Wanderungen II. Das Oderland.
so geschah es, um an einem glänzenden Beispiele zu zeigen, wie viel oder wenig es mit derartigen Echtheitsversicherungen 1) auf sich zu haben pflegt.
Der Strom der Tradition, solang er ununterbrochen fließt, kann unter Umständen ebenso wertvoll, ja wertvoller sein als das verbürgteste Aktenstück. Aber nichts ist seltener als solche Kontinuität der Überlieferung. Und nur einen Tag unterbrochen, bemächtigten sich Willkür und Einbildungskraft des Gegenstandes, und das Chaos der Meinungen beginnt.
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König Friedrich Wilhelm IV. soll das Charlottenburger Katte-Bild, als er es erwarb, für echt, später aber für unecht gehalten haben. Geheimer Hofrat Bußler in Berlin, dem alle diese Dinge unterstehen, hält es für unecht. Schon um der Uniform willen, die er etwas später setzt. ._.
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Der König und die Kattes
Der König hatte für den Sohn nur die Strenge des Gesetzes gehabt; anders für den Vater. Das Füllhorn seiner Gnade war über ihm. Er wußte wohl, was er dem Herzen und Namen desselben an Schmerz und Kränkung angetan hatte, und alle seine Bemühungen – Bemühungen, die sich zeitweilig in die Form von Zartheiten kleideten – gingen zehn Jahre lang unausgesetzt dahin, das Geschehene vergessen zu machen oder wenigstens nach Kräften auszugleichen. Freilich nur mit halbem Erfolg. Der alte Katte nahm alle diese Gnadenbezeugungen hin und dankte dafür und küßte seines gnädigen Königs Hand; aber die Freude des Daseins war aus seinem Leben gewichen, und eine Reihe von Briefen, die durchzusehen mir gestattet war, gibt in rührender Weise Zeugnis davon.
Aus der Reihe dieser Briefe will ich in nachstehendem zwei mitteilen, die, noch unter dem ersten Eindruck geschrieben, seitens des Generallieutenants an seinen Bruder, den Kammerpräsidenten von Katte zu Magdeburg, gerichtet wurden. Der erste dieser Briefe an die Gemahlin des Kammerpräsidenten lautet:
»Hochwohlgeborne Frau, sehr werteste Frau Schwester! Die betrübten Umstände, darin ich nach Gottes heiligem, unbegreiflichem Willen gesetzet worden bin, sind wohl mit keiner Feder zu beschreiben, und wenn ich nicht auf Gott sähe, so müßte ich vergehen.
Meine liebe Frau Schwester, considerieren Sie mein Elend. Ist es möglich, es auszustehen! Anfänglich wußte ich nicht, wo ich war. Keine Träne ist aus meinen Augen gekommen... Bei meiner Frau war Doktor, Priester und Feldscher. Bedenken Sie das Elend in meinem Hause. Wäre nicht die Herzogin und Prinzessin gekommen, meine Frau wäre uns unter den Händen geblieben. Gott vergelte es ihnen.
Ich möchte vor Trauer vergehen, wenn ich an meinen Sohn gedenke. Mein Sohn hat es vergeben; ich muß es auch tun. Man hat dem Könige die Sache größer gemacht; ihr Ende ist noch nicht da. Mein Sohn stehet vor dem gerechten Richter, und tröstet mich sein schönes Ende. Aber morgens und abends quälet mich sein Tod. Des Königs gnädige Briefe können ihn mir nicht wiedergeben .
Mein Sohn hat dem Major von Schack (der mit kommandiert gewesen) in seine Schreibtafel seinen Letzten Willen diktieret. Unter anderem soll der Kriegsrat Katt seine güldene Tabatière und einen Schimmel mit dem roten Sattel haben... Ich will soviel als möglich in allem seinen Letzten Willen erfüllen. Es ist seine letzte Bitte gewesen: ich wolle doch ja seine Schulden bezahlen, damit niemand über ihn seufze . Da dies nun aus einer noblen Seele kommt, werde ich nach Möglichkeit alles tun.
Meine liebe Frau Schwester, haben Sie doch Mitleid mit mir. Ich möchte vergehen, wenn ich an meinen Sohn gedenke. Gott hat mir gar zu schweres Kreuz auferlegt. Mein Gott, wie ist mir zumute. Der arme Wurm hat kaum vier Tage Zeit gehabt, sich zu präparieren; aber der barmherzige Gott hat Wunder an ihm erwiesen. Der sei gepreiset! Aber welche harte Wege führt mich mein Gott. Engels-Frau Schwester, grüßen Sie meinen Bruder und schicken Sie mir cito die Namen aller derer, so man es notifizieren muß. Ich kenne unsere Freundschaft nicht... Ich bin, meine Engels-Frau Schwester, anitzo in Tränen Ihr getreuer Diener H. H. Katt. Königsberg, 23. November 1730. Nachschrift: Lassen Sie sich doch von Herrn von Platen den Abschiedsbrief zeigen, den das arme Wurm unterwegs im Wirtshause auf Zettelpapier geschrieben hat.«
Der Brief, von dem der alte Generallieutenant hier spricht, ist der, den Katte am 3. November auf seiner Fahrt nach Küstrin im ersten Nachtquartier niederschrieb und den ich an betreffender Stelle mitgeteilt habe. Dem hier
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