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Wanderungen II. Das Oderland.

Wanderungen II. Das Oderland.

Titel: Wanderungen II. Das Oderland. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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hatte, wurd ihm die Breslauer Division anstelle der bisher kommandierten Brigade angeboten. Nach kurzem Schwanken lehnte er das Anerbieten ab. Er war müde geworden im Dienst. Was aber den Ausschlag gab, war eben die Erwägung, daß die Übernahme eines fast vierzig Meilen von Friedersdorf entlegenen Kommandos ein längeres Verweilen auf seiner »Väter Schloß« unmöglich gemacht haben würde. So forderte er denn seinen Abschied und erhielt ihn. Der König ließ ihn rufen, um ihm ein Abschiedswort zu sagen. Es war eine Begegnung voll tiefpoetischen Gehalts. Der alte märkische Edelmann, der, wie kaum ein anderer vor ihm, sein eigenes Recht neben dem königlichen Recht von Gottes Gnaden zu behaupten gewagt hatte, trat jetzt am Ende seines Lebens vor seinen König hin, den er immer geliebt und verehrt und doch in entscheidenden Momenten des staatlichen Lebens aus der Überzeugung seines Herzens heraus bekämpft hatte.
    Es war im Potsdamer Schlosse. Der König, der von seinem Beinbruche kaum wiederhergestellt war, ging ihm durch den halben Saal entgegen, reichte ihm fest die Hand und sagte dann laut, in Gegenwart aller Umstehenden: »Mir sehr leid getan, einen so ausgezeichneten General zu verlieren.« Marwitz, leise den Punkt berührend, wo Herr und Diener auseinandergegangen waren, antwortete mit der Versicherung unverbrüchlicher Loyalität. »Mir sehr wohl bekannt, immer nach Grundsätzen gehandelt haben «, antwortete der König mit gnädiger Verbeugung. So trennte man sich.
    »Immer nach Grundsätzen gehandelt haben« – unter Wiederholung dieser königlichen Worte, die die ganze Bedeutung dieses Mannes in einen Satz zusammenfassen, nehmen auch wir von ihm Abschied. »Immer nach Grundsätzen gehandelt haben«, das war es, was er in einer in ihren Grundsätzen sehr schwankenden Zeit vor geistig höher Begabten, vor Weiterblickenden und namentlich auch vor Glücklicheren voraushatte, das war es, worin seine Bedeutung wurzelte. An Wissen, an Talent mochten ihm viele überlegen sein, nicht an Charakter. Nicht ein reaktionäres Wesen schuf er, nicht ein albernes Junkertum; er war es, der den Mut einer Meinung hatte, längst ehe dieses Wort gemünzt und in Kurs gekommen war. Er war kein Rückschrittsmann, der eifersüchtig und mißmutig auf jede Fortentwickelung geblickt hätte, er war nur mißtrauisch gegen das alleinige Recht der Neuerungen. Und nach dieser Seite hin ihn zu schildern war der Zweck dieser Zeilen.
    Am 7. Dezember 1837 ging er aus einem Leben voll Unruhe in die ewige Ruhe ein. Drei Tage später ward er neben seiner ersten Gemahlin begraben. Den Sonntag darauf ward ihm die Gedächtnispredigt gehalten, gemäß den Anweisungen seines Letzten Willens. Diese Anweisungen lauteten: »Der Prediger soll mich nicht loben wegen dessen, was ich auf Erden getan, sondern soll zeigen, wie das irdische Leben nur eine Vorbereitung ist zu dem ewigen. Er kann aber sagen, daß ich gestrebt habe mein Leben lang, die mir auferlegten Pflichten und Arbeiten treulich zu erfüllen, dabei mein eigenes irdisches Wohlsein für nichts achtend. Er darf das sagen, weil es wahr ist .«
    Wohl jedem, der mit gleichem Bewußtsein aus dieser Welt scheiden kann!
    Ein Bild Marwitz', eingefaßt von den Seitenbildnissen seiner beiden Frauen (die zweite war eine geborene Gräfin Moltke, gestorben am 18. November 1848), schmückt, wie bereits erzählt die Friedersdorfer Kirche.
     
    Die Schilderung des Marwitzschen Lebensganges war zugleich eine Schilderung seines Charakters. Über diesen letztren aber mögen noch einige Bemerkungen hier Platz finden. Ich knöpfe zu diesem Behuf an die Vorgänge des Jahres 1811 an. Das Auftreten Marwitz' in jener Epoche, wenn man ihm irgendwie gerecht werden will, muß von zwei Gesichtspunkten, vom juristischen und politischen aus, betrachtet werden. Das Urteil über dieselben Vorgänge wird sich danach sehr verschieden gestalten.
    Was zunächst die juristische Seite angeht, so hatte Hardenberg selbst das Recht der Stände anerkannt und mehr denn einmal der patriotischen Haltung derselben die königliche Anerkennung ausgesprochen. Nichts konnte deshalb falscher und begriffsverwirrender sein, als das Eintreten für ein derartig anerkanntes Recht auf Rebellion zu deuten. Daß es dennoch geschah, mag, wo nicht politische Berechnung und reformatorischer Eifer ein richtigeres Urteil trübten, als Beweis dienen für den Servilismus und die Indolenz jener Zeit.
    Noch einmal, das Recht war unbestreitbar auf seiten

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