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Wanja und die wilden Hunde

Wanja und die wilden Hunde

Titel: Wanja und die wilden Hunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maike Maja Nowak
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davon«, erwidert er treuherzig und fügt hinzu: »Da hat wohl Pascha den Stall aufgelassen. Ohne euch hätte sie jetzt kein Schwein mehr.«
    Ich könnte vor Scham in den Boden versinken.

Der Tag, an dem Baba Lubas Haus erzitterte
    Baba Luba, die Dorfälteste – und man muss auch sagen Dorfschönste –, hat Geburtstag. Vera und ich sind eingeladen. Sicher ein Jahr hat es gedauert, bis Baba Luba ein direktes Wort an mich richtete. Vorher saß ich bei allen Besuchen stumm neben Vera und betrachtete fasziniert das dunkle, schöne Gesicht der alten Frau.
    Luba ist eine wichtige Person im Dorf. Vielleicht die Wichtigste. Sie trifft Entscheidungen, die im Interesse aller getroffen werden müssen. Sie liest aus den Karten die Zukunft, sie kreiert die Lipowka-Lieder, sie stellt den besten Selbstgebrannten ( Samogon ) her und trinkt diesen auch gern bei entsprechenden Anlässen. Ein Anlass dafür ist immer Besuch.
    Das Charisma und die Ausstrahlung von Baba Luba lerne ich gleich bei unserer ersten Begegnung kennen. Vera klopft an ihre Haustür und stellt mich Baba Luba vor. Baba Luba würdigt mich keines Blickes und führt uns in ihr Haus. Sie klagt ein wenig über die Hitze, die Trockenheit und den im Winter weggelaufenen Hund. (Baba Luba gilt im Dorf als hundefreundlich, weil sie noch immer von ihrem letzten Hund spricht.) Ich werde zwar weiter ignoriert, doch nach wenigen Minuten steht auch vor mir ein Glas. Der Samogon wird eingefüllt. Es ist Mittag.
    Ich halte abwehrend beide Hände vor mich und beteuere: »Um diese Zeit kann ich noch nicht trinken! Vielen Dank. Gern ein anderes Mal.«

    Baba Luba, die Dorfälteste
    Baba Luba nimmt mein Glas, schiebt es sehr dicht an mich heran und sagt, ohne mich anzublicken: » Pej !« (»Trink/Sauf!«). Ihr Ton ist weder laut noch aggressiv. Dennoch liegt eine Bestimmtheit darin, dass ich Anfang-30-Jährige, die sich bisher jeder Konvention und Bevormundung verweigerte, sofort zum Glas greife und den Inhalt eilig hinunterkippe.
    Als Vera und ich schon lange nicht mehr geradeausschauen können, sitzt Baba Luba noch immer mit großer Würde aufrecht am Tisch.
    Ein Jahr vergeht, und eines Tages wird meine Funktion als schmückendes Beiwerk bei Veras Besuchen aufgehoben. Luba verschwindet plötzlich in ihrer Vorratskammer, kehrt mit selbst gestrickten Schafwollsocken zurück und schenkt auch mir ein Paar. »Hier Mädchen, da sollst du nicht frieren.«
    Es ist das erste Mal, dass sie mich direkt ansieht.
    Der Ritterschlag jedoch erfolgt erst zwei Jahre später. Wie jeden Sommer sind die Künstler da. Sie stehen gegen Mittag auf, wenn der Lipowkaer nach seiner ersten Arbeitsschicht eine Pause einlegt. Sie gehen nachts ins Bett, wenn die Bauern längst schlafen. Sie laufen durch den Ort und die Landschaft und rufen: »Sieh mal! Schau mal hier! Guck doch bloß mal dort!« Sie bieten Geld für Nahrungsmittel anstatt Arbeit. (Geld braucht in einem Selbstversorger-Dorf wie Lipowka niemand.) Sie kennen keine Kleidung in Dreckstufe I, II und III, sie interessieren sich nicht für das Wetter, die Ernte, die Tiere. Sie sind in der Sommerfrische.
    Ich stehe mit Baba Luba auf dem Weg vor ihrem Haus. Drei Künstler laufen vorbei. Sie grüßen, Baba Luba nickt.
    Als sie an uns vorbei sind, sagt Luba zu mir: »Maja, das sind Städter. Sie benehmen sich anders als wir.«
    Ich gehe nach Hause, als hätte ich das Bundesverdienstkreuz empfangen.
    Heute hat Luba also Geburtstag. Unsere Rucksäcke sind innen mit einem unverschlossenen Banka (Einweckglas) ausgestattet. Ohne diese Vorrichtung zur Wodka-Entsorgung hätten wir einige Feste nicht oder nur mit einer Alkoholvergiftung überlebt. So ausgerüstet freuen wir uns auf den Abend, denn die 85-jährige Baba Luba und ihre drei Töchter singen bei solchen Anlässen ausgiebig und schön. Baba Luba dichtet die Lieder selbst und komponiert eine Melodie dazu. Alle im Dorf kennen und singen diese Lieder.
    Einmal fragt sie mich, was ich arbeite.
    »Ich schreibe und singe Lieder«, antworte ich wahrheitsgemäß.
    Sie schüttelt den Kopf und sagt: »Nein, was du arbeitest, wollte ich wissen.«
    Ich schließe die Hunde im Hof ein und gehe mit Vera los. Ich fühle mich leicht und frei, einmal so ganz ohne die Hundeschar. Wir albern herum wie junge Mädchen, und unsere Jahre scheint die gute Laune gefressen zu haben.
    In diese Fröhlichkeit fällt plötzlich, kurz vor Lubas Haus, ein ebenso frohes Hundegebell ein. Wir drehen uns um und sehen, wie eine riesige

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