Wanderungen durch die Mark Brandenburg
Vorstellung in Dankbarkeit mit heim. Aber er hüte sich, auf weitere For-
schungen und Entdeckungen ausziehen zu wollen.
Die Nutheburgen necken ihn nur und sind wie die
Fata Morgana dieser Zauche-Wüste. Wenn er sie zu
haben glaubt, so hört er den Mittagsgeist lachen, das
Bild zerrinnt, und – die Nutheburgen sind ihm ferner
denn zuvor.
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Blankensee
Da sagte die Mark: Eh bien, wohlan,
Ich kann dasselbe wie Kanaan,
Und will sich's seiner Sarah berühmen,
So hab ich meine Frau von Thümen.
Eine halbe Stunde südlich von Saarmund, immer am
Ufer der Nuthe hin, fahren wir in einen schmalen,
spitz auslaufenden Landesteil ein, den wir am besten
als den »Thümenschen Winkel« bezeichnen. Dieser
Thümensche Winkel, in Zeiten, die nicht allzufern
zurückliegen, hatte eine gewisse politische Bedeu-
tung, denn er war sächsisches Land, das sich an dieser Stelle weit ins Brandenburgische hineinschob, so
weit, daß die Entfernung bis Potsdam nicht voll zwei
Meilen betrug. Das war denn, wie sich denken läßt,
in den Tagen Friedrich Wilhelms I. eine Sache von
»Importance«, jeder Deserteur wußte davon, und so
unbequem der Thümensche Winkel für den König
lag, so bequem lag er für den Flüchtling.
Von dieser »Importance« ist dem Thümenschen
Winkel begreiflicherweise nichts geblieben, und er
muß sich jetzt wieder mit dem begnügen, was er
sonst noch aufzuweisen hat, meist Dinge, die viel
weiter in unsere Geschichte zurückgehen als die
»großen Blauen« von Potsdam.
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Die Residenz dieses Fleckchens Erde heißt Blanken-
see. Hier haben die Thümens ihr Herrenhaus, hier
ihre Kirche, ihre Gruft. Auch an Sagen fehlt es nicht,
in denen irgendein Vorbesitzer, aber immer ein
Thümen, seine halb spukhafte Rolle spielt. Wir wer-
den in der Folge noch davon zu erzählen haben.
Es war Mittagsstunde, als wir vor dem Gasthause
hielten. Der Wagen fuhr in den breiten Schatten ei-
ner Linde, während wir uns rüsteten und mit den
Augen überallhin umherfragten. Unser erstes war ein
Gang durch das Dorf. Am schönsten gelegen ist das
Herrenhaus. In Front ein Elsenbruch, an den Flügeln
zwei breite Seespiegel, und zwischen Schloß und
Park ein Wasserlauf, der diese beiden Seeflächen
verbindet – das ist in großen Zügen die Szenerie.
Das Gesträuch des Parkes wuchs weit über das Wäs-
serchen hin und schuf einen Laubengang, unter dem
die Enten auf und ab fuhren und sich's wohl sein lie-
ßen.
Inzwischen brannte die Sonne mehr und mehr, und
die Schatten des Parkes luden uns zum Verweilen
ein. Aber es war doch schließlich ein anderes, was
uns hierhergeführt hatte, weshalb wir denn auch
Park und Schloß aufgaben, um uns zunächst eines
sagen- und landeskundigen Blankenseers zu versi-
chern.
Der Zufall wollt uns wohl, und am Dorfrande wurden
wir alsbald eines Mannes ansichtig, der, in einem
offenen Torwege stehend, unserm unsichren Umher-
suchen schon seit einiger Zeit gefolgt zu sein schien.
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Als er uns auf sich zukommen sah, kam er uns sei-
nerseits unter artigem Gruß entgegen. Es war ein
großer, schöner Mann von militärischer Haltung, da-
bei zugleich von jener ruhigen Sicherheit wie sie die
bibelfesten Leute zu haben pflegen. Es entspann sich
folgendes Gespräch.
»Wir wollen auf den Kapellenberg. Können Sie uns
den Weg zeigen?«
»Ich kenn ihn nicht. Aber nach dem, was ich gestern
gehört, ist er nicht zu fehlen.«
»So sind Sie nicht von Blankensee?«
»Nein. Ich bin erst seit acht Tagen hier.«
»In der Schäferei?«
»Ja.«
»Der Schafmeister?«
»Nein. Ich bin sein Knecht.«
Mein Begleiter und ich sahen einander an, und eine
kleine Pause trat ein. Der unumwundenen Erklärung:
»Ich bin dieses oder jenes Mannes Knecht«, begeg-
net man in Städten niemals und auf dem Lande nicht
allzu häufig. Man sucht sich ausweichend zu helfen,
so gut es geht. »Ick bin bi Schulz Borchardten sine
Peerd«, so oder ähnlich wird das Wort umgangen.
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Was uns aber in dem vorliegenden Falle noch ganz
besonders frappierte, war das korrekte Deutsch und
der männliche und zugleich bescheidene Freimut, in
dem die Antwort gegeben wurde. Diese so seltene
Demut und Wahrheitsliebe verfehlte nicht eines Ein-
drucks auf uns, und wir freuten uns, als unser neuer
Bekannte darum bat, uns begleiten zu dürfen. Er
war, wie sich bald ergab, aus der Provinz Sachsen,
hatte in der Garde gedient und war dann sechs oder
sieben Jahre lang der Diener
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