Wann tranken die Türken ihren Kaffee vor Wien?: Weltgeschichte - alles, was man wissen muss (German Edition)
bewusst, dass das, was er mit dem Schwert erreicht hatte, durch Bildung und geistige Fürsorge vertieft werden musste. Die mangelnde Akzeptanz des Europa-Projektes in der Gegenwart beruht ja gerade auf dem Fehlen eines gemeinsamen kulturellen Bewusstseins.
Karl schob ein großes Kulturprogramm an, das sich unter seinen Nachfolgern, vor allem unter Kaiser Ludwig dem Frommen, voll entfalten sollte. Die karolingische Renaissance erreichte ihren Höhepunkt, als das Reich durch die Erbteilung nach dem salischen Gesetz schon wieder zerbrach. In Aachen entstanden die Pfalzkapelle nach dem Vorbild von S. Vitale in Ravenna. Leiter der Aachener Hofschule war seit 782 der Angelsachse Alkuin, ein Gelehrter, dessen Interessen von der Theologie bis zur Astronomie reichten. Die Männer um Alkuin knüpften bewusst an die römisch-antike Tradition an, unter ihnen Hrabanus Maurus, später Abt von Fulda, im Alter noch Erzbischof von Mainz und Vertrauter des Karls-Sohnes Kaiser Ludwig des Frommen.
In den Klöstern schrieb man antike Texte auf Pergament. Nur durch sie ist der winzige Bruchteil dessen, was wir von der Antike überhaupt noch kennen, erhalten. Mit der karolingischen Minuskel wurde eine sehr leicht lesbare, vereinfachte Schrift entwickelt, aus der unsere Kleinbuchstaben entstanden. Es war die Blütezeit der karolingischen Buchmalerei.
ca. 800
BILDERSTREIT In Byzanz wurde derweil der seit etwa 730 heftig tobende Bilderstreit um die Verehrung von Ikonen zugunsten der Bilder entschieden. Der Streit hatte sich entzündet, als der byzantinische Kaiser Leo III. eine Christus-Ikone am Tor seines Palastes abnehmen ließ, wogegen das Volk Sturm lief. Leo meinte, im Sinne des biblischen Gebotes zu handeln, wonach sich die Gläubigen von Gott kein Bild machen dürfen.
Wegen der damals noch bestehenden Einheit der Kirche betraf das Thema auch den Westen. 794 befasste sich eine von Karl einberufene Synode damit. Die Entscheidung »für die Bilder« sowohl am byzantinischen wie am fränkischen Kaiserhof um 800 ist eine oft übersehene fundamentale Weichenstellung in der abendländischen Kunst zugunsten der Personendarstellung und der realistischen Naturwiedergabe, wie sie in der Antike bestand und wie sie dann in der Renaissancekunst ihren ersten Höhepunkt erreichte. Wäre die Entscheidung damals anders ausgefallen, hätte sich auch in Europa nur eine Ornamentalkunst ähnlich der jüdischen und islamischen entwickelt.
842
STRAßBURGER EIDE Die Straßburger Eide vom 14. Februar 842 sind kurz, bestehen lediglich aus der feierlich formulierten Aussage, sich gegenseitig beizustehen und keine Bündnisse gegen den anderen zu schließen – aber sie haben enorme politische wie sprachgeschichtliche Bedeutung. Beschworen wurden sie von Karls Enkeln Karl aus Westfranken und Ludwig aus Ostfranken.
Karl sprach seinen Eid vor Ludwigs Vasallen in althochdeutsch-rheinfränkischer Sprache und Ludwig »der Deutsche« leistete ihn vor Karls Vasallen auf Altfranzösisch. Die erhaltenen Eidestexte sind die ältesten Dokumente in beiden Volkssprachen und der erste Beleg für das kulturelle Auseinanderdriften der beiden Reichsteile Austrien und Neustrien.
Die Eide besiegelten eine Erbauseinandersetzung, in der sich Karl und Ludwig gegen ihren ältesten Bruder Lothar verbündet hatten. In einer Schlacht kurz vor den Straßburger Eiden war Lothar besiegt worden. Dieser erhielt aber dann doch ein Jahr später, im Vertrag von Verdun 843, den mittleren Reichsteil von der Nordsee, Rhein und Rhône entlang bis in die Provence und Italien.
um 800
ASTURIEN UND KASTILIEN An der südlichen Peripherie des karolingischen Frankenreiches entstanden um 800 die ersten spanischen Königreiche. Asturien (seit 739), Leon (seit 925) und Kastilien (als Abspaltung von Leon) waren christliche Nachfolgestaaten des Westgotenreiches, das durch die muslimische Expansion zusammengebrochen war. Die Pyrenäen wurden zum Rückzugsgebiet des ritterlichen westgotischen Adels. Dazu gehörte auch das von Basken gebildete Königreich Navarra.
Als Grenzverteidigung gegen die Araber hatte Karl der Große 801 rund um Barcelona die Spanische Mark begründet, damals »Goth-Alania« genannt, die Keimzelle des späteren Katalonien.
828
MARKUSREPUBLIK Die Serenissima Republica di San Marco , die »Erlauchteste Republik des Heiligen Markus«, entstand in der Völkerwanderungszeit aus sehr bescheidenen Fischerdörfern auf nordadriatischen Laguneninseln. Seit
Weitere Kostenlose Bücher