noch weiter zurück ein
    Kongreßort war, wo die märkischen Bienenzüchter oder doch jedenfalls die Bienenwirte von Lebus und
    Barnim zu Beratung ihrer Angelegenheiten zusam-
    menkamen.
    Was diesem kleinen Dörflein solche Ehre einbrachte,
    ist nicht mehr mit Bestimmtheit zu sagen. Wahr-
    scheinlich wirkte Verschiednes zusammen, unter an-
    derm auch wohl seine günstige Lage ziemlich

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