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Wandlungen einer Ehe: Roman (German Edition)

Wandlungen einer Ehe: Roman (German Edition)

Titel: Wandlungen einer Ehe: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sándor Márai
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ihr Lächeln. Denn als ich meinen Mann im Bett hereinlegte – ich tat, als hätte ich Spaß an der Sache, aber das stimmte nicht – und er das spürte, da zückte er keinen Dolch, sondern er lächelte. Er saß im großen Doppelbett, zerzaust, muskulös, sportlich und ein bißchen nach Heu riechend, und er blickte mich starr und glasig an. Und lächelte dazu. Ich hätte vor ohnmächtiger Wut am liebsten geweint. Als er später das zerbombte Haus sah, oder noch später, als er aus seinem Vermögen und seiner Fabrik hinausbefördert wurde, da hat er bestimmt auch so gelächelt.
    Das ist eine der großen Gemeinheiten, die es unter den Menschen geben kann, dieses herrschaftliche Lächeln. Die wahre Sünde der Reichen. Die man nicht vergeben kann. Denn ich verstehe es, wenn jemand schlägt und mordet, um sich zu wehren. Aber wenn einer nur schweigt und lächelt, was kann man da noch machen? Alles war zuwenig, was ich, eine Frau, die aus der Grube hervorgekrochen kam und dann seinen Weg kreuzte, gegen ihn erfinden konnte. Alles, was ihm die Welt antun konnte, war zuwenig. Das Lächeln hätte man ihm nehmen sollen. Warum wissen das die berühmten Revolutionäre nicht? Denn die Aktien und Edelsteine wachsen unter den Händen der Reichen immer wieder hervor, auch dann noch, wenn sie alles verloren haben. Selbst wenn man sie bis auf die Haut auszieht, bleibt ihnen ein geheimnisvolles Vermögen, das keine irdische Macht wegnehmen kann. Ja, wenn so ein echter Reicher, der fünfzigtausend Morgen Land besessen hat oder eine Fabrik mit zweitausend Arbeitern, wenn der alles verliert, ist er immer noch reicher als ein Armer, dem es gerade gutgeht.
    Wie sie das machen? Ich weiß es nicht. Schau, ich habe zu einer Zeit gelebt, als für die Reichen ein übler Wind blies, als alles und alle gegen sie verschworen waren. Es wurde ihnen das ganze Hab und Gut der Reihe nach weggenommen, nach ausgeklügelten Plänen. Das ganze sichtbare Vermögen. Und dann, schlau und raffiniert, auch das unsichtbare. Und trotzdem, diese Leute sind doch wohlhabend geblieben.
    Ich starrte das alles mit offenem Mund an und empörte mich nicht. Spottete nicht, wie hätte ich auch spotten können. Ich will jetzt nicht das große Klagelied über die Armen und die Reichen anstimmen. Versteh mich nicht falsch. Ich weiß, es würde gut klingen, wenn ich jetzt im Morgengrauen zu schreien anfinge, wie sehr ich die Reichen gehaßt habe, wegen ihres Geldes, wegen ihrer Macht. Ich empfand Haß, das schon, aber nicht gegen ihren Reichtum. Vielmehr hatte ich Angst vor ihnen, eine ehrfürchtige Angst, so wie der Wilde vor Blitz und Donner. Ich war ihnen böse, aber so, wie die Menschen früher den Göttern böse waren. Du weißt doch, die kleinen, dicken, menschengestaltigen Götter, die das Maul aufreißen und links und rechts Frauen bespringen und sich überhaupt in die ganze menschliche Unordnung einmischen, sich in die Betten legen und in die Töpfe hineinlangen und sich benehmen wie die Menschen. Und sie sind trotzdem keine Menschen, sondern Götter, mittlere, menschenartige Hilfsgötter.
    Mit einem solchen Gefühl dachte ich also an die Reichen. Ich war keine aufständische Proletarierin, keine klassenbewußte Arbeiterin, nicht die Spur. Ich war von so tief unten gekommen, daß ich mehr wußte, als was die Volksredner, auf ihren Fässern stehend, erzählen. Ich wußte, daß es keine Gerechtigkeit gibt und nie geben wird. Wenn irgendwo eine Ungerechtigkeit aufgehoben wird, tritt an ihre Stelle eine andere. Und dann war es auch so, daß ich eine Frau war und schön und dorthin strebte, wo die Sonne schien. Ist das ein Verbrechen, sag? Kann sein, daß die Revolutionäre, die davon leben, daß sie versprechen, es werde alles gut, sofern sie das existierende Schlechte durch etwas ersetzen können, das auf andere Art schlecht ist, also, kann sein, daß die mich dafür verachten würden. Aber zu dir will ich ehrlich sein. Dir will ich alles geben, was ich noch habe, nicht nur den Schmuck. Und so will ich dir gestehen, daß ich die Reichen haßte, weil ich ihnen nur ihr Geld wegnehmen konnte. Das andere, das genauso den Sinn und das Geheimnis des Reichseins ausmachte, das genauso der unheimliche Zauber ihres Andersseins war, das Andere gaben sie nicht her. Das haben sie so gut versteckt, daß kein Revolutionär es aufspüren kann. Besser versteckt als ihre Kostbarkeiten in den Panzerschränken ausländischer Banken.
    Sie gaben nicht her, daß sie plötzlich, ohne Übergang,

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