Wanderungen II. Das Oderland.
Medaillen kannte, wußt es derartig einzurichten, daß sich im Vorzimmer ein Streit um ebendiese Medaille entspann. Als der Kurfürst heraustrat, um nach der Ursache des Lärms zu forschen, erzählte ihm Dohna, in erkünstelter Verlegenheit, daß es sich um eine Medaille handle. »Ich wünsche sie zu sehen.« – »Eure Kurfürstliche Durchlaucht werden die Medaille kennen.« Und damit überreichte sie Dohna. Der Kurfürst betrachtete die sieben Sterne , biß sich, eifersüchtig, wie er war, auf die Lippen und reichte sie sichtlich verstimmt zurück. An dieser Szene ging Danckelmann zugrunde. Ist es wahr, daß dieser letztere von der Medaille nichts wußte, dieselbe vielmehr hinter seinem Rücken, auf Anstiften seiner Gegner, geprägt wurde, so haben wir es hier mit einer ziemlich unwählerisch eingefädelten, aber von Anfang bis Ende klug durchgeführten Intrigue zu tun, die zwar, wie schon erzählt, in ihrem glücklichen Ausgang alle Ehren auf unsern Feldmarschall ausschüttete, aber von dem Glückskinde selbst weder jemals geplant noch durchgespielt hätte werden können.
Wenn wir zum Schlusse Hans Albrecht von Barfus mit den hervorragenderen jener brandenburgisch-preußischen Kriegsleute vergleichen, die seitdem gefolgt sind, so zeigt er mit keinem eine größere Verwandtschaft als mit dem »alten Yorck«. Dieselbe Tapferkeit, dieselbe soldatische Schroffheit, dieselbe Strenge im Dienst und gegen sich selbst. Haß gegen französische Sitte, Gleichgültigkeit gegen die Frauen und Verachtung gegen Ausschweifung gesellen sich als weitere übereinstimmende Züge hinzu. Ebenso sind ihre Feldherrngaben nahe verwandt: kalte Ruhe, klares Erkennen der Fehler bei Freund und Feind, glückliche Benutzung des Moments. Was sie aber vor allem miteinander gemein haben, das ist die hohe Meinung von sich selbst und, infolge dieser eigenen, wie immer auch berechtigten Wertschätzung, eine krankhafte Reizbarkeit gegen alles das, was neben oder wohl gar über ihnen stand. Yorck, in seinem Verhältnis zu Bülow und später zu Gneisenau, erinnert mehr als einmal an »Schöning und Barfus«.
Wenn wir Yorck nichtsdestoweniger in einem helleren Lichte sehen, so hat das seinen Grund zu nicht unwesentlichem Teile darin, daß wir die »Konvention von Tauroggen« dankbarer in Erinnerung tragen als den Tag von Szlankamen. Soll aber auch auf die sittliche Superiorität Yorcks hingewiesen werden, so dürfen wir, ohne dieselbe bestreiten zu wollen, doch der Tatsache nicht vergessen, daß es 1813 leichter war als hundert Jahre früher, »selbstsuchtslos im Dienst einer Idee zu stehen«. Die Charaktere waren weniger verschieden, als die Zeiten es waren .
Mit Hans Albrecht von Barfus starb der letzte jener fünf brandenburgischen Feldherrn, die noch die jungen Tage des Großen Kurfürsten gesehen und die ersten Siege Brandenburgs unter seinen Fahnen erfochten hatten: Sparr, Derfflinger, Görtzke, Schöning, Barfus. Die Derfflinger sind ausgestorben. Glieder der vier andern Familien leben noch, aber von dem alten Besitz ist wenig oder nichts mehr in ihren Händen. Auf den alten Barfus-Gütern ist der Name des Geschlechts so gut wie vergessen, und nur »Schloß Kossenblatt an der Spree« erzählt noch von seinem Erbauer, dem Feldmarschall.
Diesem Schloß in der Öde wenden wir uns im folgenden Kapitel zu.
----
._.
----
Aber die Mitte des Oktober 1806 brachte andere Ereignisse; der siegreiche Feind überschwemmte die Marken, und statt der angemeldeten einundzwanzig jungen Leute kamen drei . Im Frühjahr 1807 waren es acht. Die Zahl wuchs später, da aber, bei der völligen Zerrüttetheit aller Geldverhältnisse, viele Söhne sonst wohlhabender Eltern mit ihren Pensionen im Rückstand blieben, andere, die Aktien genommen hatten, ihre Aktienbeiträge nicht zahlen konnten, so entstanden, ohne daß von irgendwelchen Seite her eine Verschuldung vorgelegen hätte, die schwersten Verlegenheiten für Thaer, der, dem guten Sterne Preußens vertrauend, in freilich schon bedrohter Zeit, dies Institut ins Leben gerufen hatte. Sechs Jahre später, während des Befreiungskrieges, wiederholten sich diese Verlegenheiten. Alles war in den Krieg (auch Thaers drei Söhne), und so kam es, daß die Lehranstalt, die doch einmal da war, ohne Verlust weder aufgegeben noch fortgeführt werden konnte. In Not und Sorge schrieb er seiner damals abwesenden Frau: »Wollte Gott, daß ich das Institut nicht angelegt hätte, denn es ist die Quelle aller Verlegenheiten und
Weitere Kostenlose Bücher