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Wanderungen II. Das Oderland.

Wanderungen II. Das Oderland.

Titel: Wanderungen II. Das Oderland. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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(»Bastion Brandenburg«) und ihrer nächsten Umgebung wir uns in dem zweiten Abschnitt dieses Kapitels zu beschäftigen haben werden.
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Die Katte-Tragödie
    Stadt und Festung Küstrin haben eine fünfhundertjährige Geschichte, die zu skizzieren ich in vorstehendem bemüht gewesen bin. Nur über einen Tag innerhalb dieses langen Zeitabschnitts: über den 6. November 1730, an dem das Haupt Kattes auf Bastion Brandenburg fiel, bin ich hinweggegangen. Und doch wiegt dieser Tag schwerer als die Gesamtsumme dessen, was vorher und nachher an dieser Stelle geschah, und mag als das Gegenstück zu dem 18. Juni 1675 gelten, zu dem »Tage von Fehrbellin«. Mit diesen beiden Tagen, dem heiteren 18. Juni und dem finsteren 6. November, beginnt unsere Großgeschichte. Aber der 6. November ist der größere Tag, denn er veranschaulicht in erschütternder Weise jene moralische Kraft , aus der dieses Land, dieses gleich sehr zu hassende und zu liebende Preußen, erwuchs.
    Es gibt kaum einen Abschnitt in unserer Historie, der öfter behandelt worden wäre als die Katte-Tragödie . Aber so viele Schilderungen mir vorschweben, das Ereignis selbst ist bisher immer nur auf den Kronprinzen Friedrich hin angesehen worden. Oder wenigstens vorzugsweise. Und doch ist der eigentliche Mittelpunkt dieser Tragödie nicht Friedrich, sondern Katte . Er ist der Held, und er bezahlt die Schuld.
    Es ist meine Absicht, in nachstehendem dem die Ehre zu geben, dem sie gebührt.
    Und hierin wird sich meine Darstellung von der anderer nicht unwesentlich unterscheiden, indem sie sich eigens vorsetzt, von allem, was auf den Kronprinzen Fritz Bezug nimmt, nur das Unerläßliche zu geben, nur soviel, wie zum Verständnis des Ganzen überhaupt erforderlich ist. Das ist zunächst, als Grundlage der ganzen Tragödie:  
Der Fluchtversuch des Kronprinzen
    Schon im November 1729 hatte der Kronprinz vorgehabt, »weil Dero Herr Vater immer ungnädiger auf ihn geworden«, außer Landes zu gehen, und seitens des ins Vertrauen gezogenen Lieutenants von Keith, der damals Pagendienste beim Könige tat, waren einleitende Schritte geschehen, um die Flucht ins Werk zu setzen. Aber man stand schließlich von der Ausführung ab und nahm den Plan erst, nachdem auch ein Entweichen aus dem sächsischen Lager bei Mühlberg im Mai 1730 gescheitert war, im Juli letztgenannten Jahres wieder auf.
    Um diese Zeit hatte der König eine Reise nach dem Ansbachschen hin angetreten, die bis an den Ober- und Unterrhein ausgedehnt werden sollte. In seiner Begleitung befand sich wie gewöhnlich der Kronprinz, dem noch im Momente der Abreise, seitens des inzwischen als Günstling an die Stelle des von Keith getretenen Lieutenants von Katte, aufs dringendste angeraten worden war: seine Flucht nicht von Süddeutschland, sondern lieber erst von Wesel aus zu bewerkstelligen, von welcher Grenzfestung aus er am leichtesten und schnellsten über Holland nach England gelangen könne. Diese Mahnung wurde später schriftlich wiederholt, und zwar in einem Briefe, den der in Berlin zurückgebliebene von Katte nach Ansbach hin richtete. Aber dem Kronprinzen brannte bereits der Boden unter den Füßen, und er antwortete: »daß er so lange nicht zu warten, vielmehr von Sinsheim aus (bei Mannheim) fortzugehen gedenke. Katte solle nachkommen und ihn, den Kronprinzen, im Haag unter dem Namen Comte d'Alberville erfragen. Mißlänge die Flucht, so wolle er in einem Kloster Zuflucht suchen, wo man unter Skapulier und Kutte den argen Ketzer nicht entdecken werde.« Dieser der Post anvertraute Brief wurde verhängnisvoll. Auf seiner Adresse, die »An den Lieutenant von Katte, über Erlangen, Berlin « hätte lauten sollen, vergaß der in begreiflicher Hast und Erregung schreibende Kronprinz die Hinzufügung des Wortes » Berlin «, und so gelangte das Schreiben nur bis Erlangen, wo der Postmeister in Verlegenheit geriet, was damit anzufangen sei. Da sich zufällig ein Rittmeister von Katte, ein Vetter des Lieutenants, als Werbeoffizier am Orte befand, so hielt er es für das Geratenste, diesem den Brief einzuhändigen. Der Rittmeister von Katte aber, als er von dem Inhalte Kenntnis genommen, konnte sich seinerseits nicht der Pflicht entziehen, den Brief durch einen Courier an den König zu schicken. 1)
    Dieser war mittlerweile (am 31.) von Ansbach aufgebrochen und ging über Öttingen, Ludwigsburg und Heilbronn auf Sinsheim zu. Da letzterer Ort, sehr gegen den Wunsch und Willen des Königs, am

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