Wanderungen II. Das Oderland.
geniale Operieren mit der Natur, auch Gegner fand. Diese warfen ihm vor, daß er, bei seiner Art und Weise der Züchtung, die Natur schließlich dahin zwinge, wohin sie nicht wolle, und daß er sie dadurch schwächen und ermüden werde. Denn die Kunst, wie groß auch, werde nie die natürlichen Anlagen ersetzen können. Er rechtfertigte sich mit Shakespeares tiefgeschöpfter Lehre (»Wintermärchen« IV, 3):
Doch wird Natur durch keine Art gebessert,
Schafft nicht Natur die Art. So, ob der Kunst,
Die, wie du sagst, Natur bestreitet , gibt es
Noch eine Kunst, von der Natur erschaffen .
Du siehst, mein holdes Kind, wie wir vermählen
Den edlern Sproß dem allerwildsten Stamm;
Befruchten so die Rinde schlechtrer Art
Durch Knospen edler Frucht: Dies ist 'ne Kunst,
Die die Natur verbessert , mindstens ändert :
Doch diese Kunst ist selbst Natur .
Thaer erfuhr Angriffe, aber sie waren vereinzelt, und speziell auf dem Gebiete der Schafzucht ward er mehr und mehr eine europäische Autorität. Bei Errichtung (1816) der beiden auf Rechnung des Staates gegründeten Stammschäfereien zu Frankenfelde in der Mark und zu Panten in Schlesien wurde Thaer zum Generalintendanten derselben ernannt, und 1823, als auf seine Veranlassung in Leipzig der erste »Wollzüchterkonvent« zusammentraf, huldigte man ihm nicht nur als dem Präsidenten, sondern speziell auch als dem Meister der Versammlung.
Aber der Weg zu diesen Erfolgen war ein weiter und mühevoller. Unter den denkbar ungünstigsten Verhältnissen waren ihm die ersten Jahre seiner Mögliner Wirtschaftsführung vergangen. Zu den Sorgen und Fehlschlägen, die, namentlich nach dem unglücklichen Kriege von 1806, alle damaligen Grundbesitzer trafen, gesellten sich für ihn noch ganz besondere Schwierigkeiten: sein relatives Fremdsein in der neuen Heimat und – das »Institut«.
Die Herstellung einer landwirtschaftlichen Lehranstalt war, wie bereits erwähnt, bei Thaers Übersiedelung nach Möglin allerdings in Erwägung gezogen, aber von seiten der preußischen Regierung mehr als ein Anspruch, den Thaer erheben könne, wie als eine Pflicht, die er zu erfüllen habe, angesehen worden. Thaer ging indes sofort an die Errichtung eines »Instituts«, ähnlich dem, das er in Celle geleitet hatte. Und in der Tat, alles ließ sich vielversprechend an. Schon im Jahre 1805 traf er Vorbereitungen zum Bau eines Instituthauses; da es jedoch an den erforderlichen Mitteln gebrach, so machte er den Plan, den Bau auf Aktien zu unternehmen. Von allen Seiten kamen Zuschriften; schon im Juli 1806 konnte er bekanntmachen, daß die Unterzeichnung nunmehr geschlossen sei. Ziemlich um dieselbe Zeit berichtete Thaer dem König, »daß die Eröffnung des Mögliner Instituts in der Mitte Oktober erfolgen werde«. Und wirklich, das Wohnhaus mit vierundzwanzig Zimmern, außer dem Souterrain, stand fertig da; einundzwanzig junge Leute hatten sich zum Eintritt gemeldet; alles versprach einen glänzenden Anfang.
----
Dies Werk »Einleitung zur Kenntnis der englischen Landwirtschaft« ist allerdings teilweis eine Kompilation , aber es ist keine Übersetzung . Thaers Arbeit ist aus der gründlichen Kenntnis und Benutzung von mehr als hundert englischen Werken hervorgegangen. Die englische landwirtschaftliche Literatur lieferte ihm das Material, eine Fülle von Details; das Zusammenfassen, Ordnen, Aufbauen, das Licht-Hineintragen in das Chaos, ist Thaers Verdienst. ._.
----
Wir versuchen nun, nachdem wir in vorstehendem die Lebensgeschichte Hans Albrechts erzählt haben, eine Schilderung seiner äußeren Erscheinung und seines Charakters.
Hans Albrecht von Barfus war von großem, kräftigem Körperbau, über sechs Fuß hoch und durchaus militärisch in Haltung und Auftreten. Selbst stattlich, legte er auch Gewicht auf Stattlichkeit, und lange bevor König Friedrich Wilhelm I. seine Riesengarde ins Leben rief, verriet Hans Albrecht eine entschiedene Neigung, hünenhafte Leute, besonders Offiziere, in den preußischen Dienst zu ziehen. Es waren dies die ersten Anfänge der später so notorisch gewordenen »blauen Kinder« von Potsdam. Und so mag es denn auch mehr als Zufall sein, daß das einzige größere Bildnis, das von unserem Hans Albrecht existiert, vom »Soldatenkönige« selber gemalt wurde. Dieses Bild stammt etwa aus dem Jahre 1737, und da um diese Zeit unser Feldmarschall längst verstorben war, so hat es nichts Unwahrscheinliches, daß der König es, nach einem Stich oder einer Zeichnung,
Weitere Kostenlose Bücher