Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
Vom Netzwerk:
Albrecht von
    Brandenburg, hinzu, so wird es uns unschwer gelin-
    gen, ein Bild des Malchower Lebens aus seinen histo-
    rischen sieben Jahren aufzubauen. Es waren eben
    Umgangs- und Gesellschaftsformen, auf die genau
    die Schilderung paßt, die F. von Salpius in seiner
    eingangs erwähnten Paul von Fuchsschen Monogra-
    phie von dem Leben der damaligen regierenden
    Klassen entworfen hat.
    »Man kann«, so schreibt er, »von den brandenburgi-
    schen Landen jener Epoche behaupten, daß die Re-
    gierenden zu den Besitzenden gehörten und daß die
    Besitzenden wiederum in der Regierung saßen. Die
    Mitglieder des Geheimen Rates scheinen durchgängig
    im Wohlstande gewesen zu sein. Der Wege zu sol-
    chem gab es, abgesehen von Geburt und Heirat, ver-
    schiedene: Ausstattung mit heimgefallenen Lehngü-
    tern seitens des Kurfürsten, sogenannte Dotationen;
    in andern Fällen bedeutender Kriegsgewinn (wie
    denn beispielsweise dem General von Schöning eine

    2605
    auf 40 000 Taler Lösegeld zu veranschlagende Anzahl gefangener Juden zufiel) und endlich Vereini-
    gung mehrerer Ämter in einer Person. So bezog
    Fuchs, als Oberpostdirektor, eine jährliche Zulage zu
    seinem anderweitigen Gehalt und außerdem den
    zwanzigsten Teil aller in Berlin aufkommenden Post-
    gelder. Aus ebendiesen Erträgen war es, daß er in
    den Besitz von Malchow gelangte.«
    So F. von Salpius. Und noch eingehender dann an
    anderer Stelle: »Der höhere Staatsdienst, und zwar
    aus den vorangeführten Gründen, war ein mehr loh-
    nender Beruf als jetzt , und die Geheimräte vergaßen über den staatlichen Interessen nicht die ihrigen.
    Dazu gewährte der Fürsten- und Staatsdienst ein
    größeres Ansehen als heutzutage, wo der Ehrgeiz
    auch anderweitig sein Feld der Betätigung findet.
    Aber mit der Wahrnehmung des eigenen Vorteils
    ging doch immer zugleich auch die strengste Pflicht-
    erfüllung Hand in Hand. Sie lebten, wie der Große
    Kurfürst selbst, der Überzeugung, daß sie vor allem
    zur Erhaltung der Machtstellung des Staates das Ih-
    rige beizutragen hätten. Neben diesem Zuge springt
    vor allem ihre Vielseitigkeit und Findigkeit ins Auge.
    Dieselbe beruhte zum Teil auf der verhältnismäßigen
    Einfachheit der damaligen Zustände, nicht minder
    aber auf ihrer persönlichen Vorbildung, Spannkraft
    und Beweglichkeit. Die Mitglieder des Geheimen Rats
    hatten schon als Jünglinge auf Reisen mannigfache
    Kenntnisse gesammelt; im Staatsdienste tummelten
    sie sich bald hier, bald dort, arbeiteten sich bald in
    dieses, bald in jenes Fach ein. Das bewahrte sie vor
    jeder geistigen Verkümmerung, sie blieben stets

    2606
    frisch und erfreuten sich fast immer eines guten Humors . Hierfür sprechen ihre lebensvollen, mit anschaulichen Bildern durchwobenen amtlichen Berich-
    te und Reden, welche den Charakter der Ursprüng-
    lichkeit, oft den der Naivität tragen. Ihren Gemein-
    sinn bewiesen sie nicht nur durch treue Arbeit, son-
    dern auch als fröhliche Geber . In ihrer Heimat, in der Gemeinde ihres Wohnorts oder Gutes, verwandten
    sie beträchtliche Summen für gemeinnützige Zwe-
    cke. Der Feldmarschall von Sparr baute Kirchen und
    Türme, schenkte Glasmalereien und Glocken, Derff-
    linger ließ eine stattliche Dorfkirche aufführen, der
    ältere Schwerin tat ein Gleiches. Joachim Ernst von
    Grumbkow gründete ein Kloster für zwölf Jungfrau-
    en, der jüngere Jena bestimmte 60 000 Taler für ein
    Fräuleinstift und ein Hospital. Ähnlich verfuhr auch
    unser Paul von Fuchs. Er ließ in Malchow ein Predi-
    gerwitwen- sowie ein Armen- und Waisenhaus her-
    stellen.«
    Ob diese Stiftungen noch existieren, hab ich an Ort
    und Stelle nicht in Erfahrung gebracht.
    Der Abend war mittlerweile hereingebrochen, und
    mein freundlicher Wirt begleitete mich eine gute
    Strecke, bis die Lichter von Weißensee hell auf mei-
    nen Weg fielen. Dann schieden wir, hoffentlich nicht
    für immer, und abermals anderthalb Stunden später
    lagen die Schneefelder und die grünen Staketenzäu-
    ne, la maison rouge und der maître d'école, das
    warme Pfarrhaus und die kalte Kirche, die Grecbor-
    ten und das gespenstische Wappen derer von Fuchs
    – alles traumhaft hinter mir.

    2607
    Ein entzückender Tag. Die Gruft hatte nichts heraus-
    gegeben, aber das Leben hatte bunt und vielgestaltig
    zu mir gesprochen.
    Und das bedeutet das Beste.
    Kienbaum

    Ich hatt als Kind eine Tanne lieb,
    Die groß und einsam übrigblieb
    An flachem Wiesensaume.

    Laufkäfer hasten durchs

Weitere Kostenlose Bücher