Wandlungen einer Ehe: Roman (German Edition)
Südamerikaner, von dem es heißt, er habe sogar in seinem künstlichen Gebiß Heroin versteckt –, der hat gesagt, das sei aber ein Irrtum, und die Amerikaner werden gewinnen, weil sie mehr Geld haben.
Das hat mir zu denken gegeben. Auch der Saxophonist hat gesagt, am Schluß werden es die Amerikaner sein, die ein riesiges Loch in die Erde graben, es mit Atombomben füllen, und dann stiehlt sich der kleine bebrillte Typ, der jetzt Präsident ist, mit einem brennenden Streichholz hin, hält es an die Zündschnur einer Bombe, und dann fliegt alles in die Luft. Wenn man das hört, denkt man zuerst, was ist das für ein Riesenquatsch. Aber ich kann über solche Dinge nicht mehr lachen. Ich habe vieles gesehen, was noch kurz zuvor genauso unsinnig schien, und dann war es doch plötzlich Wirklichkeit. Ja, überhaupt scheint mir: je größer der Blödsinn, den die Leute reden, um so sicherer kann man sein, daß er eines Tages eintritt.
Na gut, es stimmt nicht immer alles. Ich werde zum Beispiel nie vergessen, was bei uns in Budapest die Leute am Ende des Krieges schwatzten. Die Deutschen stellten nämlich eines Tages das Donauufer in Buda mit Kanonen voll. Sie brachen den Asphalt auf und gruben vor den Brücken riesige Kanonen und Maschinengewehre ein, auf der ganzen Länge des schönen kastanienbestandenen Donauufers von Buda. Die Menschen schauten bei alldem mit saurer Miene zu, aber es gab Schlaumeier, die zu wissen meinten, es werde in Budapest keine Belagerung geben, denn diese vielen schauerlichen Waffen, die großen Geschütze vor den Brücken und die Sprengladungen an den Brückenpfeilern, das seien alles bloß Attrappen, man wolle so die Russen täuschen, aber in Wirklichkeit wolle man nicht kämpfen. Solches wurde geredet. Na, das Täuschungsmanöver ist jedenfalls nicht gelungen. Eines Tages sind die Russen am Donauufer angelangt und haben alles über den Haufen geschossen, die Kanonen inklusive. Deshalb mag es ja sein, daß nicht stimmt, was der Südamerikaner und der Saxophonist gesagt haben, und doch habe ich Angst, daß es am Ende so kommen wird, gerade weil es dermaßen unwahrscheinlich klingt.
Es hat mir vor allem zu denken gegeben, daß der Südamerikaner gesagt hat, am Ende machen die Amerikaner etwas Entscheidendes, weil sie reich sind. Davon verstehe ich etwas, vom Reichtum. Meine Erfahrung ist, daß man sich mit den Reichen höllisch in acht nehmen muß, weil sie unglaublich schlau sind. Und stark. Weiß Gott, warum. Sicher ist nur, daß es nicht leicht ist mit ihnen. Das sieht man schon an der Sache mit den Nachthemden. Wem man das Nachthemd so zurechtlegen muß, der ist kein gewöhnlicher Mensch. Der weiß, was er will, Tag und Nacht weiß er das, und der Arme tut gut daran, sich zu bekreuzigen, wenn er ihnen begegnet. Aber ich muß immer wieder sagen, daß ich da an die echten Reichen denke und nicht an die Leute, die bloß Geld haben. Die sind nicht so gefährlich. Die zeigen ihr Geld her wie die Kinder ihre Glasmurmelsammlung. Und genauso rollt ihnen das Geld auch wieder davon.
Mein Mann war ein echter Reicher und wahrscheinlich deshalb immer so sorgenvoll.
Gib mir noch ein Gläschen, nur einen Fingerbreit. Nein, laß doch, mein Schatz, jetzt trinke ich nicht nach dir. Man soll die wunderbaren Einfälle nicht wiederholen, denn sie verbrauchen sich und verlieren ihren Zauber. Sei mir nicht böse.
Und dränge mich nicht. Ich kann nur der Reihe nach erzählen.
Also, mein Mann war die ganze Zeit gekränkt. Ich verstand das nie, denn ich war ja eine Arme gewesen. Und zwischen den echten Armen und den echten großen Herren gibt es eine Art Komplizität, denn weder die einen noch die anderen kann man wirklich kränken. Meinen Vater, den barfüßigen Landarbeiter, genausowenig wie Ferenc Rákóczi II. Mein Mann hingegen schämte sich für das viele Geld, er hätte es niemals herumgezeigt. Am liebsten hätte er eine Verkleidung getragen, damit man ihm den Reichtum nicht ansah. Und er hatte so feine Manieren, er war so still und so beängstigend höflich, daß man ihn mit Worten oder Taten gar nicht beleidigen konnte, denn das perlte von ihm ab wie der Wassertropfen vom Gänsegefieder. Nein, beleidigen konnte nur er sich selbst. Doch diese Neigung wurde immer mächtiger in ihm wie eine krankhafte, böse Leidenschaft.
Später, als er zu ahnen begann, daß ihm etwas fehlte, verlor er die Beherrschung wie ein Schwerkranker, der eines Tages den berühmten Ärzten und Wissenschaftlern nicht mehr
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