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Wandlungen einer Ehe: Roman (German Edition)

Wandlungen einer Ehe: Roman (German Edition)

Titel: Wandlungen einer Ehe: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sándor Márai
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Gefühl, es machte mich nicht nervös, daß mich im Dunkeln zwei Augen beobachteten. Ich hatte ein Geheimnis, und dieses Geheimnis gab dem Leben Halt und Spannung zugleich. Ich wollte die Lage nicht ausnutzen, ich wollte keine unvernünftige, peinliche oder unsaubere Situation. Bloß lebte ich von dem Augenblick an ruhiger.
    Bis zu dem Tag, da Judit Áldozó aus dem Haus meiner Mutter verschwand.
    Ich erzähle da die Geschichte mancher Jahre, vieles ist schon verschwommen, so wichtig ist das nicht. Ich will dir von der Unterschichtfrau erzählen, von dem, was in diesem Zusammenhang wichtig war. Vielleicht erläßt du mir den polizeilichen Aspekt der Geschichte. Denn jede solche Geschichte hat auch einen polizeilichen, einen vor den Untersuchungsrichter gehörenden Teil. Das Leben ist unter anderem auch eine Straftat. Lázár hat das einmal gesagt, und zuerst hat es mich ein bißchen schockiert, doch später, als mein eigener Prozeß begann, habe ich es verstanden. Denn wir sind nicht unschuldig im Leben, und eines Tages wird uns der Prozeß gemacht. Wir werden verurteilt oder freigesprochen, unschuldig sind wir aber in keinem Fall.
    Wie gesagt, sie war verschwunden wie jemand, den man in einen Sack genäht und in die Donau geworfen hat.
    Eine Zeitlang wurde ihre Abwesenheit vor mir geheimgehalten. Meine Mutter lebte ja längst allein, Judit sorgte seit Jahren für sie. Eines Nachmittags schaute ich bei meiner Mutter vorbei, und eine fremde Person machte die Tür auf. Da erfuhr ich es.
    Ich begriff, daß sie es nur so hatte sagen können. Schließlich ging ich sie nichts an, sie hatte keinerlei Rechte auf mich. Prozesse zwischen den Menschen, die Jahrzehnte dauern, kann man nicht mit großen Szenen und Diskussionen abschließen. Am Ende muß man handeln, auf die eine oder andere Art. Es konnte sein, daß inzwischen etwas geschehen war, von dem ich nichts wußte. Die drei Frauen – meine Mutter, meine Frau und Judit – schwiegen. Sie hatten eine gemeinsame Sache, die sie irgendwie gemeinsam erledigten, während sie mir nur das Ergebnis ihrer Beschlüsse mitteilten. Das Ergebnis war, daß Judit das Haus meiner Mutter verließ und ins Ausland reiste. Aber auch das erfuhr ich erst später, als ein Polizeioffizier, ein Bekannter von mir, auf dem Paßbüro in dieser Angelegenheit recherchierte. Sie war nach England gegangen. Ich erfuhr auch, daß die Reise nicht einer plötzlichen Eingebung zu verdanken war, sondern langer Überlegung, einem langsam reifenden Entschluß.
    Die drei Frauen schwiegen. Die eine ging weg. Die andere, meine Mutter, sagte nichts, sondern litt. Die dritte, meine Frau, wartete und beobachtete. Damals wußte sie schon alles, fast alles. Sie benahm sich klug, so wie es in ihrer Lage ihr Temperament, ihr Geschmack, ihr Verstand verlangten. Sie benahm sich kultiviert, weißt du. Was tut eine kultivierte Frau von Geschmack, wenn sie erfährt, daß etwas gar nicht stimmt mit ihrem Mann, und das nicht erst seit gestern, daß er keine Beziehung hat zu ihr, im Grunde zu niemandem, daß er einsam ist, hoffnungslos ungebunden, und daß vielleicht irgendwo eine Frau lebt, die für die kurze Zeit des Lebens diese unheilvolle Einsamkeit aufheben kann? Natürlich kämpft die Ehefrau. Sie wartet, beobachtet, hofft. Tut alles, um ihre Beziehung zu ihrem Mann hervorzuheben. Dann ermüdet sie. Dann verliert sie die Selbstbeherrschung. Es gibt Augenblicke, da jede Frau zu einem wilden Tier wird, da die Eitelkeit, diese Bestie, zu heulen beginnt. Dann beruhigt sie sich, findet sich ab, denn anderes bleibt ihr nicht übrig. Wart mal, ich glaube, ganz findet sie sich doch nicht ab. Aber das sind nur noch emotionale Einzelheiten. Jedenfalls bleibt ihr nichts anderes übrig, als eines Tages den Mann loszulassen.
    Judit war verschwunden, und niemand redete mehr von ihr. Sie redeten so auffällig nicht von dieser Frau, die immerhin den größeren Teil ihres Lebens im Haus meiner Mutter verbracht hatte, als hätten sie einfach einem flatterhaften kleinen Dienstmädchen gekündigt. Adieu. Dienstboten kommen und gehen. Wie sagt doch die empörte Hausfrau? »Ich bitte dich, das sind ja bezahlte Feinde. Und merkwürdigerweise haben sie immer alles. Aber trotzdem nie genug.« Ja, Judit hatte nie genug. Sie war eines Tages erwacht, hatte sich erinnert, es war etwas geschehen, und jetzt wollte sie das Ganze. Deshalb war sie weggegangen.
    Da wurde ich krank. Nicht sofort, erst nach einem halben Jahr. Und auch nicht sehr, bloß so

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