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Wanderungen II. Das Oderland.

Wanderungen II. Das Oderland.

Titel: Wanderungen II. Das Oderland. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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»Rasch-reich-geworden-Seins« verschwinden mehr und mehr, und die Segnungen festen, soliden, ererbten Besitzes treten in den Vordergrund. Man läßt den Schein fallen und fängt nicht nur an, sich des dünn aufgetragenen und überall absplitternden Lacks zu schämen, sondern lebt sich auch mehr und mehr in jenes Adels- und Standesgefühl hinein, das durch Jahrhunderte hin die niedersächsischen Bauern so rühmlich auszeichnete.
    Mögen unsere Oderbrücher, nach der wilden Jugend ihres ersten Jahrhunderts, immer fester werden in Schlichtheit, Sitte, Zucht.
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    Zum Oberbruch, auch das hohe Bruch genannt, gehörten schon damals folgende Ortschaften: Gusow, Kienitz, Platkow, Quappendorf, Quilitz (jetzt Neu-Hardenberg), Rathstock, Sachsendorf, Tucheband, Manschnow, Gorgast, Golzow, Zechin, Werbig, Letschin, Genschmar, Langsow, Hathenow, Sietzing, Wuschewier, Friedland, Metzdorf, Kunersdorf, Bliesdorf, Ortwig, Neuendorf, Hackenow, Werder, Wollup (berühmt durch Koppe, der es dreißig Jahre lang bewirtschaftete). Diese Ortschaften sind seitdem an Reichtum und Bedeutung gewachsen, aber ihre Zahl hat sich, ein paar Ausnahmen abgerechnet, im Gegensatz zum Nieder bruche nicht erweitert. [Image: Zurück]
 
Wie die Bewohner, so sind auch die Dörfer selbst in ihrer Erscheinung verschieden, doch ist es fraglich, ob sich diese Verschiedenartigkeit auf etwas Nationales zurückführen läßt. Vielleicht sind die Gründe nur lokaler Natur. Das Vorhandensein oder das Fehlen eines Wassers, anderer Zufälligkeiten zu geschweigen, mag solche Unterschiede geschaffen haben. Neubarnim (Pfälzerdorf) ist langgestreckt, und eine Baumanlage, die sich mitten durch die breite Dorfstraße zieht, teilt diese in drei Längsteile, in zwei Fahrwege, rechts und links, und einen Baumgang zwischen denselben. Neutrebbin ist ähnlich, wenn ich nicht irre. Neulewin aber (das mit Polen besetzte Dorf) präsentiert sich malerischer. Die Dorfstraße entlang läuft ein Fließ, das auf seiner ganzen Länge von schräg oder auch terrassenförmig ansteigenden Gärten eingefaßt ist. Zwischen den Häusern und diesen Gärten zieht sich rechts und links der Fahrweg. Die Häuser selbst haben vielfach Lauben und Veranden, und der Fußwanderer, der hier an einem Sommerabend des Weges kommt und vor den Häusern das Singen hört, während die dunklen, schöngewachsenen Mädchen mit den klappernden Eimern zum Brunnen gehen, vergißt auf Augenblicke wohl, daß er das verspottete Sumpf- und Sandland der Mark Brandenburg durchreist. ._.
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Freienwalde
1. Von Falkenberg nach Freienwalde. Die Stadt. Der Ruinenberg. Monte Caprino
    Hier schmucke Häuschen, schimmernd
Am grünen Bergeshang;
Dort Sicheln und Sensen, blitzend
Die reiche Flur entlang;
Und weiterhin die Ebne,
Die stolz der Strom durchzieht...
    Uhland
    Nehmt, Kinder, nehmt! Es ist kein Traum!
Es kommt aus Gottes Haus.
    W. Müller

     
    Freienwalde – hübsches Wort für hübschen Ort. Seine Rechtschreibung schwankt; aber ob wir Freienwalde schreiben (von »frei im Wald«) oder Freyenwalde (von Freyja im Wald), in den Marken gibt es wenig Namen von besserm Klang.
    Viele Wege führen hin; dies hat es mit berühmteren Plätzen gemein. Wir wählen heute nicht die kürzeste Strecke quer über das Plateau des Barnim, sondern die üblichste, über Neustadt-Eberswalde, die trotz des Umweges am raschesten zum Ziele führt. Bis Neustadt Eisenbahn, von da aus Post. Der Neustädter Postillon, einer von den alten, mit zwei Tressen auf dem Arm, bläst zum Sammeln, und während links die weiße Wolke des dampfenden Zuges am Horizont verschwindet, biegt unser Postwagen rechts in die Chaussee ein, die uns auf der ersten Hälfte des Weges abwechselnd über Tal und Hügel, dann aber vom schönen Falkenberg aus, am Fuße des Barnim-Plateaus hin, dem Zielpunkt unserer Reise entgegenführt.
    Wie oft bin ich dieses Wegs gekommen. Um Pfingsten, wenn die Bäume weiß waren von Blüten, und um Weihnachten, wenn sie weiß waren von Schnee; heut aber machen wir den Weg zur Pflaumenzeit und freuen uns des Segens, der lachend und einladend zugleich an den gestutzten Zweigen hängt. Es ist um die vierte Stunde, der Himmel klar, und die niedersteigende Sonne kleidet die herbstliche Landschaft in doppelt schöne Farben. Der Wagen, in dem wir fahren, hindert uns nicht, uns des schönen Bildes zu freuen; es ist keine übliche Postchaise mit Ledergeruch und kleinen Fenstern, es ist einer von den großen Sommerwagen, ein offenes Gefährt mit

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