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Wandlungen einer Ehe: Roman (German Edition)

Wandlungen einer Ehe: Roman (German Edition)

Titel: Wandlungen einer Ehe: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sándor Márai
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die Bücher verbrennen, denn kein einziges Buch habe den Menschen helfen können.
    Ob er verrückt war? … Siehst du, daran habe ich noch gar nicht gedacht. Wie klug du bist!
    Willst du hören, wie es damals war, im vornehmen Haus, wo ich Dienstmädchen war? Gut, dir erzähle ich auch das. Aber hör mir gut zu, denn ich erzähle kein Märchen, sondern Geschichte – wie im Geschichtsbuch in der Schule. Ich weiß, das Geschriebene und die Schule sind nicht deine Sache. Deshalb gib jetzt acht. Denn was ich erzähle, existiert auf der Welt nicht mehr. So wie es die alten Ungarn nicht mehr gibt, die zu Pferd durch die Gegend zogen und das Fleisch unter dem Sattel mürbe ritten. Auch meine Herrschaft gehörte zu den geschichtlichen Figuren, wie Árpád und die sieben Stammesfürsten, falls du dich von deiner Dorfschule her noch erinnerst … Ich will mich neben dich aufs Bett setzen. Gib mir eine Zigarette. Danke.
    Also, ich möchte dir erklären, warum ich mich in dem vornehmen Haus nicht wohl fühlte. Obwohl sie wirklich gut zu mir waren. Die alte Gnädige behandelte mich wie eine Waise. Wie eine arme kleine Seele, eine heruntergekommene Verwandte, die zu ihnen, den Reichen, gekommen ist. Und die wohltätige Familie tut alles, um die Zuzüglerin ihre klägliche Herkunft nicht spüren zu lassen. Das machte mich vielleicht am meisten wütend, diese Güte.
    Mit dem alten Herrn ging es eher. Weil er gemein war. Er war der einzige in der Familie, der zu mir nie nett war. Nie nannte er mich Juditchen. Er machte mir auch nie billige Geschenke, abgelegte Sachen, wie die alte Gnädige und der junge Herr, der mich später geheiratet und mir den Titel »Gnädige« geschenkt hat, so wie die alte Frau ihren räudigen Winterpelz. Nicht nur Gnädige hieß ich, sondern auch hochwohlgeboren, wie sich mein Mann selbst nie nennen ließ. Man mußte zu ihm Herr Doktor sagen. Aber mich haben die Dienstboten dann doch hochwohlgeboren genannt. Und mein Mann sagte nichts, sondern ließ es zu und schien sich darüber zu amüsieren, daß andere solche Torheiten noch ernst nahmen.
    Der alte Herr war anders. Er ließ die Titelei zu, denn er war ein praktischer Mensch und wußte, daß die meisten Leute nicht nur habgierig sind, sondern auch eitel und dumm. Der Alte bat nie um etwas. Er gab Befehle. Wenn ich etwas falsch machte, fuhr er mich an, daß mir vor Schreck die Schüssel aus der Hand fiel. Wenn er mich ansah, brach mir der Angstschweiß aus. Er blickte immer drein wie die Bronzestatuen hier in Italien auf den Plätzen, du weißt doch, die Statuen vom Anfang dieses Jahrhunderts, als es schon die Bürger waren, die in Bronze gegossen wurden, Typen mit Schmerbauch und Gehrock und schrumpeligen Hosen, Patrioten, die nichts anderes taten, als am Morgen aufzustehen und bis zum Abend patriotisch zu sein. Auch der Alte hatte so einen Bronzeblick. Für ihn war ich Luft oder zumindest kein Mensch, sondern bloß Bestandteil einer Maschine. Wenn ich ihm morgens den Orangensaft ins Zimmer brachte – denn die haben so komisch gelebt, haben den Tag mit Orangensaft begonnen, und dann, vor dem Morgenturnen und der Massage, tranken sie einen Tee, und erst später frühstückten sie, im Eßzimmer, wo sie dann tüchtig zulangten und so feierlich waren wie die Leute bei uns auf dem Dorf in der Ostermesse –, wenn ich ihm also den Orangensaft brachte, wagte ich nie, zum Bett zu schielen, wo der Alte lag und bei angezündeter Lampe las. Ihm in die Augen zu blicken, wagte ich schon gar nicht.
    Der Alte war zu jener Zeit noch gar nicht so alt. Und jetzt will ich dir auch erzählen, daß er mich, wenn ich ihm im dunklen Entree in den Mantel half, zuweilen in den Hintern kniff oder mich am Ohr zog. Unmißverständliche Zeichen, daß ich ihm gefiel und daß er nur deshalb nicht etwas mit mir anfing, weil er ein Mann von Geschmack war, für den es unter seiner Würde gewesen wäre, mit einem Dienstboten ein Verhältnis zu haben. Aber ich, das Dienstmädchen, dachte überhaupt nicht so. Hätte der Alte darauf beharrt, hätte ich wahrscheinlich gehorcht. Lustlos zwar, aber ich hätte das Gefühl gehabt, ich dürfe mich nicht widersetzen, wenn ein so mächtiger, strenger Mann etwas von mir wollte. Wahrscheinlich dachte er das auch und wäre höchst erstaunt gewesen, wenn ich nicht gehorcht hätte.
    Aber so weit ist es nie gekommen. Er war der Herr, das war alles, und es geschah, was er wollte. Nicht im ärgsten Fieberwahn wäre es ihm eingefallen, daß man mich auch

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