Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wanderungen II. Das Oderland.

Wanderungen II. Das Oderland.

Titel: Wanderungen II. Das Oderland. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
Vom Netzwerk:
und Linde,
In Stufen auf und ab
(Kein schöner Grab ich finde),
Da liegt ein Blumengrab. Und drunter schläft in Frieden,
Nach ruheloser Bahn,
Ein Mann, dem viel beschieden,
Der viel geschafft, getan. Er hat den Sieg erstritten
In Arbeit und in Ehr,
Er ist vorangeschritten –
Wir folgen Vater Thaer.
    Wir aber nehmen Abschied jetzt von dieser Stätte und von Möglin. Unser Heimweg führt uns an dem Grabhügel vorüber, der in Blumen steht rot und weiß, als gäb es keinen Herbst und kein Scheiden. Die alte Steinkirche daneben, die schon so vieles überdauert, wird vielleicht auch diesen Hügel überdauern, aber nicht das Andenken an ihn , der unter diesem Hügel schläft.
----
    Das »Institut«, nachdem es noch im Jahre 1856 das fünfzigjährige Fest seines Bestehens gefeiert hatte, ist bald darauf eingegangen. Es war das, bei total veränderten Zeitverhältnissen, das Verständigste, was geschehen konnte. Der damalige Besitzer von Möglin, Landesökonomierat A. Thaer, hatte die Akademie wie eine Ehrenerbschaft angetreten und hielt es, durch dreißig Jahre hin, für seine Pflicht, die Schöpfung seines Vaters, selbst mit Opfern, aufrechtzuerhalten. Es kam aber endlich die Zeit wo das Gefühl, durch ähnliche Institute, die der Staat mit reichen Mitteln ins Leben gerufen hatte, überflügelt zu sein, sich nicht länger zurückweisen ließ und wo die Wahrnehmung eines wachsenden Mißverhältnisses zwischen Aufgabe und Opfer endlich den Rat eingab, diese Opfer einzustellen. Und so wird denn der Mögliner Akademie nicht nur das Verdienst bleiben, als erstes Institut der Art und als Muster aller folgenden in Deutschland dagestanden zu haben, es wird sich zu diesem Verdienst auch noch die Ehre gesellen: zu rechter Zeit vom Schauplatz abgetreten zu sein. 773 Landwirte haben im Lauf eines halben Jahrhunderts ihre wissenschaftliche Ausbildung in Möglin empfangen, und was die Landwirtschaft in unsren alten Provinzen jetzt ist, das ist sie zum großen Teil durch Thaer und seine Schule. Natürlich sind »die Jungen immer klüger als die Alten«, und der »überwundene Standpunkt« spielt auch hier seine Rolle. Aber selbst unter den Fortgeschrittensten wird niemand sein, der undankbar genug wäre, die schöpferische Bedeutung Thaers und mittelbar auch seiner Akademie in Zweifel zu ziehen. ._.
----

Schloß Kossenblatt
    Aber führt der Weg den Wandrer
An den Ort, den ich besinge,
Kann er nicht dem Bangen wehren,
Daß es ihm das Herz durchdringe.
    Lenau

     
    Der Weg nach Kossenblatt führt über Fürstenwalde, dessen freundlich erleuchtete Passagierstube wir bei Dunkelwerden erreichten.
    Passagierstuben sind ein selten trügender Barometer für das Leben ihrer Stadt, und es hat eine Bedeutung, ob »Schwerins Tod« oder ein altes Postreglement über dem Sofa hängt. Die Fürstenwalder Passagierstube zeigte noch auf »schön Wetter«, und das Anheimelnde, was ihr überhaupt eigen war, wuchs im Hinblick auf eine Gruppe von älteren Männern, die, ein Glas Bier vor sich, am Sofatische Platz genommen hatten.
    Es waren ihrer drei, zwei Bürger und der Wirt. Der letztere bestritt wie billig die Kosten der Unterhaltung und bemerkte mit freundlicher Würde: »Sie glauben nicht, was alles vorkommt, meine Herren. Bahnhof ist Bahnhof, und Post ist Post, aber die Menschen tuen immer, als ob Bahnhof und Post all ein und dasselbe wäre. Schreibt mir vorgestern ein Mann aus Dresden, er habe seinen Überzieher hier liegenlassen, ›über einer Stuhllehne‹, schreibt er. Ich lache und sage zu Spilleke, der jetzt die Post fährt: ›Spilleke‹, sag ich, ›wenn Sie rauskommen, fragen Sie doch auf 'm Bahnhof.‹ Er fragt auch, und am Abend ist der Überzieher hier. Wo war er gewesen? Über einer Stuhllehne, alles ganz richtig, meine Herrn, aber auf 'm Bahnhof . Und so geht es immer.«
    Die beiden Zuhörer antworteten durch ein Gemurmel, das halb ihre Übereinstimmung mit dem Sprecher, halb ihre Mißbilligung des Dresdners ausdrücken sollte. Ich aber, um auch meinesteils jede Gemeinschaft mit dem letzteren abzulehnen, fuhr mit einer Art Ostentation in den neben mir liegenden Überzieher, empfahl mich sehr artig und stieg in den bereits draußen stehenden Postwagen, der mich noch drei Meilen weiter, in das Land Beeskow-Storkow hinein führen sollte.
    Gegen Mitternacht war ich in dem Städtchen Beeskow und schlief hier in einem alten Hause, dessen Hinterwand von einem Stück Stadtmauer gebildet wurde. Zugleich erfuhr ich en passant, daß dies

Weitere Kostenlose Bücher