Wanderungen II. Das Oderland.
und Traditionen im Dorfe selbst – alles versagt gleicherweise den Dienst. Die Kirche hat aufgeräumt mit den alten Hinterlassenschaften, selbst der Name Quilitz ging verloren, und nur die Kleidung seiner Bewohnerinnen ist noch wie eine Art Tradition aus der Wendenzeit her geblieben. Frauen und Mädchen des Dorfes tragen noch den roten, vielgefalteten Friesrock, das geblümte Mieder, den breiten Überfallkragen, das ganze malerische Kostüm, das ich an anderer Stelle bereits (siehe Seite 39 ff. ) ausführlicher beschrieben habe.
Einigermaßen Leben und Farbe gewinnt die Geschichte von Quilitz erst mit dem Jahre 1763, und wir wenden uns deshalb, mit Übergehung alles dessen, was vorher liegt, dieser Epoche zu.
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Steinhöfel
Es gab ihm das Geleite 'ne Ehrenkumpanei,
Die Briten-Degen sprachen: »Nun, General, good bye«,
Da sprach er: »Kameraden, grüßt Wellington mir schön,
Wer weiß, in Jahr und Tage wir uns mal wiedersehn.«
Scherenberg
Bei Fürstenwalde haben wir auf unsrem Rückwege die Spree nach Norden hin passiert und erreichen nach einstündiger Fahrt das von Massowsche Gut Steinhöfel.
Steinhöfel gehörte mehrere Jahrhunderte lang dem Güterkomplex an, den die in eine Tempelbergsche 1) und eine Steinhöfelsche Linie geteilte Familie von Wulffen im Herzen des alten Landes Lebus besaß.
Die Wulffens beider Linien blühten hier mehrere Jahrhunderte lang, bis, wenn die Sage recht hat, zu Anfang des vorigen Jahrhunderts ein Wendepunkt eintrat. Wenigstens mit Rücksicht auf die Steinhöfler Wulffens.
Und zwar wird folgendes erzählt.
Der alte Wulffen (Balthasar Dietloff), der damals Steinhöfel, Kersdorf, Gölsdorf und Madlitz besaß, war ein passionierter Jäger. Er unterhielt große, eingefriedete Waldstrecken, in denen das Wild gehegt und gepflegt wurde. Soweit alles gut. Im Dorfe befand sich aber auch ein alter Schäfer, der ein ebenso leidenschaftlicher Sackpfeifer wie der alte Wulffen ein leidenschaftlicher Jäger war. Es scheint nun, daß der Sackpfeifer mit besonderer Vorliebe gerade dann seine Stücke blies, wenn der alte Wulffen auf die Jagd reiten wollte, so daß die Hirsche jedesmal wußten, was und wen sie zu gewärtigen hatten. Es war für die Hirsche wie Hundeblaff und Büchsenschuß. Oft schon hatte der alte Jäger dem alten Schäfer diese »Meldung in den Wald hinein« verboten. Aber immer vergeblich. Als er ihn eines Tages wieder bei seinem Spiele betraf, schoß er ihn nieder . Damit war es indessen nicht abgetan; die Sache machte großes Aufsehn, und König Friedrich Wilhelm I. verurteilte den alten Wulffen zum Verlust seiner Güter. Nur Steinhöfel ward ihm belassen.
Soweit die Tradition. Daß etwas Tatsächliches zugrunde liegt, ist nicht unmöglich, andrerseits ist es unzweifelhaft, daß sich die Sache wesentlich anders verhalten haben muß. Einzelne der obengenannten Güter befanden sich nämlich in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts noch in Wulffenschen Händen, und das Epitaphium, das dem Balthasar Dietloff in der Steinhöfler Kirche errichtet wurde, führt ihn uneingeschränkt als Erbherrn auf Steinhöfel, Kersdorf, Gülsdorf etc. auf.
Dies Epitaphium, an das alle Wulffenschen Erinnerungen anknüpfen, ist ein großes und sehr in die Augen fallendes Denkmal. Degen, Flinte, Streitaxt, Lanze, Sponton, Lochaberaxt, Morgenstern, Keule, Streitkolben, Pauke, Trommel etc. bilden eine Art Trophäe, die, wie die Strahlen einer Kriegsglorie, das leidlich gemalte Portraitbild des alten Wulffen umzirken. Die mit den Worten »O Tugend hat ihr eigen Licht« anhebende Inschrift schließt verbindlich genug mit den Reimzeilen ab:
Hier ruhet nur der Leib, die Seel in Gottes Hand,
»O daß er lebte noch«, spricht, wer ihn hat gekannt,
ein Wunsch, in den wenigstens die Familie des Dudelsackpfeifers, wenn sie jemals existierte, schwerlich eingestimmt haben wird.
Steinhöfel blieb Wulffenscher Besitz bis 1774. Dann, nach einem kurzen Graf Blumenthalschen Interregnum, ging es durch Kauf an den Obermarschall von Massow, den jüngsten und einzig überlebenden Sohn des Staatsministers von Massow, über. Die vier ältren Brüder des Obermarschalls waren sämtlich in den Schlachten des Siebenjährigen Krieges geblieben.
Der Obermarschall besaß Steinhöfel von 1790 bis 1817, und in diese Zeit – trotzdem es die Kriegsjahre waren – fallen zum guten Teil die Neuerungen und Anlagen, die das Gut auch in seiner Erscheinung zu einem so ansprechenden Besitze gemacht
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