Wanderungen II. Das Oderland.
Sparr dies Haus zu bauen angefangen; Anno 1567 haben sie es durch die Gnade Gottes und unseres Heilands Jesu Christi beendigt, und zwar unter Leitung Joachims von Roncha aus Manilia in Italien. Ruhm dem alleinigen Gott. Erneuert Anno 1580.«
Diese Inschrift, wiewohl bis diesen Tag in aller Deutlichkeit zu lesen, hat zwei schwache Punkte: einmal den Namen und Geburtsort des italienischen Baumeisters, dann die Renovierungs-Jahreszahl 1580. Es ist mindestens ungewöhnlich, daß ein überaus solid aufgeführter Schloßbau nach dreizehn Jahren schon wieder renoviert wird. Dies aber ist unwichtiger. Wichtiger ist die Frage: Wer war dieser Joachim von Roncha aus Manilia in Italien? gibt es ein Manilia, gibt es einen Roncha? oder ist alles Irrtum und Verdrehung von Anfang bis Ende? Mörner hat folgende Lesart vorgeschlagen: »per Fra. Chiaramellum (da Gandino) ex Italia de Venetia«, wobei er sich auf die Tatsache beruft, daß es einen Joachim von Roncha niemals gab, wohl aber einen Francesco Chiaramelo oder Chiaramelli (da Gandino), der von 1562 bis 1565 die Festung Spandau zu bauen begann.
Diese Mörnersche Interpretation ist außerordentlich scharfsinnig und möglicherweise zutreffend. Wir lassen sie jedoch auf sich beruhen und treten lieber in den Schloßbau selber ein.
Im Vorflur empfängt uns ein alter Herr, der Freund und Majordomus des Hauses, der in Abwesenheit des Besitzers die Repräsentation auf sich genommen hat. Wir nennen ihm unsere Namen, er zieht sein Käpsel, und mit dem plaudergemütlichsten Cicerone-Ton von der Welt, nicht ohne liebenswürdigen Anflug von Humor und Satire, beginnt er: »Sie werden hier eine der sonderbarsten Bauschöpfungen alter und neuer Zeit kennenlernen. Das Schloß hat weder Treppe noch Küche und besteht ausschließlich aus zwölf Zimmern und zwölf Klosetts.«
So eingeführt, beginnen wir unsern Umgang und überzeugen uns alsbald, daß eine präzisere Totalbeschreibung des Schlosses und seiner baulichen Absonderlichkeiten nicht wohl gegeben werden konnte. Was sich der Baumeister, er heiße nun Chiaramelli oder Roncha, bei dieser Herrichtung gedacht haben mag, ist schwer zu sagen. Wohl bin ich Schlössern begegnet, zum Beispiel dem berühmten Lochleven-Schloß in Schottland, in denen die besondere Dicke der Mauern ebenfalls zur Herstellung solcher »Bequemlichkeiten« dienen mußte, weil es im übrigen an Raum gebrach. Wenn es indessen irgend etwas gibt, dessen das Lichterfelder Schloß nun gerade nicht ermangelt, so ist es Raum. Seine Dielen und Flure wirken wie Hallen und seine Zimmer wie Säle.
Unser Cicerone sprach aber auch die Worte: »keine Treppe und keine Küche«. Und auch damit hat es seine Richtigkeit. Wenigstens gehabt. Was die Treppe angeht, so befindet sich dieselbe bis diesen Tag in einem eigenen, von außen angebauten Treppenhause, von dem die Sage geht, daß es deshalb früher nicht vorhanden war, »weil der alte Arendt Sparr, nach Art ähnlicher Sagenväter, den Zutritt zu seiner schönen Tochter durchaus unmöglich machen wollte«. Erst nachdem der Eintritt der bekannten Erscheinungen unsren alten Sparren-Vater, wie so manchen Vater vor und nach ihm, von der Unmöglichkeit solcher Isolierung überzeugt hatte, entschloß er sich reumütig, dem Hause das zu geben, was ihm bis dahin gefehlt hatte – eine Treppe .
Das Schloß, wie seine Inschrift besagt wurde 1565 bis 1567 gebaut und 1580 renoviert. Ich vermute jedoch, daß es 1650 statt 1580 heißen muß. Jedenfalls haben sehr bald nach dem Dreißigjährigen Kriege Renovierungen stattgefunden, da während des Krieges, wie Bekmann berichtet, die Seitengebäude des Schlosses durch den schwedischen General von Dewitz eingeäschert worden waren. Natürlich mußte das Schloß selbst bei dieser Einäscherung mit leiden. Aber gleichviel, die Grundanlage des Schlosses ist seit den Tagen Arendts von Sparr und seines Sohnes Otto Christoph unverändert geblieben.
Und wie das Sparren- Schloß blieb, so die Sparren- Erinnerungen . Vor allem selbstverständlich die, die dem alten Feldmarschall gelten. In jedem der Dörfer, die dem Sparren-Lande zugehören, ist er gekannt, in dem einen als Zauberer, in dem andren als Türkenbesieger, überall aber als der »Glockenmann«, der sich vorgesetzt hatte, am ganzen Laufe des Finow-Flusses hin seine Glocken klingen zu hören. Und wer an der Biesenthaler Wassermühle den kleinen Fluß passiert oder an einem Herbstabende, bei fallendem Nebel, an dem Tramper Park und seinen
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