Wanderungen II. Das Oderland.
märkischer Stände, die, wenn ich nicht irre, zu Dresden, auf sein spezielles Geheiß vor ihm erschienen war. Der Kaiser, der sie durch liberale Phrasen kirren und an sich und seine Sache fesseln wollte, sagte mit jener rücksichtslosen Offenheit, die er ebensogut wie List und Verschlagenheit zu handhaben wußte: »Vous êtes gouvernés que cela fait pitié. Votre roi est... Si l'empereur Alexandre avait tardé de trois jours de faire sa paix, j'aurais détrôné votre..., et je vous aurais fait une constitution, qui vous manque. Nous sommes tous des Romains, les Français, les Italiens et les Allemands, nous sommes la même nation. Je vous aime, vous êtes de bons enfants. Mais par exemple je ne fais pas cas de vos militaires. D'un côté ils ne sont pas des héros, et de l'autre ils ont marché sur les têtes des bourgeois . – Je suis militaire, et ce n'est pas moi, qui voudra jamais déroger aux privilèges du militaire, mais je ne permettrai jamais que mes soldats traitent les citoyens français comme les votres vous ont traités.« Itzenplitz, der ein Mitglied der Deputation war, hat diese Worte aufgezeichnet. Marwitz sammelte dergleichen zu doppeltem Zweck, zu seiner Instruktion und zur Nährung seines Hasses.
Aber Hand in Hand mit diesen losen Kollektaneen, bei deren Durchblätterung die ganze Epoche, der sie angehören, wieder lebendig vor uns hintritt, gingen abgerundete, tief durchdachte Arbeiten, von denen uns wenigstens eine über die sogenannte »Separation«, das heißt »die Teilung der Gemeinheiten«, in aller Vollständigkeit aufbewahrt worden ist. Marwitz ist gegen die Separation. Er sucht zu beweisen, daß die »Teilung der Gemeinheiten« und das sogenannte »Abbauen der Dörfer« ein Fehler sei; ein Fehler deshalb, weil es den Egoismus des einzelnen steigere, statt ihn zu mindern. Dieser Egoismus erscheint ihm als der Wurm, der den Geist der Nationen zerstört. Lassen wir ihn selber sprechen.
»Die Nationalkraft ist der Urgrund alles Produzierens. Selbst wenn unsere Zustände, wie sie jetzt sind, sich befestigen sollten, selbst wenn wir Zeiten der Ruhe entgegengingen, die einen ungestörten Auf- und Ausbau dessen zuließen, was ihr einzuführen gedenkt (Separation und Dörferabbau), so würde damit wenig gewonnen sein. Die Welt hat solche Zeiten schon einmal gesehen. Es waren die Zeiten der besseren römischen Kaiser. Friede herrschte von den Säulen des Herkules bis zu den Ufern des Euphrat; das Recht war genau bestimmt und wurde strenge gehandhabt, es wurden manche Roheiten der früheren Zeit verbannt durch die milde Gesinnung der Herrscher und überhaupt alle Störungen entfernt, die dem Wohlsein der einzelnen entgegenstehen mochten. Und doch waren dies dieselben Zeiten, in denen in den höheren Regionen des menschlichen Daseins völlige Öde herrschte, Zeiten, in denen weder Wissenschaft noch Religion noch Vaterland die Menschen begeisterte. Aber mehr denn das – mehr in den Augen derer, die sich durch die Erscheinung bestechen lassen –, auch der äußere Glanz verfiel. Schon unter Augustus verödeten ehemals berühmte Städte, und unter Trajan, dem besten der Kaiser, wurden im ganzen Peloponnes weniger Menschen gezählt als früher in der einzigen Stadt Athen. So wahr ist es, daß nicht der einzelne produziert, sondern der Geist der Nationen , und daß, wo dieser erstorben und mit ihm Lebenslust und Freude an der Gegenwart entschwunden ist, auch das äußere Dasein allmählich in eine kümmerliche und barbarische Entartung zurücksinkt. Auf den Gemeinsinn, auf die Gesamtkraft kommt es an; diese zu wecken ist Aufgabe, und alles, was die Kleinheit der Gesinnung und den Egoismus nährt, das schwächt die nationale Kraft und mindert dadurch den wahren und zuletzt auch den alleräußerlichsten Reichtum des Landes. Wohin der Dörferabbau führt, das läßt sich nirgends besser studieren als im Oderbruch. Es gibt kaum ein ruchloseres Geschlecht. Weder vor göttlichen noch vor menschlichen Dingen haben sie Ehrfurcht, weder den Nachbarn wollen sie helfen noch dem Staate dienen. Das letztere mit einigem Recht, denn sie verdanken ihm nichts. Im Gegenteil, er hat sie ausgestoßen und sie ihrer eigenen heillosen Hoheit preisgegeben.«
So waren Marwitz' Gedanken über diese hochwichtige Frage. Er suchte sie nicht als ein »Praktiker«, sondern von einem höheren Gesichtspunkt aus zu lösen. Nicht in allem hat er recht behalten. Die Separation, die Teilung der Gemeinheiten, ist erfolgt und dem
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